Verbannt sie aus der Medizin!

Homöopathie ist Volksverdummung

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Wer an Verschwörungstheorien glaubt, der glaubt auch eher an die Wirkung von Globuli – das wollen Mainzer Wissenschaftler kürzlich herausgefunden haben. Während Verschwörungstheoretiker im Alltag belächelt werden, werden Homöopathie-Anhänger ausgerechnet von höchster Stelle in ihrem Glauben bestärkt: Ärzte bieten entsprechende Therapien an und Krankenkassen erstatten die Behandlungskosten. Letztendlich handelt es sich dabei um eine grobe Fehlinformierung und Verdummung der Bevölkerung. Aus ethischer Sicht gehören Homöopathika dringend aus Arztpraxen und Apotheken verbannt.

Während sich Homöopathika in England gerade endgültig aus dem öffentlich-finanzierten Gesundheitssystem verabschieden, werden die Scheinmedikamente im deutschsprachigen Raum weiter von Krankenkassen finanziert. Denn hier ist Homöopathie besonders beliebt: in Deutschland bringen die Präparate jährlich dreistellige Millionenbeträge ein. Die Schweiz gilt führenden deutschen Homöopathen aufgrund ihrer Homöopathie-freundlichen Politik sogar als Vorbild.

Trotz immer wieder aufflammender Kritik an der umstrittenen Heilmethode verlaufen kritische Diskussionen regelmäßig im Sand. Die Angst ist groß, die Homöopathie-Anhänger in ihrem Glauben zu verletzen oder ihnen die vermeintlich unschädlichen Mittelchen vorzuenthalten, wo sie ihnen subjektiv doch helfen. Gerade aus ethischen Gründen, so meinen manche Befürworter, sollten die Präparate einen Platz in der Medizin haben.

Homöopathie gehört gerade aus ethischen Gründen aus der Medizin verbannt

Was im ersten Moment plausibel klingt, erweist sich bei näherer Betrachtung als gefährlicher Trugschluss. Denn das offizielle Bekenntnis der Medizin zur Unwissenschaftlichkeit ist gerade aus ethischer Sicht höchst problematisch. Wenden Ärzte und Apotheker Homöopathie an und erstatten Krankenkassen sogar die Behandlungskosten, signalisieren sie den Patienten implizit, dass es irrelevant ist, ob es für die Wirksamkeit der Therapie wissenschaftliche Belege gibt oder nicht.

Tatsächlich sind die angeblichen Wirkmechanismen der Homöopathie mit dem heutigen Wissen über Physik, Chemie und Pharmakologie unvereinbar. Zahlreiche, nach wissenschaftlichen Standards durchgeführte Studien lassen keinen Zweifel daran, dass Homöopathika über einen Placebo-Effekt hinaus keine Wirkung haben.

Wenn medizinische Autoritäten Patienten darin bestärken, an mysteriöse Kräfte zu glauben, die mit dem heutigen Wissen unvereinbar sind, ist das nichts anderes als eine bewusste Fehlinformierung.

Desinformation untergräbt die Autonomie von Patienten

Zu den obersten Pflichten von Ärzten und Apothekern gehört, die Entscheidungsfähigkeit von Patienten zu stärken. Dazu müssen sie ihre Patienten nach bestem Wissen über Erkrankungen und Behandlungsmöglichkeiten aufklären. Nur informierte Patienten können selbstbestimmte, autonome Entscheidungen über ihre medizinischen Behandlungen treffen.

Mit wachsendem technologischem Fortschritt wird es für Patienten immer schwieriger, Therapiepläne nachvollziehen zu können und medizinische Entscheidungen für sich oder Angehörige zu treffen. Ein zentraler Aspekt einer guten medizinischen Behandlung besteht deshalb darin, die Patienten auf einen zeitgemäßen Wissensstand zu bringen. Nur gut informierte Patienten sind mündige Patienten.

Wenn medizinische Autoritäten Patienten allerdings signalisieren, dass wissenschaftliche Belege für Heilmethoden irrelevant sind, kann das fatale Konsequenzen haben und sich auf alle medizinischen Entscheidungen der Patienten auswirken.

Bei der Behandlung einer Erkältung mag das nebensächlich sein, bei einer ernsthaften Erkrankung kann fehlgeleitetes medizinisches Wissen allerdings tödliche Folgen für Patienten haben. Immer wieder vertrauen Patienten buchstäblich bis in den Tod auf "alternative" Verfahren und verweigern für sich oder ihre Angehörigen so lange wirksame Behandlungen, bis es zu spät ist.

Fehlinformierte Bürger schaden sich und der Gesellschaft

Am Beispiel der steigenden Zahlen an Impfgegnern ist zu sehen, wie die Ablehnung der evidenzbasierten Medizin nicht nur Patienten und ihren Angehörigen schadet, sondern zur akuten Gefahr für eine ganze Gesellschaft wird.

Doch die Fehlinformierung der Patienten wirkt sich womöglich nicht nur auf ihre medizinischen Entscheidungen, sondern auch auf andere Lebensbereiche aus. Und zwar auf alle Bereiche, in denen es um die Bewertung wissenschaftlicher Evidenz geht. Weitreichende gesellschaftspolitische Entscheidungen – etwa zum Einsatz von Gentechnik, zur Forschung an Stammzellen oder zur Klimapolitik – werden davon beeinflusst, wie Wähler zu diesen Themen stehen. Letztendlich also davon, wie gut oder schlecht eine Bevölkerung über naturwissenschaftliche Themen informiert ist und wie gut sie wissenschaftliche Daten bewerten kann.

In einem Zeitalter, in dem das Wissen stetig wächst und von Einzelpersonen nicht im Ansatz zu überblicken ist, ist es extrem wichtig, dass sich die Bevölkerung auf die Einschätzung Sachverständiger verlassen kann. Mündige Bürger verdienen es, von Experten egal welcher Art über den aktuellen Wissensstand des jeweiligen Fachgebiets aufgeklärt zu werden. Dass Ärzte und Apotheker sich in weißen Kitteln vor Patienten stellen und ihnen eine esoterische Pseudowissenschaft verkaufen, die aus einer Zeit stammt, in der die letzte Hexe in Europa ermordet wurde, ist verantwortungslos.

Tatsächlich wäre es problemlos möglich, den Placebo-Effekt in der Medizin zu nutzen, ohne Patienten systematisch zu desinformieren. Der Effekt ist kein Alleinstellungsmerkmal von Homöopathika und lässt sich mit unzähligen anderen Methoden auslösen. Homöopathie in der Medizin ausgerechnet aus ethischen Gründen zu verteidigen, führt ad absurdum. Sie sollte endlich in die Süßigkeitenregale von Supermärkten verbannt werden.