Hessen:

Ditib ist raus aus dem Religionsunterricht

Die hessische Landesregierung beendet die Zusammenarbeit mit dem türkischen Moscheeverband Ditib. Bislang hatte der aus Ankara gesteuerte Verband Zugriff auf Schüler innerhalb des islamischen Religionsunterrichts.

Verständnislos reagierten Vertreter des Moscheeverbands. Die Entscheidung der hessischen Landesregierung sei enttäuschend und ein falsches und fatales Zeichen. Die Nähe zur türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit den Einfluss aus Ankara sehen die Vertreter der Ditib weiterhin nicht als Grund, die Zusammenarbeit mit demokratischen Institutionen zu hinterfragen.

Laut Hessenschau zitierte Kultusminister Alexander Lorz am Dienstag aus einem Gutachten, nach dem Ditib Hessen das letzte Glied einer Weisungskette bilde, "die über den Bundesverband zur türkischen Religionsbehörde Diyanet führt, die ihrerseits unmittelbar dem türkischen Staatspräsidenten untersteht". Und schon allein deshalb verfüge der Landesverband nicht über die institutionelle Unabhängigkeit, die er brauche, um selbstbestimmt seine Aufgabe als Religionsgemeinschaft erfüllen zu können.

Grundlage war eine Prüfung der Zusammenarbeit zwischen dem Land Hessen und dem Moscheeverband Ditib nach dem Putschversuch in der Türkei im Jahr 2016. Es gebe Zweifel an der Unabhängigkeit von Ditib vom türkischen Staat. Diese Zweifel seien nicht ausgeräumt worden, heißt es aus Wiesbaden:

"Der hessische Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz hat heute nach eingehender Prüfung der von DITIB Landesverband Hessen e. V. ('DITIB Hessen') eingereichten Unterlagen und auf Basis aktualisierter gutachterlicher Einschätzungen von Prof. Dr. Mathias Rohe (islamwissenschaftlich), Dr. Günter Seufert (turkologisch) und Prof. Dr. Josef Isensee (verfassungsrechtlich) mitgeteilt, dass die Vollziehung des Bescheids von 2012 zur Einrichtung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts in Kooperation mit DITIB Hessen zum Ende des laufenden Schuljahres ausgesetzt wird. Dies bedeutet, dass ab dem neuen Schuljahr 2020/2021 der fragliche Religionsunterricht bis auf Weiteres nicht mehr erteilt wird; eine diesbezügliche Kooperation mit DITIB Hessen findet nicht mehr statt." (Quelle: Kultusministerium Hessen)

Ditib regierte darauf mit dem lapidaren Hinweis, dass die vorgebrachten Vorwürfe des Kultusministeriums nicht haltbar seien. Eine Begründung blieb der Moscheeverband bislang schuldig. In einer Pressemitteilung vom 13. Februar 2020 geht Ditib noch davon aus, dass "vorgebrachte Zweifel bezüglich der Eignung (…) sich mit Blick auf die Nachfolgegutachten des Landes Hessen (…) nicht bestätigt" haben.

Die Entscheidung des hessischen Kultusministeriums war lange überfällig und sollte auch in anderen Bundesländern zu Konsequenzen führen. Ein ganz aktuelles Beispiel: Ali Erbas ist Chef der türkischen Religionsbehörde und Vorgesetzter von rund 1.000 Imamen in Deutschland. Er wetterte in einer Predigt gegen Homosexualität und "Unzucht". Homosexualität führe seiner Meinung nach "zu Krankheiten und lasse 'Generationen verrotten'." Der 48-jährige Theologieprofessor Erbas wurde 2017 von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan in dieses Amt berufen und gilt als dessen enger Vertrauter. 2018 eröffneten sie gemeinsam die Ditib-Zentralmoschee in Köln.

Die Zusammenarbeit des Landes mit der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde bleibt von der Entscheidung des hessischen Kultusministeriums unberührt. Doch auch hier stellt sich die Frage, ob es wirklich notwendig ist, Kindern traditionelle Geschlechterverhältnisse und patriarchale Rollenzuordnungen zwischen Mann und Frau beizubringen sowie die religiösen Lehren über (weltliche) Gesetze zu stellen. (Vgl. dazu den Bericht einer Aussteigerin im hpd.) Zudem vertritt der Vorsitzende der weltweiten Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat, Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, die Auffassung, dass Atheismus die größte Bedrohung für die westliche Kultur darstelle.

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