Anti-Werbe-Kampagne für Woelki in Köln

Während des Kölner Karnevals gab es neben Rosenmontagszug, feiernden Menschen und Kostümen noch etwas anderes zu sehen: wenig schmeichelhafte Plakate des dortigen Kardinals. Das Erzbistum äußerte sich diplomatisch und will keine rechtlichen Schritte einleiten.

Das "Adbusting"-Kollektiv "Dies Irae" (aus dem Lateinischen übersetzt "Tag des Zorns") hat während des Karnevals in Köln an prominenten Stellen eine kirchenkritische Kampagne gestartet: Zehn Plakatkästen im öffentlichen Raum öffneten sie nach eigenen Angaben mit einem Steckschlüssel und hängten dort Plakate des umstrittenen Kardinals Rainer Maria Woelki in Bischofs-Ornat auf. Sie zeigten ihn umgeben von einem Flammenmeer als "Defluencer", also das Gegenteil eines Influencers, und stellten auch einen Bezug zum Karneval her, indem sie den Defluencer kurzerhand zum "Trendkostüm" erklärten. Diese "katholische Leidkultur zum Tragen" gebe es "gratis zu jedem Kirchenaustritt", so die ironisch-bissige Aufmachung.

"Woelki stellte sich schützend vor Täter in der katholischen Kirche und trug zur Vertuschung von sexualisierter Gewalt an Kindern bei. Kardinal Woelki ist die hauseigene Anti-Kampagne der katholischen Kirche", erläuterte "Dies Irae" am Faschingsdienstag die Aktion selbst auf Twitter. Der Kölner Stadt-Anzeiger wurde auf die Aktion aufmerksam und berichtete, bat außerdem alle Beteiligten um Stellungnahmen. Gegenüber der Zeitung fügten die Aktivisten in Bezug auf den Chefgeistlichen Kölns hinzu: "Dank ihm dezimiert sich das Ansehen der Kirche derartig, da wird selbst der Teufel neidisch." Ihr Mitgefühl gelte all jenen, die unter den Taten von Menschen, die im Namen der Kirche handelten, Leid und Gewalt erfahren hätten. Es ist nicht die erste Aktion der Gruppe dieser Art, auch das Erzbistum Köln und sein Bischof waren bereits in der Vergangenheit Gegenstand ihrer Werbemanipulationen.

Gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger erklärte die die Schaukästen betreibende Firma JCDecaux, rechtliche Schritte prüfen zu wollen. Das Kollektiv betonte, dass es keine Beschädigungen gegeben habe. Es geht also lediglich um das unerlaubte Anbringen von Plakaten. Das Erzbistum Köln scheint derweil in seiner öffentlichen Reaktion dazugelernt zu haben: Wie schon bei vorherigen Plakat-Protesten wolle man nicht juristisch vorgehen, sondern auf Kommunikation setzen; es äußerte sich versöhnlich in dem Kölner Blatt: "Statt übereinander zu sprechen, ist unser Anliegen, miteinander zu sprechen. Dem Erzbistum Köln ist es wichtig, Gedanken, Sorgen und zum Teil konträre Meinungen ernst zu nehmen." Das Bistum wünsche sich, dass die Initiatoren der Aktion dies auch wahrnähmen. Zum Kirchenaustrittsrekord gerade in Köln erklärte die dortige Kirchenleitung außerdem: "Wir nehmen einen deutlichen Anstieg der Austrittszahlen wahr, der uns klar vor Augen führt, dass sich viele Menschen angesichts der derzeitigen Situation ganz bewusst von der Institution Kirche abwenden." Man müsse anerkennen, dass der schmerzvolle Weg der Aufarbeitung und andere Krisen das Vertrauen vieler Menschen in die Kirche heftig erschüttert hätten. Verlorenes Vertrauen wolle das Erzbistum zurückgewinnen.

"Dies Irae" zeigte sich auf Anfrage des hpd zufrieden mit den Reaktionen auf ihre Plakate: "Vor allem mit denen, die wir selbst auf der Straße beobachtet haben. Da waren viele Leute dabei, die sich schlapp gelacht haben und ihrem Groll auf die Kirche freien Lauf ließen." Man hoffe, "dass sich Woelki so lange in der Kirche hält wie möglich, weil er so viel Antipathie auslöst". Dass das Erzbistum keine Anzeige erstatte sei klar, da sie sonst noch mehr Rummel um die Plakate generiert hätten. Das Fazit der Gruppe: "Wir sind happy mit der Aktion. Wir wollten schon länger etwas zu den lustigen Kostümen der Bischöfe zu Karneval machen. Im Nachhinein hätten wir das Motiv lieber 50- statt zehnmal plakatiert."

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