In der vergangenen Woche wurden in Frankreich drei Zivilisten von einem islamischen Extremisten ermordet – erstochen und enthauptet. Es war eine schockierende und verabscheuungswürdige Tat, aber keine isolierte.
Es ist nur vierzehn Tage her, seit der Lehrer Samuel Paty ermordet wurde, weil er seiner Klasse die Meinungsfreiheit und die Angriffe auf Charlie Hebdo erklärt hatte. Frankreich reagierte dann so, wie es eine menschenrechtsliebende Republik tun sollte: Es verteidigte das Recht auf freie Meinungsäußerung, einschließlich der Veröffentlichung von Materialien, die Anstoß erregen könnten.
Es ist abscheulich, dass die gestrigen Morde als Vergeltung für die Verteidigung der Redefreiheit und der weltlichen Bildung dargestellt wurden, und es scheint, dass dies eine Situation ist, die außer Kontrolle gerät. In diesem Fall müssen wir uns daran erinnern, dass hier nur auf einer Seite ein Fehler vorliegt: Meinungs- und Glaubensfreiheit sind keine Verbrechen. Aber Mord ist definitiv eines.
Gefühle von Beleidigung können niemals Gewalt rechtfertigen, ebenso wenig, wie sie eine Zensur rechtfertigen können. Versuche, irgendeine moralische Äquivalenz zwischen dem Zeichnen von Cartoons oder der Verteidigung der künstlerischen Freiheit einerseits und gewaltsamem Mord und Enthauptung andererseits herzustellen, sind abscheulich.
Solche Versuche sind in vielen Fällen auch unaufrichtig. Die Regierungschefs in der Türkei und in Pakistan stellen sich mit ihrem ganzen diplomatischen Gewicht gegen Frankreich und hinter die Mörder, indem sie die Republik aufgefordert haben, gegen "Islamophobie" vorzugehen, womit sie nicht Diskriminierung und Vorurteile meinen, sondern die Verletzung religiöser Gefühle, was jedoch kein Verbrechen darstellt.
Dies ist eine alte Leier. Bei den Vereinten Nationen hat Pakistan wiederholt versucht, Anträge für globale Blasphemiegesetze genau mit diesen Begriffen einzureichen – Humanist*innen haben das mit Nachdruck abgelehnt. Die pakistanische Regierung nutzt Mord und Gewalt aus, um die gleiche Trommel wie immer zu rühren. Aber diesmal stellt das Drängen ihrer zensorischen Argumentation auf internationaler Ebene eine Schuldzuweisung gegenüber den Opfern dar. Nach der Aussage "Wir unterstützen Mord nicht" sollte es kein "Aber" geben.
Jedenfalls haben wir keinen Grund, denen zu vertrauen, die sagen, dass Gesetze gegen das Beleidigen von Religionen die Gewalt stoppen werden. Länder wie Pakistan, Saudi-Arabien, Nigeria und Bangladesch sind das ganze Jahr über die Heimat dieser Art von Gewalt. Jeder Bürgerwehr, die sich gegen Humanisten, Christen, Ahmadis oder andere Minderheiten richtet, verleihen Blasphemiegesetze Legitimität und Sicherheit der Straflosigkeit, in dem Wissen, dass genug Menschen glauben, Gewalt sei eine akzeptable Reaktion auf diejenigen, die sie beleidigen.
Der Weg zum Verbot von "Beleidigungen" ist ein Weg zu noch größerem Blutvergießen und Elend. Er wird begleitet von der Aushöhlung unserer Freiheit zur Äußerung der Wahrheit gegenüber der Macht und von einer Verringerung der Farbe und Vielfalt der menschlichen Kultur und des menschlichen Lebens.
Was bleibt zurück? Blut auf den Bürgersteigen, zerstörte Familien. Leben, die aus der Bahn geworfen sind und Leben, die nie mehr so sein werden wie früher.
Der wahre Preis, den Mord an Menschen kostet, wird oft vergessen, wenn Ereignisse nationale und internationale Bedeutung erlangen. Aber es sind die Opfer dieser Anschläge, die ich jetzt besonders in den Mittelpunkt unseres Denkens rücken möchte. Ihr Leben. Ihre Menschlichkeit. Ihre Hoffnungen, Potenziale und Träume.
Tragödien wie heute erinnern uns daran, wie klein, kurz und zerbrechlich das Leben ist. Das Leben ist kurz. Deshalb ist es das schrecklichste Verbrechen von allen, es durch Mord zu beenden. Was können wir in diesem kurzen Leben denn tun, als unser Bestes zu geben, um die Zeit zu genießen, die wir haben, und sie zu schätzen – aber wie können wir das? Wir als Humanist*innen müssen Maßnahmen ergreifen, um das Leben für andere zu verbessern, die zukünftigen Generationen eingeschlossen, von denen wir hoffen, dass sie in Freiheit und Frieden leben. Maßnahmen für diese bessere Zukunft zu ergreifen, ist die beste Antwort für alle, die sich nur mit dem Tod befassen und nichts zu bieten haben als die Stille der Angst und des Elends.
Was tun wir also, wenn wir von einer solchen Unmenschlichkeit und Barbarei herausgefordert werden – und zunehmend auch von verrückten Versuchen, dies zu rechtfertigen, von anderen, die wir lieben, respektieren oder sonst kennen?
Hier müssen wir üben, was wir predigen: Mit unseren Worten antworten. Mit Fakten. Mit Argumenten. Und dann zuhören und wieder antworten. Dabei zielen wir nicht darauf ab, Punkte zu sammeln – das Leben ist keine YouTube-Debatte –, sondern Meinungen und Einstellungen zu ändern. Denn etwas sehr Wichtiges hängt davon ab: die Zukunft einer liberalen, freiheitsliebenden Weltordnung.
Wir alle müssen für unsere am meisten geschätzten Rechte eintreten: Gedankenfreiheit, Meinungsfreiheit … das Recht auf Leben selbst. Das heißt, dass wir alle uns gegen die Schuldzuweisung gegenüber den Opfern aussprechen müssen, wenn sie geschieht. Dies kann bedeuten, sich mit Freunden zu streiten, die sich solchen falschen Gleichsetzungen hingeben. Es kann bedeuten, Beschwerden einzureichen, wenn Journalisten die faule Option wählen, "beide Seiten" als schuldig darzustellen: verrückte Mörder und Führer von Halbtheokratien einerseits, Führer, Bürger und Lehrer von Republiken andererseits, die auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten beruhen. So können wir heute und künftig auf das reagieren, was heute passiert ist.
In Solidarität
Andrew Copson
Die Erklärung erschien am 29.10.2020 auf Englisch auf der Seite der Humanists UK und wurde vom Humanistischen Verband Deutschlands leicht überarbeitet ins Deutsche übersetzt.
6 Kommentare
Kommentare
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
Samuel Paty wurde nicht zufällig von einem Islamisten ermordet!
Indoktrinierte Schulkinder berichteten ihrer Gemeinde davon, was ihr Lehrer unterrichtete. Imame besprachen dies in der Moschee. Gemeindemitglieder machten Angaben zur Adresse, zum Aufenthaltsort und zum Aussehen des Lehrers, damit ein Mörder ihn auch finden und erkennen konnte.
Ohne diese „moderaten“ Muslime als informelle Mitarbeiter hätte der Mörder nie von dem Unterrichtsthema erfahren und hätte den Lehrer nie auf offener Straße „hinrichten“ können.
Es sind diese informellen Mitarbeiter, die im Auftrag des „Islam“ Verräter und Apostaten suchen und ausliefern, die Nachbarschaft befragen, denunzieren und einschüchtern. Diese sogenannten „moderaten“ Muslime müssen wegen Anstiftung und Beihilfe zum Mord zur Verantwortung gezogen werden können.
Warum passiert dies nicht?
A.S. am Permanenter Link
Guter Text.
Hoffentlich erkennen immer mehr Menschen, wie brandgefährlich Religion ist.
Hier besteht bei vielen Linken und Humansiten noch erheblicher Aufklärungsbedarf, die zwar nicht an Gott glauben, sich aber mit der Mär von der angeblichen Friedfertigkeit der Religionen haben leimen lassen.
Hier ein paar Fragen zum Nachdenken:
Wer lässt sich leichter in den Krieg schicken: Jemand, der an die Wiederauferstehung nach dem Tode glaubt (mit oder ohne Jungfrauen) oder jemand, der glaubt, mit dem Tod ist für ihn alles vorbei?
Welcher Kommandeur schickt leichteren Herzens seine Soldaten in den Krieg: Einer der an die Wiederauferstehung seiner Soldaten nach deren Tode glaubt oder einer, der meint mit dem Tod ist für seine Soldaten alles vorbei?
Welche Eltern nehmen es leichter hin, wenn ihre Söhne im Krieg fallen: Eltern, die an die Wiederauferstehung und das ewige Leben im Paradies glauben oder solche, die glauben mit dem Tod ihrer Söhne seien all ihre Mühen und Hoffnungen der Kinderaufzucht und -erziehung, alle in ihre in die Kinder investierte Liebe für die Katz' gewesen?
Außerdem braucht es große Autoritäten (oder Not), um Menschen in den Krieg zu treiben, also Kaiser, Führer oder/und Gott.
Wir wissen aus dem Milgram-Experiment, welchen fürchterlichen Einfluss Autorität hat, wenn Menschen anderen Menschen Leid zufügen.
Ich bin der Ansicht:
Ohne Religion fällt Völkern das Kriegführen erheblich schwerer.
Ohne die Autorität Gottes im Nacken würden Islamisten zu solch großen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht fähig sein. (Es würde gar keine Islamisten geben.)
Vermutlich würde ohne Religion Völkern das Kriegführen derart schwer fallen, dass sie nullkommanix von andern, religiösen Völkern, überrannt und nieder gemacht werden ...
Klaus Bernd am Permanenter Link
Unter der Überschrift „Kein Recht auf Blasphemie!“ lässt vaticannews den Bischof von Blois, Jean-Pierre Batut, ausführlich zu Wort kommen.
„Was die Spannungen in den letzten Tagen verschärft hat, ist nicht der Angriff auf Samuel Paty oder gar die Hassreden des türkischen Präsidenten (Recep Tayyip Erdogan, Anm. d. Red.), sondern die provozierende Ausgabe von Charlie Hebdo, zu der das Blatt von unseren politischen Führern und vor allem von der Regierung sogar noch ermutigt wurde.“
„Selbst wenn manche Menschen eine naive oder irrationale Art und Weise haben, an etwas zu glauben, rechtfertigt das keineswegs, dass man sie angreift.“
„Seit wann sind Taktgefühl und die Sorge, Menschen nicht zu verletzen, zur Selbstzensur geworden?“
Zwischen Angreifen und Verletzen durch Karikatur und Satire und Angreifen und Verletzen durch Terroranschläge besteht wohl ein himmelweiter Unterschied, den der Herr Bischof ganz offensichtlich etwas nivellieren will. Aber was erwartet man von Leuten, die den Gebrauch von Kondomen als MORD und legale (!) Abtreibungen als Auftragsmord und beispiellose Barbarei bezeichnen. Auszug aus dem Strafgesetzbuch :
§211: (2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Roland Weber am Permanenter Link
Alles wie immer:
Natürlich wie immer nur: Mit dem Islam an sich hat das alles nichts zu tun ... Bis zum nächsten Mal.
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Ein sehr guter Kommentar. Dem ist nichts hinzuzufügen. Endlich stehen auch mal die Opfer im Mittelpunkt und nicht immer nur die Täter. Das sollte eigentlich für alle Kapitalverbrechen gelten.
David Z am Permanenter Link
"Hier müssen wir üben, was wir predigen: Mit unseren Worten antworten. Mit Fakten."
Nein. Das ist mir definitiv zuwenig. Die Zeiten des Redens sind vorbei. Das Reden hat uns in den letzten Jahrzehnten nicht im geringsten vorangenracht. Im Gegenteil. Es gibt durchaus Anhaltspunkte, die nahelegen, dass unsere Toleranz und auf Einsicht beruhende Redeharmonie als Schwäche gedeutet wird. Wir müssen endlich zur Kenntnis nehmen: der politische Islam ist unser Feind so wie der Faschismus oder der Komunismus unser Feind war. Und entsprechend muss die Reaktion ausfallen. Marcon scheint das begriffen zu haben, mal sehen, wie lange. Bei uns sieht es wie immer eher nach der üblichen Phrasendrescherei aus.
Es müssen endlich Taten geschaffen werden. ZB demonstrativ die modernen Muslimgruppierungen den orthodoxen Vereinen vorziehen und begünstigen. Dass das immer noch genau anders herum läuft ist so grotesk, dass man all den dt. Politikern, die jetzt wieder bedröppelt ihre üblichen Textbausteine verschicken, schallend ins Gesicht lachen möchte. Dann weiter: Moscheen, in denen radikales Gedankengut gepredigt wird, sofort schliessen und nicht wie in Hamburg oder Bremen auch noch Höflichkeitsbesuche vornehmen. Radikale sofort Ausweisungen. Bessere Kontrollen bei der Einwanderung, vlt sogar eine Begrenzung der Einwanderung aus bestimmten Teilen der Welt: so wie man Risikozonen fuer Corona festlegt, funktioniert dies im Grunde auch fuer das Virus des politischen Islams.
Taten sind gefragt, nicht Worte.