Wenige Tage nach ihrem 90. Geburtstag ist "Uriella" gestorben. Die selbsternannte Prophetin war Gründerin der Sekte "Fiat Lux" und sorgte in den 80er und 90er Jahren für Aufsehen, als sie den Weltuntergang vorhersah. Heute findet ihre Trauerfeier statt – in einer katholischen Kirche.
Die exzentrische Schweizerin, die eigentlich Erika Bertschinger-Eicke hieß, sah ihn kommen, den Weltuntergang. Die Weltwirtschaft sollte zusammen- und der Dritte Weltkrieg ausbrechen. Ein Meteoriteneinschlag und Vulkanausbrüche würden die Apokalypse begleiten. Ein Szenario, das bekanntlich nicht eingetreten ist. Auch die hollywoodreife Rettung einiger Auserwählter durch Raumschiffe, die natürlich nicht fehlen darf, blieb aus.
Ihre "hellseherischen Kräfte" hatte Uriella durch einen Reitunfall im Jahr 1973 erlangt: Sie hatte schwere Kopfverletzungen davongetragen und hielt sich fortan für ein "Sprachrohr Gottes". 1980 gründete sie die Sekte "Fiat Lux", lateinisch für "Es werde Licht", in der Schweiz. Später erkor die Dame mit den toupierten schwarzen Haaren Ibach im Südschwarzwald (Baden-Württemberg) zu ihrer Heimstatt der Erleuchtung aus. Dort schaffte es ihr vierter Ehemann, Icordo, sogar in den Gemeinderat.
Die Glaubensgemeinschaft strebte nach einem "reinen und geordneten Leben". Wer mitmachen wollte, durfte weder Sex haben, noch Kaffee oder Alkohol trinken und nur Rohkost essen. Die Nachrichten verfolgen war verboten – man hätte ja mit der Realität konfrontiert werden können. Symbolisch für den "reinen" Lebensstil kleideten die Ordensangehörigen sich in ganz in Weiß.
Nach weltlichen Maßstäben hatte die Sektenchefin aber keineswegs eine weiße Weste: Sie wurde wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Bertschinger-Eicke, die zahlreiche Fernsehauftritte hatte, war eine geschäftstüchtige Person: Sie verkaufte "heiliges Wasser", das seinen Zustand dadurch erhielt, dass sie es in ihre Badewanne einließ und mit einem Silberlöffel darin herumrührte (zum Video). Auch illegal eingeführte "Heilmittel" machte sie zu Geld.
Die Sektengründerin Uriella, die sich gerne auffällig schminkte und mit allerlei Schmuck behängte, meinte nicht nur, die Zukunft vorhersagen zu können, sie war auch "Wunderheilerin". Mit ihren "Röntgenaugen" behauptete sie, durch "göttliche Kraft" Krankheiten heilen zu können. Das brachte ihr eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung ein, sie wurde allerdings freigesprochen. Bei ihr selbst scheint es jedenfalls nicht funktioniert zu haben: In den letzten Jahren hatte sich die "Prophetin" aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, man munkelte von Krebs oder einer Nervenerkrankung. Um die Sekte ist es derweil still geworden. Sie existiert zwar noch, zählt aber nur noch einige wenige Mitglieder.
Heute findet Uriellas Trauerfeier in der katholischen Kirche von Ibach statt, die das "religiöse Wirken" des Ordens jedoch kritisch sieht.
23 Kommentare
Kommentare
G.B. am Permanenter Link
Ich sehe da keinerlei Unterschied zu unseren beiden Kirchen, diese arbeiten nach dem gleichen Schema, den Menschen irgend etwas einzureden und damit reich zu werden.
Ich hoffe, dass unsere Kirchen eines Tages genau so sang und klanglos verschwinden wie
"Uriella" und nur Vernunft bleibt, damit an deren Stelle gelebter Humanismus tritt und niemand diesem Lügengebäude nachtrauert.
G.B.
Paul Ben am Permanenter Link
>> nur Vernunft<< kann nicht >>gelebter Humanismus<< sein. Fürchte ich mich vor.
Wer den Menschen gerecht werden will, muss ihre Gefühle und unvernünftigen Leidenschaften akzeptieren und nicht alles abschaffen wollen. Motto: Wovon ich nix versteh, das brauchen die anderen auch nicht zu haben, und alles, wofür es keine Studie gibt, ist sowieso irre Fantasie.
Vernunft ist gut, wenn man einen Bürgersteig plant oder eine Kreuzband-OP. Sie kann Unglück verhindern.
Aber Glück geht anders. und die Leute wollen glücklich sein.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Der Mensch muss lernen, mit dem Rationalen und dem Irrationalen umzugehen. Der aufgeklärte Mensch kann das. Er weiß, wann etwas zur Kreuzband-OP taugt und wann etwas der wohlig schönen Unterhaltung dient.
Das Problem Gläubiger ist, dass sie die Trennlinie zwischen Fantasie und Wirklichkeit nicht (aner)kennen. Für sie sind Irrationalismen Realität, werden also illegitimer Weise dem Rationalen zugeordnet.
Die aufgeklärte Trennschärfe mag Gläubige irritieren oder sogar verschrecken. Aber sie bedeutet nicht den Verlust emotionaler Fähigkeiten - nur den korrekten Umgang damit. Wer das als "verkniffen" ansieht, hat möglicherweise selbst ein Problem, die Welt richtig zu sortieren. Aber das ist notwendig, wollen wir nicht auf Dauer dem frühkindlichen teleologischen Denken erliegen...
Paul Ben am Permanenter Link
Erst alles richtig sortieren und dann korrekt damit umgehen; klingt nach >> mustergültig eingeleitete und vorbildlich durchgeführte Maßnahmen zum Erreichen einer beiderseitigen sexuellen Entladung innerhalb eine
Dass Gläubige nicht zwischen Fantasie und Wirklichkeit trennen ist nicht deren Problem sondern Ihres.
Genau das gleiche Problem haben andere mit Ihrer Unfähigkeit, die nötige Trennlinie zu ziehen zwischen Ihrer Wahnehmungsfähigkeit und der von anderen Menschen. Kann ja wohl nicht sein, dass es Talente gibt, die Kammermeier nicht hat. Undenkbar.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Menschen werden mit Festen, Rituale ... geködert.
Paul Ben am Permanenter Link
Inhaltlich sicher richtig, hat aber im Anschlag was vom Honecker. Bisschen kneifig.
Scheint in Ihrer Welt nur schwarz und weiß zu geben.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
@ Paul Ben: Irgendwie verstehen Sie da etwas falsch, wieso schliessen Sie aus meiner Einstellung zu den Kirchen und zu Glaubensfragen, dass ich einer totalitären Vernuftideologie
gegen das verlogene System des Geisterglaubens.Vernunft schliesst nicht per se Gefühl aus.
Und gegen schwarz und weiß denken argumentiere ich schon seit Jahrzehnten.
G.B.
Paul Ben am Permanenter Link
Gefühle hängen mit Verstand zusammen aber der Mensch ist auch ein Tier und hat Emotionen wo er mit umgehen muss.
Ich will keinen Rationalitätsterror. Sie können ja mal Nachtdienst in der Neuro schieben wo die Verkopfungsopfer zugedröhnt ihre abgespaltenen Persönlichkeitsanteile betrauern oder Panikattacken schieben weil sie nicht alles kontrollieren können. Für die ist eine lauschige Sekte wo die Inhalte niemandem schaden die geeignetste Droge. Wer sind wir das Glauben anderen vorenthalten zu wollen bloß weil wirs selbst nicht brauchen? Das kann kein Humanismus sein. Kann man auch sagen Schmerzmittel müssen weg weil brauchen wir grad nicht. Die sind unvernünftig weil die die Realität verzerren. Seelische Schmerzen sind schlimme Schmerzen. Kann man bei relativ Wenigen mit Vernunft lindern.
(schwarz-weiß ging an Reichert, nicht an Sie)
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Herr Ben, zunächst möchte ich mich bedanken für Ihre Antwort, diese enthält, wie ich meine, vernünftige Argumente und ist in einem guten Stil verfasst.
wurden. Dass es viele Menschen gibt, die überwiegend emotionell handeln, beweist schon sie Macht der Kirchen und auch diese Menschen werden nur betrogen und ausgenützt.
Gegen diese Machenschaften wendet sich unser Engagement als Atheisten.
Emotionen sind bei den Kirchen, meiner Meinung nach in den falschen Händen. Es ist sicher nicht wünschenswert und auch nicht gesund Gefühle zu unterdrücken, aber diese sollten auch nicht für niedrige Zwecke missbraucht werden.. Ich hoffe Sie verstehen wie mein Schreiben gemeint ist.
Paul Ben am Permanenter Link
Klar verstehe ich. Aber Sie verstehen nicht was ich schreibe. Gefühle sind was anderes als Emotionen. Auch wenn sie oft miteinander einhergehen. Emotionen kontrollieren braucht man für Zivilisation.
>> Menschen, die bei Uriella ihre Erfüllung suchten, bedauere ich, da diese von Uriella nur pekuniär ausgenutzt wurden << Woher wollen Sie das wissen haben Sie mit denen geredet? Klar hat die reichlich Kohle gezogen aber woher wollen Sie wissen ob die Kundschaft nicht auch was für ihr Geld bekommen hat? Zumindest eine Zeitlang?
>> Gegen diese Machenschaften wendet sich unser Engagement als Atheisten. << Arrogante vereinnahmende Rede von wir als Atheisten. Sie können nicht für alle Atheisten sprechen. Ich bin Atheist und bin dagegen dass Kinder in Ideologien gezwungen werden. Aber wenn erwachsene Menschen nicht mit sich klarkommen und sich jemanden suchen der sie eine Zeitlang oder für immer betüdelt und das liefert was er angeboten hat dann habe ich mich da nicht einzumischen und paternalistisch dran rumzuurteilen. Es gibt Menschen die möchten anders leben als Gerhard Baierlein. Das haben Sie zu akzeptieren. Der berechtigte Kampf gegen die perverse Macht der Glaubenskonzerne ist wichtig. Die sind klar im Missbrauchssektor in jeder Hinsicht. Aber generell kann man führungsbedürftigen Menschen nicht die Möglichkeit wegnehmen sich jemanden zu suchen der gern führt so wie diese Uriella. Im Artikel steht dass sie zum Schluss nur noch wenige Anhänger hatte. Konnte also scheint's jeder aussteigen wie er wollte. Also wo ist dann das Problem? Ich finde solche offensichtlich schwachsinnigen Theorien weniger gefährlich als wenn sich ahnungslose Heilpraktiker mit wissenschaftlicher Terminologie kompetentquatschen.
Paul Ben am Permanenter Link
B.K. un T.B.R.: Bezog mich ausschließlich auf >> nur Vernunft <<. Bin Atheist und großer Freund der Vernunft. Aber nur(!) Vernunft? Nein danke, was für ein armes Leben.
Macht rational keinen Sinn aber füllt das Herz. Und kommt mir jetzt nicht mit >> das Herz ist kein Bottich << boahhh!
Ich will mich besaufen wenn sie mich verlässt und nicht über die Leber und den Kater nachdenken. Beim Vorstellungsgespräch das kratzige lila-gelbe Glücksarmband tragen, das meine Tochter mir gebastelt und mit den Augen voller Liebe angelegt hat und wissen, dass ich lieber auf den verdammt gut bezahlten Posten pfeife als dieses Armband runterzureißen!
Wahrhaft autonom ist man frei nach Hannah Arendt wenn man kein Geländer braucht; auch nicht das Vernunft-Geländer.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Trauerfeier in einer katholischen Kirche; ist doch vollkommen in Ordnung, geht doch nur bei den ewig Zurückgebliebenen.
A.S. am Permanenter Link
Die Dame hat es mit ihrer Sekte wohl zu Geld gebracht.
Frank am Permanenter Link
Das zeigt wie einfach solche Sekten in unserer heutigen Zeit Leute rekrutieren können. Viele ihrer Anhänger dürften kaum als ungebildet bezeichnet werden.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Heilige Sch----. Ich hatte vor gut 50 Jahren mal einen Fahrradunfall, als ich das Ende der Elsflether DB-Verladerampe übersah.
Paul Ben am Permanenter Link
Hellsichtigkeit kann man genauso wenig erwerben wir das absolute Gehör, Charme, Antizipationsfähigkeit oder natürliche Autorität.
Also nicht enttäuscht sein, dass sich der Unfall so nicht gelohnt hat. Konnte er nicht.
Die Sektenchefin war mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht hellsichtig sondern ein 1A Marketingtalent. Alte Masche, viel Geld und Macht über andere. Für Blödsinn gibt es immer Kundschaft.
Tobias Seyb am Permanenter Link
Hellsichtigkeit (was genau soll denn das sein?) gibt es ganz einfach gar nicht. Muss man nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.
Paul Ben am Permanenter Link
>> Was soll das sein? << Das ist was was Sie nicht knicken, lochen und abheften können. Hellsichtigkeit kann man nicht kontrollieren und bei Bedarf abrufen.
>> gibt es ganz einfach gar nicht << wie plump, andere Menschen nach den eigenen Maßstäben zu beschneiden versuchen und ihnen ihre Lebenserfahrung teilweise absprechen. Bloß weil sie Erfahrungen machen die man selber nicht macht. Nennt man auch engstirnig.
Diese Uriella und Konsorten haben meistens keinen Dachschaden sondern sind narzisstisch und ansonsten ziemlich klar und vor allem geile Verkaufsprofis. Den Reitunfall gab es vielleicht oder vielleicht nicht. Ist jedenfalls ein klassischer Verstärker ("Ein Schicksalsschlag brachte sie der Wahrheit näher...") und Aufhänger für die bedürftige Kundschaft. Sekten formt man über Legenden. Und wenn's nur ein Reitunfall ist; zusammen mit der Jesus-Legende ist das ne sichere Bank.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Für Blödsinn gibt es immer Kundschaft."
Stimmt! Z. B. für den, es gäbe so etwas wie "Hellsichtigkeit". Mit dieser Scharlatanerie sind schon viele reich geworden ohne arbeiten zu müssen...
Paul Ben am Permanenter Link
Scharlatanerie ist wenn man keine Ahnung hat und Kompetenz vortäuscht und macht und kassiert. Wer für 20 Euro in eine Glaskugel guckt ist nicht hellsichtig sondern ein geschäftstüchtiger Scharlatan.
Aber wenn Sie denken dass Sie auf dem Mittelaltermarkt irgendeine brauchbare Information zu Hellsichtigkeit kriegen: kalt, ganz kalt!
Hellsichtigkeit ist keine Handlung sondern was, was dir passiert. Kann man gar nicht >> einsetzen <<.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Man wird damit geboren." - Mit Hellsichtigkeit? Ach so.
Andrea Pirstinger am Permanenter Link
Konnte dir, werter Hans, ein gott-gleiches menschliches Lebewesen (Zahnarzt) den damals abhanden gekommenen Schneidezahn ersetzen? Oder war es evtl.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Wieso Trauer und Feier? Sehr widersprüchlich.