Homophobie

Niederlande: Kritik an homophober "Nashville-Erklärung"

Ein homophobes evangelikales Manifest hat in den vergangenen Tagen in den Niederlanden für Unruhe gesorgt. Gegen das Manifest formierte sich breite gesellschaftliche Kritik. Sogar an vielen Rathäusern wehte zum Zeichen des Protests die Regenbogenfahne.

Ausgerechnet in den Niederlanden. Ausgerechnet in dem Land, das im Jahr 2000 als erstes Land der Welt homosexuellen Paaren die Eheschließung ermöglichte. Ausgerechnet hier machte vergangene Woche die homophobe evangelikale "Nashville-Erklärung" die Runde.

Die Nashville-Erklärung hat ihren Ursprung in den USA. Dort wurde sie 2017 vom "Council on Biblical Manhood and Womanhood" ("Rat für biblische Männlichkeit und Weiblichkeit") in Nashville Tennessee veröffentlicht und umgehend von zahlreichen evangelikalen Führern und konservativen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterschrieben. Die Erklärung spricht sich für ein konservatives biblisch-christliches Konzept von Ehe, Sexualität und Geschlechtlichkeit aus und bestreitet, dass Gott die Ehe als gleichgeschlechtliche, polygame oder polyamouröse Beziehung erdacht habe. Homo-, Bi- und Transsexualität gelten den Unterzeichnern als sündig.

Die Nashville-Erklärung wurde nun ins Niederländische übersetzt und, wie vergangene Woche bekannt wurde, bislang von fast 300 Geistlichen und Politikern in den Niederlanden unterschrieben. Was dort zu massiver Kritik führte. Denn die Nashville-Erklärung ist nicht nur eine Positionsbestimmung der Unterzeichner, sie versteht sich auch als Kampfansage an alle Formen von LGBT-Sexualität sowie deren gesellschaftliche Akzeptanz. Nach dem Selbstverständnis der Nashville-Unterzeichner ist der Mensch von Gott allein als Mann oder als Frau mit jeweils komplementären sexuellen Gelüsten geschaffen. Diese Sichtweise gesellschaftlich durchzusetzen, betrachten sie als ihr Ziel. Die niederländische Tageszeitung Trouw bezeichnete die Erklärung als "orthodoxes Anti-Homo-Manifest".

Viele Niederländer sind über die "Nashville-Erklärung" und ihre Unterstützer erschüttert. Aus Protest wehte in den Niederlanden in den vergangenen Tagen an vielen privaten aber auch öffentlichen Gebäuden, wie Rathäusern und (liberalen) Kirchen, eine Regenbogenfahne – das Symbol der LGBTQ-Bewegung. Und während die niederländische Staatsanwaltschaft prüft, ob die Nashville-Erklärung strafbare Passagen enthält, hat die Humanistische Vereinigung der Niederlande – sozusagen als Gegengift zur Nashville-Erklärung – eine "Liebeserklärung" veröffentlicht, die sich für alle Formen der Liebe stark macht. Innerhalb weniger Tage wurde die humanistische Liebeserklärung in den sozialen Netzwerken von mehreren Zehntausenden Niederländern, darunter vielen Prominenten, geteilt.