Kommentar zum "House of One"

Das Haus des Einen zahlen alle

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Geplanter Standort für das "House of One" in Berlin-Mitte.
Geplanter Standort für das "House of One" in Berlin-Mitte.

Nun geht es tatsächlich los! In Berlin wird mit der Errichtung des Sakralbaus "House of One" begonnen. Gestern war Grundsteinlegung für ein religiöses Gebäude, das zu großen Teilen aus Steuermitteln bezahlt werden wird.

Der Humanistische Pressedienst berichtete bereits im Januar 2019 über das erstaunlich wenig diskutierte und noch weniger kritisierte Projekt: Soll hier doch auf dem teuersten und historischsten Grund und Boden der Hauptstadt ein gemeinsames Gebetshaus für (evangelische) Christen, Juden und der Gülen-Bewegung nahestehenden Moslems errichtet werden.

Das an sich wäre nicht sonderlich bemerkenswert, wenn die zukünftigen Nutzer und Bauherren ihren Bau selbst finanzieren würden. Jedoch soll das bescheidene Bauwerk schlappe 47 Millionen Euro kosten. Davon sollen 30 Millionen von den Steuerzahlern übernommen werden. Was in einer Stadt wie Berlin, wo die große Mehrheit der Bevölkerung mit Religionen nichts mehr am Hut hat, eigentlich Irritationen auslösen sollte.

10 Millionen gibt der Senat der stets klammen Hauptstadt; 20 Millionen der Bund. Das ergibt die stolze Summe von 30 Millionen Euro staatlicher Mittel. Die Religionsgemeinschaften steuerten bisher 9 Millionen bei; es bleibt eine Finanzierungslücke in Höhe von knapp 8 Millionen Euro. Diese soll über weitere Spenden geschlossen werden. Sprich: Die Religionsgemeinschaften – die Bauherren also – haben gerade mal etwas mehr als die Hälfte ihres sowieso schon geringen Anteils an den Baukosten zusammen.

Wie man weiß, werden Großprojekte immer teurer als geplant. Woher dann das Geld kommen soll? Aus Spenden sicherlich nicht. Es ist leider anzunehmen, dass auch hier wieder die Allgemeinheit einspringen wird: Wen interessiert schon die völlig verschlafene Digitalisierung der Berliner Schulen (Wer mag ausrechnen, wie viele Laptops man für 10 Millionen Euro den Schülern und Schülerinnen Berlins zur Verfügung hätte stellen können?) oder der Zustand der Straßen, der Kultur oder der Infrastruktur? Geht es doch um ein Prestigeprojekt der Stadt und der Republik.

Auf Kritik reagiert die Berliner CDU äußerst empfindlich. So antwortete sie auf die Nachfrage eines Kritikers: "Das gelebte partnerschaftliche Verhältnis zwischen Kirche und Staat ist eine wesentliche Basis für den gesellschaftlichen Frieden in unserem Land. Die Präambel des Grundgesetzes beginnt mit einem Gottesbezug. Das Grundgesetz ist monotheistisch geprägt und das Verhältnis von Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften und Staat daher partnerschaftlich. Unser Staat bekennt sich zur Existenz eines Gottes und bezieht diesen in sein Wirken und Handeln ein." (Hervorhebung durch den Autor) 

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) – der im Übrigen den Vorsitz des Kuratoriums der Stiftung innehat, die das Projekt unterstützt – wird in einem (komplett unkritischen) Artikel des rbb zitiert: Für ihn sei das "House of One" ein Signal für Verständigung, für Kooperationen, für ein voneinander und miteinander Lernen. Er wie auch andere Politiker und Kommentatoren blenden dabei völlig aus, dass nur noch rund 30 Prozent der Berliner Bevölkerung einer Kirche angehören. Berlins Bürgermeister Müller schließt also die Mehrheit der Berliner von vornherein aus diesem Dialog aus. Was angesichts der hehren Ziele schon etwas irritierend ist: "Ein solches Projekt zeigt, wie wichtig es ist, dass man miteinander spricht, dass man versucht, denjenigen zu verstehen, der anders aussieht, der aus einer anderen Gegend kommt, der an etwas anderes glaubt." (Pfarrer Gregor Hohberg in der Deutschen Welle)

Wenn sich dieses Miteinander auf die Angehörigen der drei beteiligten Religionsgemeinschaften bezieht – weshalb zahlt dann die Allgemeinheit?
Eine Frage, die sich offenbar keiner der Beteiligten stellt.

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