In den nächsten 50 bis 100 Jahren werden extreme Dürreereignisse mit großer Wahrscheinlichkeit stark zunehmen und eine immer größere Bedrohung für Pflanzen und Tiere darstellen. Es ist weit bekannt, dass ein stetiger Temperaturanstieg bereits seit Jahrzehnten im Gange ist, aber diese und andere Studien zeigen, dass das Ausbleiben von Regen eine noch größere Auswirkung auf das Überleben von Pflanzen haben wird. Bis 2070 wird es in Mitteleuropa voraussichtlich deutlich weniger Niederschlag geben als heute. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie in Tübingen stellte fest, dass Pflanzen in dieser Region die Genvarianten fehlen, die sie brauchen, um sich an zukünftige Verhältnisse anzupassen.
Die Forscher untersuchten die Ackerschmalwand (Arabisopsis thaliana), die in Europa, Asien und Nordwestafrika heimisch ist. Überraschenderweise bewältigen den Ergebnissen der Studie zufolge skandinavische Exemplare dieser Art extreme Dürreperioden ähnlich gut wie solche in Mittelmeerländern. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Wasser im skandinavischen Boden für viele Monate gefroren ist, was es für Pflanzen unzugänglich macht und damit Dürrebedingungen schafft.
Die Forscher haben über 200 Sorten der Ackerschmalwand untersucht, die von Nordafrika und Spanien über Mitteleuropa und Nordschweden stammen. Nachdem die Pflanzen unter optimalen Bedingungen gekeimt hatten, wurde getestet, wie lange die Pflanzen extreme Trockenheit überleben. Informationen aus einem groß angelegten Genomsequenzierungsprojekt wurde dann genutzt, um Genvarianten zu finden, die das Überleben unter extremen Dürrebedingungen erlauben. In Verbindung mit Klimaprognosen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change) konnte das Team Karten erstellen, die angeben, wo genetische Varianten zu finden sind, die für das zukünftige Überleben der Art entscheidend sind.
Leben in extremer Dürre bereitet Pflanzen auf Klimawandel vor
"Ich war schockiert, als ich den Boden in den Töpfen von Pflanzen aus Nordschweden und Spanien berührte und fand, dass obwohl er völlig trocken und spröde war, die Pflanzen sattgrüne Blätter hatten und den Stress anscheinend gut überstanden hatten", sagt Erstautor Moises Exposito-Alonso vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie. "Ich bin nach Schweden gereist, wo ich vor Ort beobachten konnte, wie Pflanzen in ihrer natürlichen Umgebung auf die gleiche Weise überleben. Es erinnerte mich an Ackerschmalwandpflanzen, die ich schon in Spanien, wo ich aufgewachsen bin, gesehen hatte. Dort gibt es schön grüne Pflanzen, die man im bröseligen Lehm ausgetrockneter Flussbette findet. Nicht nur viele Botaniker denken, dass die Ackerschmalwand zwar eine Art Laborratte für Pflanzen ist, aber was noch nicht weit bekannt ist, ist dass sie an extremen Standorten überlebt, was sie ideal macht, um Anpassung an den Klimawandel zu studieren", sagt er.
Variabilität schützt vor dem Aussterben
Bisherige Vorhersagen, wie der Klimawandel die Verbreitung von Pflanzen oder Tieren beeinflussen wird, haben weitgehend den Umstand ignoriert, dass es oft enorme genetische Variation innerhalb von Arten gibt. Zum ersten Mal haben jetzt die Max-Planck Wissenschaftler Kenntnisse über die geographische Verteilung genetischer Variation genutzt, um die Anpassungsfähigkeit einer Art zu kartieren. "Da die Erde derzeit einen dramatischen Klimawandel erlebt, ist es von großem Interesse zu verstehen, wie Arten darauf reagieren", sagt Detlef Weigel, der die Studie zusammen mit Hernán Burbano betreut hat. "Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Art die Erderwärmung überlebt, wird wahrscheinlich von ihrer Vielfältigkeit abhängen, vor allem ob es von dieser Art bereits heute Exemplare gibt, die schon an extreme Bedingungen angepasst sind", fügte Burbano hinzu.
Die Ergebnisse des Max-Planck-Instituts können helfen, Rettungsmaßnahmen für gefährdete Pflanzen und Tierarten zu entwickeln. Wenn Populationen gefunden werden können, die für die Anpassung an Dürre wichtige Genvarianten haben, könnten sie in Bereiche umgesiedelt werden, in denen solche Anpassungen am dringendsten benötigt werden. Damit könnte der lokale Genpool schnell verbessert werden. Derselbe Ansatz könnte genutzt werden, um ein Missverhältnis zwischen Nutzpflanzensorten und ihrer lokalen Umwelt zu verringern. (mpg/SH/HR)
3 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Liebe MPG, ist Arabidopsis nicht euer tägliches Haus- und Hofpflänzchen? wann wurde es umbenannt?
Das tut ja schon weh.
Arno Gebauer, ... am Permanenter Link
Moin,
ganz so dramatisch sehe ich die Ergebnisse des Max-PLanck-Institutes nicht.
Die derzeitigen Kenntnisse über die geographische Verteilung genetischer Variation
sind schon wichtig.
Aber die Dürreereignisse verändern sich, weil die Windströme,
die die Regenwolken transportieren, auch ihre auch Richtung verändern.
Die Folge davon wird sein, dass derzeitige große Trockengebiete zu neuem Leben erwachen,
das heißt, dass die Wolken woanders abregnen werden.
Die ständige Zunahme der Weltbevölkerung ist die für Pflanzen und Tiere die
deutlich größere Bedrohung.
Immer mehr Natur wird den wachsenden menschlichen Bedürfnissen untergeordnet,
wodurch für die den ertragmindernden Pflanzen und Tieren keine Daseinsberechtigung/ Platz
zugestanden wird.
Dieser Gesichtspunkt wird bei den meisten spezifischen wissenschaftlichen Betrachtungen
vergessen, leider!
Gruß
Arno Gebauer
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Ich hoffe, der gute Erstautor war wegen eines trockenen Blumentopfes nicht schockiert sondern lediglich überrascht und irgendein Übersetzer (vielleicht Frau Hailer?) bei der MPG war nur geschockt, dass er/sie mal was