DIGNITAS Deutschland hat am 8. November 2018 bei Berlins Justizsenator Behrend Strafanzeige gegen Gesundheitsminister Jens Spahn eingereicht. Die Sterbehilfeorganisation wirft dem CDU-Gesundheitsminister Meineid und Rechtsbeugung vor.
In dem Verfahren Koch / Bundesrepublik Deutschland haben die Richter des Bundesverwaltungsgerichts (am 02. März 2017) entschieden, dass schwerstkranken Patienten im bestimmten Ausnahmefällen den Anspruch haben, Natrium-Pentobarbital zu erhalten, um selbstbestimmt sterben zu können. Bereits der damalige Bundesgesundheitsminister Gröhe erklärte öffentlich, alles daranzusetzen, dass dieses Urteil nicht in die Praxis umgesetzt werden wird.
Der derzeitige Gesundheitsminister Jens Spahn hat daran nichts geändert. Sondern sogar das zuständige und ihm unterstellte Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angewiesen, alle entsprechenden Anträge abzuweisen. Das Institut hat bis zum heutigen Tag keinem einzigen der über 100 Anträge bescheiden; weder positiv noch negativ.
Da dies mit Wissen und auf Anordnung des Gesundheitsministers erfolgt sei, ist laut DIGNITAS Deutschland der Tatbestand des Meineides und der Rechtsbeugung gegeben:
Bei seinem Amtsantritt leistete der Beschuldige Spahn den vorgeschrieben Amtseid, der wie folgt lautet: "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volke widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetzes des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde."
Dieser von Spahn geleistete Eid erfüllt in Verbindung mit dem von ihm getroffenen … Erlass an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 154 StGB (Meineid). Nach Art. 1 Abs. 3 GG sind nämlich die diesem nachfolgenden Artikel unmittelbar geltendes Recht. Folglich ist unmittelbar geltendes Recht … auch Art. 20 Abs. 3 GG, wonach die vollziehende Gewalt "an Recht und Gesetz gebunden" ist …
Deshalb sind sowohl der Gesundheitsminister als auch das ihm unterstellte Institut an höchstrichterliche Entscheidungen gebunden und begehen andauernden Rechtsbruch durch das Ignorieren des Urteils vom 02. März 2017.
Zudem käme hinzu, dass der Gesundheitsminister
"… zum Zeitpunkt seines Amtsantritts und zum Zeitpunkt der Ableitung des Eides – im März 2018 – die relevante Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts … kannte und dass ihm ferner Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 20 Abs. 3 GG bekannt waren. Wenn er somit zum Zeitpunkt der Eidesleistung die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten kannte und er gleichwohl den Eid leistete, das Grundgesetz zu befolgen, so kann sein nachfolgendes Verhalten … nur so gewertet werden, dass er bereits bei der Ableitung des Eides die Absicht hatte, die eidlich beschworene Verpflichtung nicht zu erfüllen.
Die vorgeworfene Rechtsbeugung des Gesundheitsministers begründet DIGNITAS Deutschland damit, dass dieser eine Entscheidung "zum Nachteil einer Partei, nämlich der durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes privilegierten Person" getroffen habe.
Die Zitate sind der Strafanzeige (siehe Anlage) entnommen.
Vgl. dazu auch:
- Spahn verbaut Schwerstleidenden letzte Chance auf legales Suizidmittel
- Sterbenskranke sollen weiter leiden - Minister ruft zum Rechtsbruch auf
- Wie das BfArM ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ignoriert – "Gott" ist wichtiger als das Leben
- Offener Brief an Justizministerin Dr. Katarina Barley – Die Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz darf nicht verhandelbar sein
- Interview – Der Staat darf Menschen nicht in den "harten Suizid" treiben
12 Kommentare
Kommentare
Stefan Dewald am Permanenter Link
Und wieder greift der lange Arm der christlichen Leidkultur illegal in die Politik in diesem unserem Lande ein:
»Die Christliche* Wertung sieht gerade im bewussten Todesleiden ein Mittel der Sühne und Reifung, durch das der Mensch, der die Sündenfolgen auf sich nimmt und von den Sakramenten gestärkt, des Erlösers Todesangst mitleidet. Wer solche Zeit eigenmächtig kürzt, greift in die Menschen- wie in die Gottesrechte ein.«
Quelle: http://kathpedia.de/index.php?title=Sterbehilfe#Palliativmedizin
* gemeint ist selbstmurmelnd nur die katholische Sicht
Atheist Steinbrenner am Permanenter Link
Wenn also die Verkürzung von Leid ein Eingriff in die Gottesrechte sei, dann heißt es Gott kann den Menschen nicht daran hindern, denn sonst bräuchte er ja nicht lebende Menschen die sich als seine Helfer gerieren und
Damit ist diese Aussage aber auch eine Negation des Theismus, also des Christentums wie es sich selbst definiert an sich. (Allwissender und Allmächtiger Gott)
Diese Aussage kann also doch eigentlich nur von nicht-christlichen Deisten kommen, von deren großem Einfluß ich noch nichts weiß.
Oder ist es am Ende doch so, dass die meisten Christen eigentlich keine Christen sind, weil sie nicht wissen was sie glauben sollten? Was sind sie dann... vielleicht christlich geprägte Esoteriker?
„Schlagt sie alle tot, Gott kennt die Seinen“
So spricht ein Theist. Denn er muß sich gar nicht anmaßen zu urteilen was oder wer gut oder schlecht ist, sondern er kann sich einfach darauf verlassen, dass Gott alles im Griff hat und seiner Unterstützung nicht Bedarf.
Insofern hätten wir bei der Sterbehilfethematik wenn Christen noch Christen, also Theisten wären, ein Problem weniger, weil Gott es in deren Augen schon richten würde und jene die ihr Leben verkürzen wollten entweder dabei scheitern liese oder posthum sanktionierte.
Kay Krause am Permanenter Link
Wer hat ernsthaft etwas anderes erwartet?
Stefan Dewald am Permanenter Link
Aber noch näher an der Quelle der Leidkultur:
Aus dem Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre »Iura bona« von 1980:
III.
DIE BEDEUTUNG DES SCHMERZES FÜR DEN CHRISTEN UND DIE VERWENDUNG SCHMERZSTILLENDER MITTEL
[…]
Nach christlicher Lehre erhält der Schmerz jedoch, zumal in der Sterbestunde, eine besondere Bedeutung im Heilsplan Gottes. Er gibt Anteil am Leiden Christi und verbindet mit dem erlösenden Opfer, das Christus im Gehorsam gegen den Willen des Vaters dargebracht hat. Es darf deshalb nicht verwundern, wenn einzelne Christen schmerzstillende Mittel nur mäßig anwenden wollen, um wenigstens einen Teil ihrer Schmerzen freiwillig auf sich zu nehmen und sich so bewußt mit den Schmerzen des gekreuzigten Christus vereinigen zu können (vgl.Mt 27,34). […]
Quelle: http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19800505_euthanasia_ge.html
Udo Zeitvogel am Permanenter Link
Ach, mit dem freiwilligen Leid von Christen habe ich nun wirklich gar kein Problem. Die können den ganzen Tag leiden, soviel sie wollen, was mich betrifft.
Natürlich belassen sie es nicht bei ihrem eigenen freiwilligen Leid. Das ist es, was sie zu Feinden macht.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Bin gespannt, wie das abgebügelt wird...
Bernhard Zaugg am Permanenter Link
Ist Deutschland ein Gottesstaat?
A.S. am Permanenter Link
Interpretation der Angelegenheit unter dem Blickwinkel: Religionsgemeinschaften verhalten sich wie Horden:
Horden wollen möglichst groß und mächtig sein. Die Geburtenraten der Frauen werden optimiert, die "Abgänge" durch Tod minimiert. Die perverse Überdehnung dieses Grundsatzes in die pränatale und spät-vitale Phase ist unübersehbar. (Quertreiber per Todesstrafe aus der Horde zu entfernen ist durchaus zielkonform.)
Udo Zeitvogel am Permanenter Link
Ich finde es erstaunlich, dass Homosexuelle wie Jens Spahn oder Volker Beck sich so vehement gegen das Selbstbestimmungsrecht am Lebensende einsetzen. Haben diese Leute kein Geschichtsverständnis?
Ich wünsche allen, die sich gegen menschenverachtende Politiker wie Jens Spahn juristisch oder politisch engagieren, viel Erfolg und danke ihnen für dieses Engagement!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Udo, der beste und treffendste Kommentar zu diesem Thema, nur schade, dass Jens
Spahn diesen vermutlich nie lesen wird, denn da könnte er vielleicht ins Grübeln kommen,
Andreas Scholz am Permanenter Link
da waren es nur noch zwei.
und akk dürfte wohl kaum eine gefahr für friedrich blackrock merz sein.
üblicher weise taucht ja in solchen fällen eine frau auf, die sich nach zwanzig jahren an eine sexuelle bekästigung erinnert. funtioniert nur bei spahn nicht und hat auch ein zu starkes geschäckle.
spahn ist ja nun nicht seit heute gesundheitsminister und mit gröhe hätte man das ja auch schon machen können. warum also jetzt?
vielleicht sollten wir uns langsam mit dem gedanken vetraut machen, demnächst von blackrock regiert zu werden.
Gabriele Wruck am Permanenter Link
Die einzige Partei, die ein Interesse an Mährts als Kanzlerkandidaten hat, ist die SPD. Denn ein Großteil der Frauen sowie viele Freunde von katholischer Soziallehre usw.
Dafür würde er FDP und AfD Stimmen klauen; entweder nicht genug, damit es zum Regieren reicht, oder so viele, dass die FDP wieder aus dem Bundestag fliegt. Dann stünden CDU/CSU möglicherweise vor der schönen Wahl zwischen Opposition und AfD-Koalition.
Denn mit einer Mährts-CDU können die Grünen nicht koalieren. Bzw. könnten sie genau einmal laut darüber nachdenken und schon würde der Habeck-Zug von seiner glitschigen Spur entgleisen. Die Grünen möchten aber gern an Posten, egal durch wen. Also brauchen sie AKK (soziale Ader und Regierungserfahrung) oder eher noch den Spahn (berechenbar, jung und vorzeigeschwul) als den personifizierten Finanzfilz und Anden-Paktler.
https://www.cicero.de/innenpolitik/alle-gegen-eine/37182
Letztlich wählen erstmal nicht alle, sondern nur ca. 1000 CDU-Delegierte. Wie vorausschauend sie das tun, werden wir sehen. Für mich sieht es aus wie eine Wahl zwischen Pest, Cholera und Ebola.