Ende November war der Bremer Pastor Olaf Latzel wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nun hatte dies auch dienstrechtliche Konsequenzen: Nach dem Predigtverbot folgte die vorläufige Dienstenthebung durch die Bremische Evangelische Kirche. Die Gemeinde des Verurteilten will dagegen Widerspruch einlegen und zieht ein Ausscheiden aus dem Kirchenverbund in Betracht.
"Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day", soll Olaf Latzel im Rahmen eines Eheseminars vergangenen Herbst gesagt haben und gelebte Homosexualität gemäß der Bibel als "todeswürdiges Verbrechen" bezeichnet haben. Außerdem soll er vom Einfluss der "teuflischen Homo-Lobby" auf Kirche und Gesellschaft gesprochen haben. Der "ganze Gender-Dreck" sei "zutiefst teuflisch und satanisch" (der hpd berichtete). Diese Äußerungen hatten dem Pastor der St.-Martini-Gemeinde in Bremen Ende November eine Verurteilung wegen Volksverhetzung und eine Geldstrafe von 8.100 Euro eingebracht.
Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, da Latzels Anwalt Rechtsmittel eingelegt hat, dennoch ergriff nun auch die Bremische Evangelische Kirche (BEK) Maßnahmen gegen den Mann, der die Bibel beim Wort nimmt: Vor anderthalb Wochen beschloss der Kirchenausschuss ein Predigtverbot für den evangelikalen Geistlichen, vergangene Woche wurde er nun vorläufig des Dienstes enthoben, nachdem er eine freiwillige Vereinbarung mit der Kirche, seine Tätigkeit ruhen zu lassen, bei einer Anhörung abgelehnt hatte. Beides gilt für die Dauer des Rechtsstreits, der nun in die nächste Instanz gehen wird. Die BEK hatte bereits im Mai ein Disziplinarverfahren gegen den umstrittenen Pastor eingeleitet, das aber so lange ausgesetzt ist, bis ein endgültiges Gerichtsurteil vorliegt.
"Es ist nach unserer Überzeugung nicht möglich, dass ein Pastor, der von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, während der Dauer des Disziplinarverfahrens weiter seinen Dienst tut", äußerte sich BEK-Schriftführer Pastor Bernd Kuschnerus in einer Pressemitteilung. Eine glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums sei während der Dauer einer derartigen rechtlichen Auseinandersetzung nicht denkbar, da "eine Ausübung des Dienstes während dieser Zeit (…) die Glaubwürdigkeit der Wahrnehmung des kirchlichen Dienstes und das Ansehen der Bremischen Evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit schwer beschädigen" würde. Zum Schluss wandte sich Kuschnerus noch an Betroffene von Olaf Latzels Hasstiraden: "Der Kirchenausschuss bittet die Menschen, denen durch die Äußerungen von Pastor Latzel Leid und Unrecht zugefügt wurde, um Verzeihung."
Der in erster Instanz verurteilte Geistliche kann gegen den Dienstenthebungsbescheid Widerspruch einlegen, berichtete bunten un binnen in Berufung auf BEK-Pressesprecherin Sabine Hatscher. Während der vorläufig geltenden Disziplinarmaßnahmen blieben Latzels Bezüge unberührt.
Gestern wurde bekannt, dass die St.-Martini-Gemeinde heute von diesem Widerspruchsrecht Gebrauch machen will. Auch rechtliche Schritte behält man sich vor. Außerdem soll Anfang Januar ein Sonderkonvent stattfinden, auf dem unter anderem geprüft werden soll, ob sich die Kirchengemeinde von der BEK lösen kann. Dies gab Jürgen Fischer, Bauherr für Bauwesen der St.-Martini-Gemeinde, im Anschluss an den sonntäglichen Gottesdienst bekannt. Darüber hinaus gab er laut buten un binnen ein Statement zur Dienstenthebungsentscheidung der BEK ab: "Uns fehlt jedes Verständnis für das unbarmherzige und rücksichtslose Verhalten des Kirchenausschusses. (…) Wir protestieren aufs Schärfste."
16 Kommentare
Kommentare
Jens Zahn am Permanenter Link
Gab es in den letzten Jahren bzw Jahrzehnten eigentlich schonmal einen Imam, der in D wegen Volksverhetzung schuldig gesprochen wurde?
J. Fischer am Permanenter Link
Berechtigte Frage. Mal sehen, ob da ein rechtsfreier Raum bestehen bleibt.
pi am Permanenter Link
Ja, wäre ja seltsam wenn nicht. Fragen Sie Dr. Prof. Google.
Jens Zahn am Permanenter Link
Sie haben recht. Ein paar gab es wohl tatsächlich bereits. Dann können wir ja beruhigt sein.
Quelle: https://ajcgermany.org/en/node/76
Konrad Schiemert am Permanenter Link
"...der die Bibel beim Wort nimmt".
J. Fischer am Permanenter Link
Falsch zitiert. In der Bibel steht:Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Ist auch im Kontext lesenswert.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Weitergedacht: Keine(r) ist ohne Schuld, wird also niemand bestraft (gesteinigt). Ziemlich widersprüchlich. Muss man also nicht mal die Ehebrecher oder Sonntagsarbeiter steinigen? Ich bin enttäuscht.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Mal ernst: Die Bibel ist voll mit Widersprüchen. Man kann sie einfach nicht wortwörtlich nehmen.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Das gilt laut "Jesus" des Amen-amen-Evangeliums für Ehebruch (Joh 8,1-11). Die von seinem Daddy angeordneten Strafen für Homosexuelle und andere hat jener "Jesus" nicht aufgehoben!
J. Fischer am Permanenter Link
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Was machen sie denn da?
libertador am Permanenter Link
Ein gesprochenes Urteil kann während eines laufendes Verfahrens ein hinreichender Grund für Konsequenzen sein, da es berechtigte Zweifel an der Eignung des Pastors gibt.
Ob dies dauerhaft bleibt, hängt auch am Ausgang des weiteren juristischen Verfahrens. Die BEK muss aber nicht abwarten, bis das Urteil rechtskräftig ist und möglichen weiteren Schaden durch einen mutmaßlich ungeeigneten Pastor hinnehmen.
Jörg Elbe am Permanenter Link
Die Meinungsfreiheit hört dort auf, wo Grundrechte anderer betroffen sind. Diese Äußerungen sind eine pauschale Herabwürdigung von Menschen.
Man mag zudem ein Bedauern für diese Person verspüren, der allein aufgrund archaischer Inhalte offenbar einen Hass gegen Menschen entwickelt hat, die seiner Auffassung nach Verbrecher sind, weil sie nicht seiner Vorstellung entsprechen, wie man zu sein hat. Zum Glück drehen aufgeklärte Geister den Spieß nicht um.
Giordano Bruno am Permanenter Link
Genau aus diesem Grund spreche ich immer von einer Schwarz-Braunen Brühe, da diese
steve am Permanenter Link
Ich zitiere einfach mal George Orwell:
"Wenn Freiheit überhaupt irgendetwas bedeutet, dann das Recht anderen sagen zu dürfen, was sie nicht hören wollen."
Petra Pausch am Permanenter Link
Orwell sagt aber nicht, dass Andere jeden Quatsch unkommentiert lassen müssen. Wer von Freiheit redet muss damit rechnen, dass ihm widersprochen wird. Denn auch das ist Freiheit.
Steve2112 am Permanenter Link
Hallo Petra,