WIEN. (hpd) Ein Gastkommentar in der österreichischen Tageszeitung “Die Presse” erregt die säkulare Szene des Landes. Die Autorin versucht dort, Religion mit einem Angriff auf den Atheismus zu verteidigen.
“Skandal”, “bisheriger journalistischer Tiefpunkt”, “anti-atheistische Hetze”, “Entsetzen über diesen Artikel”. Vertreter der säkularen Szene in Österreich sparen nicht mit deutlichen Worten über einen Gastkommentar in der Tageszeitung “Die Presse” von vergangener Woche.
Alte Propagandalügen aufgewärmt
Unter dem Titel “Wieso wegen des Islamismus die Religion an sich infrage stellen” rechnet die Autorin und Historikerin Gudula Walterskirchen dort mit dem ab, was sie für “radikalen Atheismus” hält. Wegen der Gräueltaten der Terrormiliz IS würden alle Religionen infrage gestellt. “Da werden Uralt-Argumente wie die Kreuzzüge vorgebracht, deren letzter vor mehr als 600 Jahren (!) stattgefunden hat, und die längst nicht mehr Leitlinie der christlichen Kirchen sind. Sogar das Grüß Gott wollen radikale Atheisten abschaffen”, heißt es in der Polemik.
Besonders ein “Argument” der Autorin erregt den Unmut der säkularen Leserschaft: “Es ist jedoch ein Irrtum zu glauben, dem Islamismus mit Bekämpfung der Religionen an sich begegnen zu können. Auch der Atheismus – rassenideologisch im Nationalsozialismus oder materialistisch im Marxismus – hat viele Millionen Tote auf dem Gewissen.”
Eine alte Propagandalüge, die sich vor allem in katholischen Kreisen ungebrochener Beliebtheit erfreut. Oftmaliges Wiederholen macht sie nicht wahrer.
“Niemand lässt sich gerne in die Nähe von Nazischergen rücken”
“Wenn Sie Atheismus und damit Atheisten gleichstellen oder nur in die Nähe von ’- rassenideologisch im Nationalsozialismus….’ bringen, so ist das eine unverschämte Beleidigung aller Agnostiker und Atheisten”, heißt es in einer Reaktion auf den Gastkommentar, die dem hpd vorliegt. Ähnlich der Tenor in anderen Leserbriefen- und Mails, die dem hpd ebenfalls vorliegen.
Gerhard Engelmayer, Vorsitzender des Freidenkerbundes zeigt Verständnis für die heftigen Reaktionen. “Niemand lässt sich gerne in die Nähe von Nazischergen rücken, nur weil er oder sie an keinen Gott glaubt! Die Schergen Hitlers waren mit einem ‘Gott mit uns’ auf der Gürtelschnalle unterwegs.” Und: “Leute als ‘Radikale’ zu bezeichnen, weil sie ‘Tschüss’ oder ‘Achte dich!’ statt ‘Grüß Gott!’ sagen, finde ich penetrant, vor allem angesichts der täglichen News, wozu radikale Religiöse wirklich imstande sind.”
Wie ist es um die Qualitätssicherung der “Presse” bestellt?
Der hpd hat bei der Chefredaktion der “Presse” nachgefragt, wie die nachweislich falsche Behauptung, der Atheismus sei für die Millionen Opfer des Nationalsozialismus verantwortlich, durch die interne Qualitätssicherung auch bei einem Gastkommentar rutschen konnte. Auch wenn Gastkommentare nicht die Blattlinie wiedergeben – ein gewisses Maß an Plausibilität sollten die Behauptungen der Autorinnen und Autoren doch haben. Das liegt im Interesse einer Qualitätszeitung.
Die Zeitung hat diese Frage bislang nicht beantwortet – und die Anfrage an Gudula Walterskirchen weitergeleitet.
“Seit Jahre aggressiv gegen alles Religiöse und Kirchliche”
In ihrer Antwort beschuldigt sie den hpd “seit Jahren aggressiv gegen alles Religiöse und Kirchliche vorzugehen”. Der Reporter und hpd-Chefredakteur Frank Nicolai würden “eine von ihrer Weltsicht abweichende Meinung in Grund und Boden verdammen.” Angriff ist offenbar die beste Verteidigung.
Die eigentliche Frage – warum sie eine Lüge als Tatsache verkauft – ließ sie unbeantwortet.
Immerhin Leserbriefe abgedruckt
Tatsächlich hat der hpd niemals infrage gestellt, dass Gudula Walterskirchen das Recht auf eine eigene Meinung hat. Nur kritisch hinterfragt, ob das auch das Recht auf eigene Fakten beinhaltet. Und die Frage aufgeworfen, was man in der “Presse” als Gastautor ungeprüft als Tatsache behaupten darf.
Die “Presse” hat mittlerweile zumindest mehrere Leserbriefe der säkularen Szene abgedruckt. Ob das den Unmut in der Szene besänftigen kann, wird sich zeigen.
57 Kommentare
Kommentare
Wolfgang Graff am Permanenter Link
Liebe Freunde der säkularen Szene!
Bitte spielt jetzt nicht die beleidigte Leberwurst. Das überlassen wir den Anderen.
Defragmentierung am Permanenter Link
Beleidigte Leberwurst? Nein, sicher nicht.
Stefan Wagner am Permanenter Link
Adolf Hitler war getauft, ist nie aus der Kirche ausgetreten und hat auch als Machthaber mehrfach die Messe besucht.
Schon im März 1933 wurden atheistische Organisationen im deutschen Reich verboten, wenn ich mich recht erinnere, weniger als 2 Monate nach der Machtübernahme, während die Kirchen bis 1945 weiterexistieren durften.
Die Fakten soll man klarstellen - eine Zensur zu fordern liegt mir aber fern. Jeder blamiert sich so gut er kann.
Mark Fraser am Permanenter Link
Was sie schreiben ist korrekt, aber sie lassen eine wichtige Tatsache aus: Hitler verachtete alle Kirchenleute, spottete im Privaten über sie und wünschte sich eine "Auslöschung" der Kirchen ("sie soll
Sein scheinbar kirchenfreundliches Verhalten in der Öffentlichkeit war politischer Taktik geschuldet. Gegenüber Mitgliedern der nicht gleichgeschalteten Bekennenden Kirche ließ er allerdings hart durchgreifen. Da entlarvte sich die keineswegs christenfreundliche Politik der NS-Führer.
Ich empfehle Ihnen die zweibändige Hitler-Biographie von Ian Kershaw.
klauswerner am Permanenter Link
Hallo Herr Fraser,
ich denke sie verwechseln da was - Hitler wie sie richtig schreiben kein Freund der Kirchen, die er als überaltete Konkurrenzorganisation ansah - nicht desto trotz sah er sich als Christ, ja von Gott gerufen.
Sehr häufig wird das aber beides in der Form gleichgesetzt, vorallem bei den Katholiken: da er gegen die Kirche war kann er kein Christ gewesen sein. Das ist aber dumme Polemik und Herausrederei.
Oliver Tausend am Permanenter Link
...was die Kirchen opportunistischerweise nicht davon abgehalten hat, mit dem Regime zu kooperieren, wie sie es stets bei jedem Regime gemacht haben.
Florian S am Permanenter Link
Alles möglich, wenn auch immer schwierig, weil Hitler mal das eine, mal das andere sagte.
Oliver Tausend am Permanenter Link
...er wurde auch nie von der katholischen Kirche exkommuniziert. Dafür hat es bis 1992 (!) gedauert, ehe Galileo rehabilitiert wurde.
Gregor Gerland am Permanenter Link
Der Nazivergleich ist eine hilflose Abwehrfigur der Klerikalen. Jeder kann sich denken, dass unter den, am Ende 8,5 Millionen NSDAP-Mitgliedern auch einige Nichtreligiöse gewesen sein dürften, aber was sagt das aus?
Schwerer noch wiegt aber das eigene Paktieren der Kirchen mit dem Faschismus. Und das nicht nur in Deutschland. Vor allem die Katholen haben jede rechte Diktatur unterstützt. In Spanien beispielsweise waren sie eine der Garanten der Herrschaft Francos.
Die seit 1945 beharrlich gestrickte Widerstandslegende des Christentums, gehört zu den infamsten Lügen des 20. Jahrhunderts. Sie entlarvt zugleich auf sehr bezeichnende Weise die Falschheit dieser Religion. Während nach außen hin eine Fassade ganz besonderer Tugendhaftigkeit präsentiert wird, ist in Wahrheit jedes noch so verkommene Mittel recht, um die eigenen Interessen zu verfolgen.
"Im Namen Gottes" darf gelogen und gefälscht werden, wie immer es beliebt. Darin hat man eine 2000-jährige Erfahrung. "Dieu le veut" ("Gott will es") war schon der Schlachtruf bei den Massakern der Kreuzritter, und der kritische Rekurs darauf ist keineswegs überholt, denn genau jene Verlogenheit setzt sich bis in die Gegenwart fort.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Völlig korrekt. Zudem war das NS-Regime auch bei der Moslembruderschaft sehr beliebt. Alle Religionen waren Fans von ihm, außer natürlich die Juden.
Daniel Meier am Permanenter Link
Die Aussage der Autorin über die verheerenden Auswirkungen atheistischer Konzepte ist historisch völlig korrekt. Die Nationalsozialisten waren überwiegend keine Atheisten und das deutsche Volk ebenfalls nicht.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Atheismus ist lediglich das auf Fakten beruhende Wissen, dass es keinen Gott gibt, wie ihn die großen Buchreligionen postulieren. Nicht mehr und nicht weniger.
Mit diesem Wissen kann man ein friedliches, glückliches und ein für die Gemeinschaft wertvolles Leben führen - oder eben Diktator werden, der einen religiösen Glauben durch eine Staatsideologie und den Jesuskult durch den Personenkult.
Sowohl bei Staatsideologie als auch bei Personenkult haben wir es mit Konzepten zu tun, die auch Religionen ausbeuten: Nämlich die Postulierung, dass es tugendhaft sei an etwas zu glauben, für das es keine Beweise gibt bzw. das sogar empirisch widerlegt wurde.
Mit Atheismus hat letzteres nichts zu tun.
Daniel Meier am Permanenter Link
Atheismus kann sich sicherlich nicht auf Fakten berufen, was allerdings auch selten bestritten wird. - Des Weiteren - wenn man keine letzten Maßstäbe hat, wird die Menschheit eben zum Versuchskaninchen.
Der NS baute auf damals gängigen rassetheoretischen und eugenischen Theorien auf, die in Teilen bspw. auch der Begründer des evolutionären Humanismus J. Huxley vertrat.
Die Kirche trat solchen - typisch atheistischen - Auffassungen von Anfang an entgegen. Später dann, im manifesten NS war sie aus verschiedenen Gründen weithin viel zu unklar. Nur der am wenigsten säkularisierte Teil der Christen leistete Widerstand und die Befreiung kam bezeichnenderweise aus dem für Ideologien aller Art vglw. unanfälligen, frommen USA... Atheismus legt bestimmte reduktionistische, mechanistische, utilitaristische Sichtweisen nahe, woraus sich viele destruktive Entwicklungen ergaben bzw. ergeben.. Hier gibt es auch längst einen intensiven selbstkritischen, säkularen Diskurs, der allerdings von sehr betont atheistischen Zeitgenossen i.d.R. nicht wahrgenommen wird..
Darüber hinaus gab und gibt es aber auch zielgerichteten atheistische Religionshass. Stalin und Mao sahen in Christen und anderen Religiösen verkörperte Irrationalität, die der geistigen und gesellschaftlichen Evolution der Menschheit im Wege steht. Deshalb kam es zu Massentötungen. In Ostasien spielt dieses Denken auch heute noch ein Rolle.. Im Westen ist der Atheismus inzwischen weitgehend domestiziert...
KMeier am Permanenter Link
Für Religiöse ist die Menscheit doch noch immer Versuchskaninchen oder hat irgendjemand inzwischen bewiesen das ein Leben nach einer bestimmten Religion direkt in eine paradisisches Jenseits führt?
Die USA haben gegen die Nazis gekämpft weil die ihnen den Krieg erklärt haben und Großbritannien die USA um Unterstützung gebeten hat und Japan, ein Verbündeter der Nazis, die USA angegriffen hat.
Da sie die USA erwähnen, fällt mir ein, das gerade in den Südstaaten, die noch heute als besonders fromm im Vergleich zu den anderen Bundesstaaten gelten, die Sklaverei viel länger verteidigt wurde und auch die Diskriminierung auf Grundlage einer rassistischen Sichtweise bis in die Mitte des 20. Jhd. in weiten Teilen der Südstaaten als völlige normal und legitim angesehen wurde. Aber vielleicht sehe ich das auch zu reduktionistisch, vielleicht führt viel Frommheit zu scheinbar atheistischen Ideen und eine rassistische Diskriminierung ist gar keine solche wenn sie von frommen Menschen kommt, weil eine Erniedrigung und Misshandlung durch einen Frommen sich vollkommen anders für den Betroffenen darstellt.
Mit ihrer Trollerei mit offensichtlich gigantischen Widersprüchen qualifizieren sie sich bestimmt für eine der Seiten, die in der Artikelreihe Religiöse Rechte erwähnt werden, als Kommentarschreiber.
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
...auch wenn die Wahrheit weh tut, tut ihr das keinen Abbruch.
Vielleicht lesen Sie zum Einstieg das Standardwerk von George L. Mosse, “Die Geschichte des Rassismus in Europa”.. Oder auch Hoffnung Mensch von M. Schmidt-Salomon. Im Gegensatz zu manchem seiner Anhänger erweist er sich dort stellenweise nämlich als erstaunlich lernfähig. Rassismus, Eugenik, Imperialismus, Faschismus, schreibt er da völlig korrekt, seien auf der Grundlage des zur damaligen Zeit grassierenden Sozialdarwinismus entstanden, der sich mit dem klassischen Humanismus der Aufklärer vermischt hätte. Letztere hätten der Sittlichkeit und Vernunft eine alles überragende Stellung eingeräumt und insofern man diese in der eigenen Kultur aufs Vollkommenste verwirklicht sah, hätte man arrogant auf alles menschliche Leben herabgeschaut, dass diesbezüglich im Hintertreffen sei...
KMeier am Permanenter Link
Sie sprechen von Wahrheit, ignorieren aber immer noch den Widerspruch aus ihrem Beitrag vom 2.
Ihr Verweis auf die Vermischung von Sozialdarwinismus und dem klassischen Humanismus der Aufklärer, erklärt immer noch nicht warum Rassismus nun gerade etwas typisches atheistisches sein soll, da die klassischen Humanisten nicht alle Atheisten waren, bei solchen Vorwürfen müssen sie schon konkreter werden, weil der klassische Humanismus kein einzelnes geschlossenes Weltbild ist.
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
siehe Kommentar weiter unten
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
@ Daniel Meier: (Zitat): "Atheismus kann sich sicherlich nicht auf Fakten berufen, was allerdings auch selten bestritten wird." (Zitatende) Wenn ich mir so Atheismus und Theismus nebeneinander betrachte, dan
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
Sie haben ein sehr - ich sags mal vornehm - eingeschränktes Verständnis von Religion. All die Dinge, die Sie da aufzählen, wird nicht mal der fundamentalistischste Fundamentalist so gegenständlich nehmen, wie Sie.
Was hingegen am Nächsten- und Feindesliebegebot rassistisch sein soll, müssten Sie mal näher erläutern. Es waren gerade sehr am NT orientierte Christen (Pietismus), die zu Vorkämpfern der Juden-Gleichstellung wurden; zu einer Zeit, da Aufklärer wie Voltaire oder Kant sich in antisemit. Tiraden ergingen.. Und es war der Evangelikale Wilberforce, der im brit.Parlament die Abschaffung des Sklavenhandels erstritt, während der große Hegel gegen Schwarzafrikaner hetzte und der so aufgeklärte Jefferson nicht von seinen Sklaven lassen wollte...
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
@ Daniel Meier: (Zitat): "All die Dinge, die Sie da aufzählen, wird nicht mal der fundamentalistischste Fundamentalist so gegenständlich nehmen, wie Sie." (Zitatende) Googlen Sie mal "Kreationisten"
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
Das führt jetzt zwar alles ein wenig vom eigentlichen Thema weg.
Nicht nur bei den Anfängen der exakten Wissenschaften findet man entschiedene Christen; die gesamte Wissenschaftsgeschichte hindurch bis in die Gegenwart waren nicht selten gerade die herausragendsten Gestalten in ihrer Forschungstätigkeit tief durch ihren Glauben geprägt: C.F. Gauß, G.W. Leibniz, Blaise Pascal, Robert Boyle, Louis Pasteur, James Clerk Maxwell, Alessandro Volta, André Marie Ampère, Georg Siegfried Ohm, Michael Faraday, der als einer der Begründer der modernen Geologie geltende Charles Lyell, der "Vater der Genetik" Gregor Mendel etc. Auch die Evolutionstheorie – viele vergessen das - wurde von einem engagierten Christen entwickelt - Darwin ging seines Glaubens erst in späteren Jahren verlustig. Max Planck war ebenso tief religiös wie C.F. v. Weizsäcker oder Th. Dobzhansky. Die Urknalltheorie des Theologen und Physikers Georges Lemaître wurde anfangs von Einstein als reichlich biblisch inspiriert belächelt. In der Gegenwart wären bspw. der renommierte Physiker Paul Davis, der Mathematiker und Oxford-Professor John Lennox oder der Genetiker Francis Collins, federführend bei der Entschlüsselung des menschlichen Genoms und Direktor des National Institute of Health (US) oder Francisco J. Ayala, einer der führenden Evolutionsbiologen zu nennen.
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
Und schon wieder ein Feuerwerk an großen Namen, mehr oder weniger willkürlich und ohne Zusammenhang aufgelistet. Man merkt: Hier wird zuerst die Theorie formuliert und dann krampfhaft nach Beweisen dafür gesucht.
Tatsächlich hat sich die moderne Wissenschaft aus dem Humanismus entwickelt, aus der Loslösung vom Diktat der Theologie. Nicht aus dem Atheismus, das würde ich so auch nie behaupten. Aber eben nicht urwüchsig aus der Religion heraus sondern in schwierigen Prozessen, die als Emanzipation von der Metaphysik verstanden werden müssen. Dass dabei die Wiederverbreitung griechischer und römischer Quellen erst die Loslösung von der christlichen Scholastik ermöglichte, widerlegt ja schon die Theorie, das alles sei Konsequenz eines wie auch immer vage verstandenen christlichen oder jüdischen Bildes einer prinzipiell verständlichen Natur. Und eine derart albern naive Sicht der Dinge vernachlässigt natürlich völlig die externen Einflüsse auf die Entwicklung wie etwa die Entdeckung der Neuen Welt, die politischen und die sozialen Umwälzungen wie die zunehmende Urbanisierung etc. etc.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Da irren Sie sich gewaltig. Die einzigen, die die z. B. die Bibel wörtlich nehmen, sind Fundamentalisten und Atheisten.
Ein Wörtlichnehmen der Bibel, Dogmen und sonstigen Glaubensinhalte ist die einzige intellektuell redliche Herangehensweise. Entweder die Bibel ist wahr und sie ist das Wort Gottes oder sie ist es nicht. Dazwischen gibt es nichts.
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
Das Problem hätte sich bereits geklärt, wenn die "humanistische" Zensur hier auch solche Kommentare durchgehen ließe, bei denen die Herren argumentativ ins Schlingern kommen...
Oliver Tausend am Permanenter Link
Ja, und vor lauter Metaphern pflückt sich jeder Gläubige raus, was ihm gerade in den Kram passt.
Und Jesus? Man weiß ja noch nicht einmal sicher, ob es ihn jemals gegeben hat, von daher könnte ich auch Prof. Dumbledore oder Gandalf als Vorbild wählen.
Mal abgesehen davon, was von einer Romangestalt zu halten ist, die ihren eigenen Tod "gefaked" hat. Nicht sehr integer, wenn Sie mich fragen.
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
Die Frage, was in der Bibel geschichtlich korrekt ist, ist zunächst mal zweitrangig gegenüber der Frage, ob Gott in Ihrem Leben Geschichte schreiben kann..
Christlicher Glaube gründet sich auf Einsicht und Erfahrung, nicht auf Buchstaben ... Die Texte sind nicht das, um was es eigentlich geht; sie weisen vielmehr auf das Eigentliche hin.. Das wird manchmal i.d.T. von sog. Fundamentalisten übersehen.. Von ganz liberalen und kritischen Exegeten aber auch..
Ansonsten haben Sie aber auch eine falsche Vorstellung davon, wie Geschichtswissenschaft funktioniert. Was glauben Sie, wie fragil vieles ist, was im Allgem. als völlig gesichert gilt...
Oliver Tausend am Permanenter Link
Sie schreiben:"Die Frage, was in der Bibel geschichtlich korrekt ist, ist zunächst mal zweitrangig."
Nein, das ist es nicht, denn im Gegensatz zu einer historischen Quelle oder eines literarischen Werkes soll es sich angeblich um das Wort Gottes handeln. Da spielt es die entscheidende Rolle, ob diese Beduinengeschichten sich so zugetragen haben oder nicht. Mal abgsehen von den krassen naturwissenschaftlichen Böcken, die die menschlichen Urheber der Bibel geschossen haben.
Weiterhin:"...ob Gott in Ihrem Leben Geschichte schreiben kann..."
Damit sind wir vollkommen im Bereich des Subjektiven angelangt, der vollkommenen Beliebigkeit, man könnte sagen, wie in einem Esoterik-Supermarkt.
Es geht weiter."Die Texte sind nicht das, um was es eigentlich geht; sie weisen vielmehr auf das Eigentliche hin.."
Sie versäumen es zu sagen, was das Eigentliche sein soll und bleiben damit schwammig wie jeder Gläubige in einer Diskussion. Sie verhalten sich wie ein "moving goalpost", wie ein Reh auf der Flucht. Ein klarer Standpunkt wäre tödlich.
Schließlich:"Ansonsten haben Sie aber auch eine falsche Vorstellung davon, wie Geschichtswissenschaft funktioniert."
Da muss ich sie enttäuschen - mir ist sehr wohl bekannt, dass Historiker mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Die Bibel würde hier mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,0001 % abschneiden.
Abgesehen davon nehmen historische Texte auch nicht für sich in Anspruch, das Wort Gottes zu sein.
Warum fällt es den Gläubigen so schwer, aufzuhören die Bibel zu interpretieren und sie einfach zu verwerfen? Es ist eine Frage der Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und intellektuellen Redlichkeit.
Daniel Meier (syn.) am Permanenter Link
In der Bibel ist vieles hist. ganz gut belegt... Ich empfehle die gängige Fachliteratur oder www.bibelwissenschaft.de !
Ansonsten ... Intellektuell redlich und ehrlich wäre es doch, nichts zu verwerfen, bevor man es geprüft hat. Ich bin hier keineswegs unkonkret und es geht absolut nicht um esoterische Beliebigkeit. Lesen Sie doch einmal das NT, es ist außerordentlich präzise! Denken Sie darüber nach, ob die Zustandsschilderungen menschlicher Existenz sich nicht auch genau in den Konflikten Ihres Lebens widerspiegeln. Damit konnten stets auch viele Atheisten einiges anfangen. Brecht, einmal gefragt, welches Buch er mit auf eine einsame Insel nehmen würde, wenn es nur eins sein dürfte antwortete: Sie werden lachen - die Bibel! - Darüber hinaus liegt es dann eben am Leser, ob er Gott in Bezug auf das, was das NT als Ausweg schildert, beim Wort nimmt. Tut er es, wird sich ihm das, was dort geschrieben steht nicht als Enttäuschung, sondern als größte Überraschung seines Lebens erweisen. - Die Bibel ist im Übrigen nicht der Koran und die Juden waren/sind keine Beduinen. Die Funktion der Schrift, also das was den biblischen Wort-Gottes-Chrakter ausmacht, ist in 2. Tim. 3, 16-17 sehr gut beschrieben: "Denn alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Besserung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, daß ein Mensch Gottes sei vollkommen, zu allem guten Werk geschickt." - Sie sehen schon - Kosmologie, Statik oder und Quantenphysik kommen in dieser Funktionsbeschreibung nicht vor. Die Schreiber bezeichnen sich selbst wiederholt als unvollkommen, weshalb es nicht wundern sollte, wenn sie auch mal nebensächliche Dinge durcheinanderbringen. (Wenn Sie Hegel lesen, achten Sie auch auf seine Philosophie, nicht auf hist. od. naturw. Exaktheit... Wenn Sie F. Ayala lesen, wollen Sie Evolutionstheorie besser verstehen, nicht amerikan. Politik). In ihrem geistlichen und anthropologischen Kerngehalt ist die Schrift jedoch konsistent und zuverlässig. Darum gehts und daraus resultiert ihre Kraft, das Leben von Menschen durch und durch positiv zu verändern - heute wie vor 1500 Jahren...
Jens Herbert am Permanenter Link
In Grimms Märchen ist vieles hist. ganz gut belegt. Lesen Sie doch einmal "Rotkäppchen und der Wolf", es ist außerordentlich präzise.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Danke Herr Herbert. Einfacher und plakativer kann man es nicht ausdrücken. Das gleiche Aha-Effekt entsteht, wenn man z. B.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Ist die Bibel nun Wort Gottes oder nicht? Sie haben sich nicht festgelegt.
Das Neue Testament ist äußerst stringent, da gebe ich Ihnen recht, vor allem in seinem Antisemitismus (Paulus-Briefe, Johannes-Evangelium usw.) und seiner Endzeitprophezeihung in der Apokalypse des Johannes, Verzeihung, vornehm heißt es ja "Evangelium", frohe Botschaft also. Nur Psychopathen können sich so etwas ausgedacht haben.
Die Bibel widerspricht sich selbst (unterschiedliche, nicht kompatible Schöpfungsberichte, nicht kompatible Evangelien, die Jahrzehnte nach den angeblichen Ereignissen zusammengestoppelt wurden, um eine "Prophezeihung" zu belegen usw.)
Wenn das alles metaphorisch zu sehen ist, dann frage ich mich:"Als Metapher wofür?"
Warum hat der liebe Gott als angeblicher Schöpfer des Himmels und der Erde ein so haarsträubend schlecht geschriebenes und inhaltlich schlechtes Buch abgeliefert, das man nicht an einem Stück lesen kann, weil man ansonsten Depressionen bekommt und/oder suizidal wird?
Die Antwort ist jedem klar, der sich rein auf den Textbefund und den historischen Kontext stützt: Die Bibel ist menschengemacht, genauso wie die Menschen ihre zahlreichen Götter nach ihrem Ebenbild geschaffen haben und nicht umgekehrt.
Damit muss sich die Bibel als literarisches Produkt mit anderen menschengemachten Werken der Weltliteratur messen lassen (z. B. Shakespeare, Goethe, Schiller, Grimms Märchen...)
Und da schneidet die Bibel brutal schlecht ab.
Im übrigen gilt das von mir Gesagte sinngemäß für alle monotheistischen (Buch)-Religionen. Wobei ich damit nicht gesagt habe, dass Polytheismus oder eine Nicht-Buch-Religion besser sind.
Bitte bedenken Sie: 1 von 7 Amerikanern glaubt an die Apokalypse und daran, dass diese unmittelbar bevorsteht. Amerikanische Evangelikale freuen sich darüber, wenn im Nahen Osten Krieg ausbricht, weil sie das in ihrem Glauben bestätigt, sie zündeln sogar noch mächtig, um die Sache zu beschleunigen. Natürlich glauben diese, dass sie zu den Geretteten gehören - tiefer kann man als Narzisst nicht mehr sinken.
Das Problem ist, dass Sie kein Recht haben, religiöse Extremisten zu kritisieren, solange Sie der Bibel (oder irgendeinem anderen sog. heiligen Buch) auch nur noch ein Restfitzelchen Autorität beimessen.
Betrachten Sie dies bitte einmal vor dem Hintergrund der aktuellen Geschehnisse.
Um es mit Christopher Hitchens zu sagen: "Religion poisons everything."
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
@ Daniel Meier (syn.) (Zitat): "Darum gehts und daraus resultiert ihre [der Bibel] Kraft, das Leben von Menschen durch und durch positiv zu verändern - heute wie vor 1500 Jahren..." (Zitatende) Voraussetzung
Oliver Tausend am Permanenter Link
Klasse Antwort Herr Kammermaier.
Scherz beseite...Himmel und Hölle als Orte gibt es nicht, als Konzepte offenbar schon, denn sonst müssten wir uns ja nicht damit beschäftigen.
Auch ich halte die Kirchen in unseren Landen für äußerlich harmlos - man könnte sie "Wölfe im Schafspelze" nennen. Innerlich harmlos sind sie allerdings ganz und gar nicht, denn sie haben offiziell kaum etwas von ihren anachronistischen Inhalten zurückgenommen - immer noch wird z. B. die Bibel in ihrer Gesamtheit (also AT, NT und die psychotisch-paranoiden Psalmen) als Wahrheit und gültig postuliert. Natürlich sind die Kirchen heutzutage teilweise optional geworden - nur teilweise, da sie wie ein Krebsgeschwür unsere gesamte Gesellschaft durchdrungen haben. Das mafiöse Finanzgebaren und die kirchlich-staatlichen Verflechtungen sprechen hier Bände.
Ich halte die Kirchen für Schläfer, die bei einer für sie günstigen politisch-sozialen Konstellation alles (und ich meine wirklich:alles!) unternehmen werden, um ihre Lehren wieder für alle verbindlich zu machen.
Wozu eine Kirche, die machen kann, was sie will, imstande ist, kann man auch heute noch in Ländern wie El Salvador oder Westafrika ablesen.
In El Salvador wandert eine Frau mit einem natürlichen Abgang in den Knast, weil man ihr unterstellt, sie habe den "Abgang" absichtlich herbeigeführt, also abgetrieben. In Westafrika haben katholische Kardinäle Ebola als Strafe Gottes für Homosexualität bezeichnet. Und der Papst schweigt dazu oder klatscht Beifall.
Nicht anders in Spanien, wo Politiker trotz einer Jugendarbeitslosigkeitsquote von mehr als 50 % nichts Wichtigeres auf der Agenda haben, als zu versuchen, das Abtreibungsrecht auf Betreiben der katholischen Kirche zu verschärfen.
Ganz recht: Religion ist schädlich. Religion poisons everything.
Und darum müssen - auch als Lehre aus dem islamischen Terror - alle Religionen in Frage gestellt werden.
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
"In der Bibel ist vieles historisch ganz gut belegt" ist eine Aussage, die man schon allein aufgrund ihrer Schwammigkeit so nicht stehen lassen. Was ist "vieles"?
Freilich, gerade die Schlüsselstellen und ihre Personen sind historisch nicht belegt. Der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten - nirgendwo ein Hinweis. Nicht mal, dass das Volk Israel jemals in Ägypten gelebt hat. Spekulationen, was damit gemeint sein könnte, gibt's zuhauf. Belege eben keine. Man weiß nicht, ob es den gefeierten König David gegeben hat - wenn es auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit gibt, dass es irgendwann mal einen König (?) namens David gegeben hat. Sein Sohn und Nachfolger Salomon - kein Beleg. Das Exil in Babylon, naja, das ist halbwegs abgesichert. Aber Daniel? Wieder kein Beleg für die Existenz einer Schlüsselfigur in der Bibel. Und so geht's dahin.
Und mit Verlaub, die moralischen Botschaften des Neuen Testaments sind zunächst mal sehr widersprüchlich. Ebenso der "geistliche und anthprologische Kerngehalt". Zumal man ebenso gute Beschreibungen der condition humaine in anderen historischen Werken findet. Seien es die Epen des Homer, sei es die großartige Geschichtensammlung von "1001 Nacht". Dass die Bibel im Allgemeinen und das Neue Testament im Speziellen in unseren Kulturkreis die anderen genannten an Bedeutung überragen - ja, eh. Nur liegt das nicht am Werk selbst sondern an den historischen Umständen.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Klar, die inhaltliche und literarische Qualität der Bibel kann nicht ausschlaggebend für deren Verbreitung sein. Eher ist es der Vertriebspower der kirchlichen Menschenfischer zuzuschreiben.
Gestern abend habe ich mir mit meiner Frau seit langem mal wieder "Cyrano de Bergerac" aus 1990 angesehen. Jetzt ist es nur ein profaner Film, doch was in diesen zwei Stunden Film an Moral und Weisheit drinsteckt, stellt tausende Bibeln in den Schatten, ganz zu schweigen von der literarischen Qualität. Und keiner zwingt mich zu glauben, dass die Figuren Roxane und/oder Cyrano irgendwelche Heilsbringer oder ethische Vorbilder sind - und Gérard Dépardieu ist es ganz sicher auch nicht.
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
Und ein kleines P.S.: Die angegebene Seite "bibelwissenschaft.de" hält einiges an interessanten Informationen bereit. Nur eines ist sie sicher nicht: Eine wissenschaftlich unabhängige Quelle.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Ganz recht Herr Baumgarten. Diese Seite hat einzig und allein das Ziel, den Menschen die Bibel zu verkaufen. So etwas als Wissenschaft zu bezeichnen ist schon frech. Das gleiche trifft natürlich auch auf die sog.
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
Ein Feuerwerk katholischer Rhetorik, wenn auch ein bescheidenes.
Die Aussage, Rassenideologie sei PER SE atheistisch ist - mit Verlaub - Schwachsinn. Sie lässt sich jederzeit in ein religiöses Weltbild einordnen, ohne jegliche Probleme. Man kann sie von einem Schöpfergott herleiten, von einem Demiurgen oder auch ganz ohne Gott begründen. Und ist mit Sicherheit nicht eine tragende Säule eines atheistischen Weltbildes. Bezeichnenderweise spielte sie auch in sich nicht religiös begründenden (und damit noch nicht automatisch atheistischen) Weltanschauungen zu keinem Zeitpunkt eine größere Rolle als in sich religiös begründenden. Somit gibt es keinerlei formale Argumente, warum sie PER SE atheistisch sein soll. Die Aussage ist also unlogisch und damit nicht ernstzunehmen.
Außerdem ignoriert die Feststellung schlicht und ergreifend, wie die Rassenideologie in den Faschismus gekommen ist: Vor allem, ja eigentlich ausschließlich, über schwer esoterische Strömungen: Die Theosophie, die Anthroposophie und die Ariosophie. Die verstanden sich alle drei explizit als Gegenwicht zur Rationalität und zur Areligiosität, ja sogar als Strömung um eben diese Phänomene der Moderne zu überwinden. Genau an diesen Narrativ konnte der Faschismus anknüpfen. Wiederum das Gegenteil von Atheismus.
Die Behauptung, der Widerstand gegen das NS-Regime sei nur vom "am wenigsten säkularisierten Teil der Christen" gekommen, ist unerträgliche Geschichtslüge. Der Großteil des Widerstands wurde von Gewerkschaftern, Kommunisten und Sozialdemokraten getragen. Der so genannte christliche Widerstand beschränkte sich mit ganz wenigen Ausnahmen die längste Zeit auf Kaffeekränzchen des besseren Bürgertums und einer Junker, die einander bestätigten, wie sehr sie doch dieses Regime ablehnten. Der praktische Teil des so genannten christlichen Widerstands wurde hingegen die längste Zeit von den Spitzen der Kirchenhierarchie verdammt, den Leuten wurde in den Rücken gefallen, wenn sie erwischt wurden. Siehe Fall Jägerstätter. Es gibt einige wenige Ausnahmen. Die richteten sich freilich fast immer nur gegen die Wegnahme von Privilegien, praktisch nie gegen das Regime als solches. Das kam erst gegen Ende des Krieges.
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
Im Westen war im ausgehende 19. und beginnende 20. Jh. überall der Sozialdarwinismus populär. Man überlegte, wie man der Evolution gezielt unter die Arme greifen könnte.
Und das waren eben Denkansätze, die für die prägende Religion des Westens völlig untypisch waren. Was wie gesagt nicht heißt, dass nicht auch Religiöse diese übernahmen. Das Christentum ist universalistisch und misst dem Einzelnen eine unveräußerliche Würde bei. Empfehlenswert hierzu: "Texte zur Menschenwürde" von GBS-Beirat F. J. Wetz.. Oder auch für die zentrale Rolle in der westlichen Kulturgeschichte und die Herausbildung westlicher Wertvorstellungen H.A. Winkler...
Interessant in dem Zusammenhang auch die damalige Theorie des Polygenismus, der davon ausging, dass es innerhalb der Menschheit verschiedene Abstammungslinien gäbe woraus sich dann natürlich die vermeindlichen riesigen qualitativen Unterschiede ergaben. Auch diese These wurde schon von Aufklärern vertreten, von der "rückschrittlichen" Kirche, die natürlich davon ausging, dass alle Menschen Geschöpfe Gottes sind, hingegen vehement bekämpft.
Ich habe im Übrigen nicht geschrieben, dass es keinen säkular ausgerichteten Widerstand gab. Es gab andererseits auch unter Kommunisten und Sozialdemokraten viel Begeisterung für Hitler. Auch hierzu Götz Aly, z.B. "Warum die Deutschen? Warum die Juden?" Mir ging es jedenfalls oben um den Teil der Bevölkerung, der sich vom Selbstverständnis her noch als christlich sah. Im Übrigen: http://de.wikipedia.org/wiki/Widerstand_gegen_den_Nationalsozialismus#Religi.C3.B6s_motivierter_und_kirchlicher_Widerstand
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
Und wieder mal elegant herausgewunden. Was an Eugenik und Rassentheorie PER SE atheistisch sein soll, wird in keinem Wort klar.
Man kann natürlich die Behauptung aufstellen, Thesen, die der Lehrmeinung der katholischen Kirche widersprächen, seien PER SE atheistisch. Das kann freilich nur funktionieren, wenn man der katholischen Lehrmeinung zustimmt, außerhalb von ihr gebe es kein Heil.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
@ Christoph Baumgarten: Genauso ist es! Warum nur begreifen wir und viele andere das ohne größere Hirnverwringung, während offenbar Gläubige nicht einmal den Versuch dazu unternehmen.
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
Das sind im Grunde alles Dinge, die von der säkularen Geschichtsforschung, Sozialphilosophie etc.. längst umfänglich und selbstkritisch bearbeitet wurden. Alle von mir angegebenen Autoren, sind Atheisten!
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
Tschuldigung, ein paar aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate und ein bisschen Rhetorik machen noch kein Argument. Der Beweis, dass Rassentheorie PER SE atheistisch ist, wurde hier noch erbracht.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
@ Daniel Meier (sn.): Ich bin gewiss ein ganz und gar militanter Atheist, weil ich, weil ich, tja: Weil ich ganz extrem feste davon überzeugt bin, dass es gar niemals keinen Gott überhaupt nicht geben tut - aber so wa
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
... die Argumente scheinen knapp zu werden.. Mit fiel ein, dass ich vergessen hatte mich zum Protestantismus zu äußern. Hierzu ein Ausschnitt aus dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag:
"Insbesondere in Schottland sowie in England und seinen Kolonien in Nordamerika schufen Protestanten demokratische Strukturen im weltlichen Bereich (John Milton, Oliver Cromwell, John Locke, William Bradford, John Winthrop, Roger Williams, Thomas Hooker, William Penn, George Washington, Thomas Jefferson, John Adams u. a.).[7] Vor allem die amerikanische Demokratie wurde für viele Staaten, darunter Deutschland,[8] zum Vorbild bei der Schaffung ihrer eigenen demokratischen Gesellschafts- und Staatsform. Die prinzipielle Trennung von Geistlichem und Weltlichem war bereits durch Luthers Zwei-Reiche-Lehre vollzogen worden. Indem Luther allen Getauften das allgemeine Priestertum zusprach, wertete er die Laien in der Kirche außerordentlich stark auf; dies führte er unter anderem in seiner Schrift Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe, alle Lehre zu beurteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen von 1523 aus. Dieses demokratische Element wurde im reformierten Bereich durch die Schaffung von Presbyterien (Kirchengemeinderat) und Synoden, deren Mitglieder von den Gemeindegliedern gewählt wurden und in denen Geistliche und Laien gleichberechtigt in der Leitung der Kirche zusammenwirkten, wesentlich verstärkt (kirchliche Selbstregierung).[9]
Das Bildungswesen nahm in den von der Reformation erfassten Gebieten einen starken Aufschwung, da jedes Gemeindeglied in die Lage versetzt werden sollte, die Bibel selbst zu lesen. Philipp Melanchthon erhielt für sein Engagement auf diesem Gebiet den Ehrennamen Praeceptor Germaniae (Lehrer Deutschlands). Das reformatorische Gottes- und Menschenbild hat zur Folge, dass der in Christus erwählte und erlöste Mensch in Bewegung gesetzt wird. Er darf und soll alle ihm vom Schöpfer verliehenen Kräfte, einschließlich Verstand und Vernunft, frei entfalten – im geselligen Umgang, in der Wirtschaft, in den Wissenschaften und in der Kunst. Er darf und soll Gottes gute Schöpfung erforschen und im Sinne von Gen 2,15 LUT nachhaltig nutzen.[10] Dies schuf ein günstiges kulturelles Klima für das Erblühen der Geisteswissenschaften, der Naturwissenschaften und der Technik.[11] Der von dem amerikanischen Soziologen Robert King Merton 1938 entwickelten Merton-These zufolge wurde die naturwissenschaftlich-technologische Revolution des 17. und 18. Jahrhunderts im Wesentlichen von Protestanten, vor allem englischen Puritanern und deutschen Pietisten, getragen.[12][13] Die Naturrechtsjuristen Hugo Grotius und Samuel Pufendorf sowie die Philosophen der englischen und deutschen Aufklärung John Locke, John Toland, Matthew Tindal, Gottfried Wilhelm Leibniz, Christian Wolff, Christian Thomasius, Immanuel Kant sowie der Genfer Jean-Jacques Rousseau entstammten dem Protestantismus und waren von diesem geprägt. Sie griffen Entscheidungen auf, die in der Reformation und in Teilen des frühen Protestantismus getroffen worden waren, und entwickelten sie weiter, z. B. Religionsfreiheit, Gleichheit der Menschen und Demokratie. Beispielsweise leitete Locke, der tief im protestantischen Denken verwurzelt war, die Gleichheit der Menschen, einschließlich der Gleichheit von Mann und Frau, nicht aus philosophischen Prämissen, sondern aus 1. Mose 1,27–28 LUT (Imago Dei) ab.[14] Der Gleichheitsgrundsatz ist unerlässliche Grundlage der rechtsstaatlichen Demokratie. Der bedeutendste Philosoph des Deutschen Idealismus Georg Wilhelm Friedrich Hegel studierte am Evangelischen Stift in Tübingen. Die Ideen der Aufklärung wurden in erster Linie vom protestantischen Bürgertum umgesetzt. Die katholische Kirche lehnte die Aufklärung ab.[15]
Die Reformatoren befürworteten einen Lebensstil, der Fleiß, (Selbst-)Disziplin, Pflichtbewusstsein, Ehrlichkeit, Genügsamkeit, Sparsamkeit und – vor allem bei Calvin – Verzicht auf Luxus einschloss. Max Weber schloss in seiner Protestantischen Ethik , dass dadurch Geld für Investitionen frei wurde, was das Wirtschaftsleben in den protestantisch geprägten Gebieten nachhaltig beflügelte.[16] Webers populäre Thesen halten – zumindest im deutschen Sprachraum – einer empirischen Überprüfung jedoch nicht stand.[17] Heimann schloss, dass Wirtschaft einerseits und Naturwissenschaften und Technik andererseits sich gegenseitig verstärkten, da in der Wirtschaft die jeweils neuesten und effektivsten Erkenntnisse, Methoden und Maschinen zum Einsatz kamen, um die Produktivität zu steigern.[18]
Die entscheidenden Impulse für das Entstehen der Menschenrechte kamen aus dem Protestantismus.[19] Die prinzipielle Trennung von Geistlichem und Weltlichem durch Luther sollte in protestantischen Gebieten und Ländern ein kirchliches Inquisitionsverfahren unmöglich machen. Den Glauben, so Luther, kann man nicht erzwingen. Er ist ein Werk des Heiligen Geistes. Allerdings sah Luther in der Ablehnung des Eides, des Kriegsdienstes und teilweise des Eigentums durch die Täufer eine politische Gefahr für das Gemeinwesen. Deshalb kam es nicht nur in katholischen, sondern auch in lutherischen und reformierten Gebieten zur Verfolgung von Täufern. Diese forderten unermüdlich religiöse Toleranz und traten durch ihr geduldiges Leiden dafür ein. Sie und die ebenfalls verfolgte Minderheitskirche der reformierten Hugenotten praktizierten schon seit ihren Anfängen im 16. Jahrhundert die völlige Trennung von Kirche und Staat.[20] Anfang des 17. Jahrhunderts gingen aus dem englischen Puritanismus unter Einfluss des niederländischen Mennonitismus die baptistischen Kirchen hervor. Baptisten wie John Smyth, Thomas Helwys und Roger Williams traten in Streitschriften vehement für Religionsfreiheit ein. Sie hatten starken Einfluss auf Milton und Locke. In „Milton verkörpern sich alle Toleranzmotive der Zeit in großartiger Einheit. Gewissensfreiheit war ihm christliches und protestantisches Urprinzip und Grundlage aller bürgerlichen Freiheiten. Darum forderte er über Cromwell hinaus völlige Trennung von Staat und Kirche.“[21] Zudem sprach er sich für das Recht auf Ehescheidung und die Pressefreiheit aus. Letztere wurde 1694 in England eingeführt, eine Frucht der Glorreichen Revolution.[22] In einigen englischen Kolonien in Nordamerika wurde die Religionsfreiheit mit demokratischer Selbstverwaltung verknüpft (Roger Williams in Rhode Island (1636); Thomas Hooker in Connecticut (1639); William Penn in Pennsylvania (1682)). Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und die Verfassung der Vereinigten Staaten führten diese Tradition fort.[4] Die Abschaffung der Folter (Christian Thomasius, Friedrich der Große) und der Sklaverei (William Wilberforce, Abraham Lincoln, Harriet Beecher Stowe u. a.) ging hauptsächlich auf die Initiative von Protestanten zurück.[23]
Protestanten fühlten sich von Anfang an verantwortlich für Kranke und sozial Benachteiligte. Es entstanden weltweit Krankenhäuser, Heime und andere Hilfseinrichtungen für behinderte, alte und arme Menschen, in Deutschland beispielsweise Diakonisches Werk und Brot für die Welt. Pioniere waren vor allem Johann Hinrich Wichern und Friedrich von Bodelschwingh sen. Als Reaktion auf die Verelendung großer Teile der Stadt- und Landbevölkerung gründeten in Großbritannien um 1845 Anglikaner und Mitglieder von Freikirchen Genossenschaften als Selbsthilfeorganisationen. In Deutschland schufen der überzeugte Reformierte Friedrich Wilhelm Raiffeisen und der Preuße Hermann Schulze-Delitzsch ab 1862 ein rasch wachsendes Netz von Genossenschaften.[24] Unter dem Druck der „sozialen Frage“ des 19. Jahrhunderts beschloss Preußen während der Kanzlerschaft Otto von Bismarcks von 1881 bis 1889 Sozialversicherungsgesetze.[25] Das humanitäre Völkerrecht erfuhr durch den reformierten Pietisten Henry Dunant eine große Bereicherung. Er war die treibende Kraft hinter der Entstehung der Genfer Konvention, und auf sein Engagement geht das Rote Kreuz zurück.[26]
Der Protestantismus wirkte befruchtend auf die Kunst. Im deutschen Sprachraum konnten jahrhundertelang mehr Menschen die Texte der Kirchenlieder Martin Luthers und Paul Gerhardts auswendig als Gedichte von Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller, die ihrerseits ebenfalls einen protestantischen Hintergrund hatten. Komponisten wie Heinrich Schütz, Georg Friedrich Händel, Johann Sebastian Bach, Johannes Brahms und Felix Mendelssohn Bartholdy schufen Höhepunkte der weltlichen und geistlichen Musik. Die Maler Albrecht Dürer, Lucas Cranach d. Ä. und Lucas Cranach d. J. schlossen sich der Reformation an. Rembrandt, Frans Hals, Vincent van Gogh u. a. entstammten dem niederländischen Protestantismus. Protestantisches Denken und Glauben inspirierte bis in die Gegenwart große Schriftsteller wie William Shakespeare, John Milton, John Bunyan, Friedrich Gottlieb Klopstock, Johann Gottfried Herder, Nathaniel Hawthorne, Jeremias Gotthelf, Conrad Ferdinand Meyer, Samuel Taylor Coleridge, William Wordsworth, Hans-Christian Andersen, Jane Austen, Emily Brontë, Charles Dickens, Wilhelm Raabe, Theodor Fontane, Selma Lagerlöf, Agatha Christie, William Faulkner, Thomas Mann, Friedrich Dürrenmatt, John Updike u.v.a.m."
Christoph Baumgarten am Permanenter Link
Und schon wieder ein Ablenkungsmanöver. Mit dem einen Pseudo-Argument setzen wir uns nicht durch, also machen wir eine weitere Front auf, wo wir wieder mit großen Namen um uns werfen können.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Was Sie als Sozialdarwinismus bezeichnen, ist in Wahrheit Calvinismus - und der ist protestantisch.
Evolution ("Darwinismus") heißt gerade bei einem körperlich schwachen Säugetier wie dem Menschen nicht automatisch und immer "Das Recht des Stärkeren" - sondern Überleben bedeutet auch Kooperation, nicht Altruismus, sondern Zusammenarbeit.
Oliver Tausend am Permanenter Link
OK, was ist dann mit der Tatsache Evolution?
Rüdiger von Gizycki am Permanenter Link
Ich denke, es sollte folgendes nicht vergessen werden. Wer schweres Unrecht auf sich geladen hat und dies im Namen seines Gottes tut oder mit ihm rechtfertigt, kann sich noch lange nicht von der Verantwortung lösen.
Schöne Grüße von Erich Fromm.
Irene Höppner am Permanenter Link
Man beachte das kleine aber feine Wörtchen “kann“.
Gerhard am Permanenter Link
Dazu hier beim hpd: https://hpd.de/node/6805
Daniel Meier (sn.) am Permanenter Link
"gottgläubig" = konfessionslos
http://de.wikipedia.org/wiki/Gottgl%C3%A4ubig
D.Pavlovic am Permanenter Link
Habe neulich gelesen, dass der Papst Woytila zur Jahrtausendwende eingeräumt hat dass die politischen Religionen Kommunismus und Nationalsozialismus Epiphänomene des ausgehenden religiösen Zeitalters waren.
Werner Rupp am Permanenter Link
Wo bleibt mein Kommentar vom 01.10.2014? Warum wird der
nicht veröffentlicht? Haben die Verantwortlichen des hpd etwa Angst???
Denken Sie doch einmal an das Aphorismus von Dr. Schmidt-Salomon, das so lautet:
"Wer die Zensur erlaubt, will das Denken verbieten"
Gabi Siebengrün am Permanenter Link
Die Denkfigur, die diesem Gastkommentar zugrunde liegt ist doch offenbar diese: Es gibt nur einen Gott. Dieser ist katholisch.
Geht man von dieser Atheismusdefinition aus, wird die Aussage im Gastkommentar plausibel. Das Gegenargument ist: Ein solcher Atheismusbegriff ist nicht sehr sinnvoll, weil er alles, was nicht katholisch ist, zusammen in einen einzigen Topf wirft. Das trägt nichts zum Verständnis der Wirklichkeit bei.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Sie haben völlig recht, glasklar. Das zeigt auch, dass alle Gläubigen einer monotheistischen Religion automatisch immer auch Atheisten sind, nämlich Atheisten im Hinblick des Gottes der anderen.
Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben: Auch besagte Gastkommentatorin ist Atheisten, z. B. im Hinblick auf Zeus, Apollo oder Allah.
Oliver Tausend am Permanenter Link
Antwort auf den Diskussionsthread zum Thema "atheistische Diktaturen"
Ich halte es für müßig, darüber zu diskutieren, ob Hitler nun Atheist war oder nicht, nur so viel: Kann ein getauftes Kirchenmitglied per Definition Atheist sein?
Selbst wenn Hitler Atheist war wie Stalin usw. kann niemand die Tatsache verleugnen, dass alle totalitären Systeme auf den gleichen geistigen Grundlagen beruhen, egal ob sie nun säkular oder klerikal sind.
Keiner hat das jemals besser zum Ausdruck gebracht als George Orwell in "The Prevention Of Literature" im Jahre 1946 (!).
Er schreibt: "A totalitarian state is in effect a theocracy, and its ruling caste, in order to keep its position, has to be thought of as an infallible."
Amen.