Knapp zwei Monate nach der evangelischen Kirche hat nun auch die katholische Kirche ihre Austrittszahlen für das Jahr 2023 vorgelegt. Während der evangelischen Kirche im vergangenen Jahr 380.000 Mitglieder den Rücken kehrten, waren es bei den Katholiken nach Mitteilung der Deutschen Bischofskonferenz 402.649 Menschen. Im Jahr 2022 hatte die Zahl noch höher gelegen. Da waren es bei den Katholiken sogar 522.821 Austritte gewesen. Dass dieser Negativrekord nicht erneut eingestellt oder gar überschritten wurde, mag auf den ersten Blick ein Trost für die katholische Kirche sein. Doch Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, mag sich die Zahlen nicht schönreden.
"Die Zahlen sind ein Indikator der Wirklichkeit. Wir müssen uns ehrlich machen und Entwicklungen wahrnehmen", sagte er. Das Missbrauchsthema sprach Bätzing in seiner Erklärung nicht an, sagte aber: "Die Zahlen sind alarmierend. Sie zeigen, dass die Kirche in einer umfassenden Krise steckt." Doch er gab sich kämpferisch: Resignation, Angst oder Rückzug seien die falschen Antworten auf die Entwicklungen und Herausforderungen. Es brauche Reformen, die vielleicht dazu führten, dass Menschen wieder Vertrauen in die Veränderungsfähigkeit der Kirche gewinnen. Die Kirche solle nach Zukunftsfeldern suchen, die nahe an der Lebenswirklichkeit der Menschen seien.
A propos Lebenswirklichkeit: Als die Zahlen nun auch auf der Plattform domradio.de veröffentlicht wurden, stellte die Redaktion schnell noch einen Artikel über die Konsequenzen eines Kirchenaustritts dazu. Nach dem Motto: Überlege, was Du machst! Klar, Kirchensteuer lasse sich sparen. Aber man solle auch an das denken, was man verliere: Kommunion, Beichte, Krankensalbung – all das gehe nicht mehr. Kirchliche Hochzeit, Taufe des Kindes, kirchliches Begräbnis – ganz schwierig. Und ja, selbst mit der Mitgliedschaft in einem katholischen Schützenverein könne es Probleme geben.
Ende des vergangenen Jahres gehörten der katholischen Kirche in Deutschland noch 20,3 Millionen Menschen an. Schon in diesem Jahr könnten es erstmals unter 20 Millionen sein. Die evangelische Kirche zählte Ende vergangenen Jahres noch 18,56 Millionen Mitglieder. Wie dramatisch der Schrumpfungsprozess ist, zeigt dieser Vergleich: Hatten die katholische und evangelische Kirche zusammen im Jahr 1992 noch 57 Millionen Mitglieder, so waren es Ende vergangenen Jahres nur noch knapp 39 Millionen. Eine ausführliche Statistik zu den Kirchenaustritten bei den christlichen Kirchen seit 1953 findet sich auf der Website der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid).