Wer an Verschwörungstheorien glaubt, der glaubt auch eher an die Wirkung von Globuli – das wollen Mainzer Wissenschaftler kürzlich herausgefunden haben. Während Verschwörungstheoretiker im Alltag belächelt werden, werden Homöopathie-Anhänger ausgerechnet von höchster Stelle in ihrem Glauben bestärkt: Ärzte bieten entsprechende Therapien an und Krankenkassen erstatten die Behandlungskosten. Letztendlich handelt es sich dabei um eine grobe Fehlinformierung und Verdummung der Bevölkerung. Aus ethischer Sicht gehören Homöopathika dringend aus Arztpraxen und Apotheken verbannt.
Während sich Homöopathika in England gerade endgültig aus dem öffentlich-finanzierten Gesundheitssystem verabschieden, werden die Scheinmedikamente im deutschsprachigen Raum weiter von Krankenkassen finanziert. Denn hier ist Homöopathie besonders beliebt: in Deutschland bringen die Präparate jährlich dreistellige Millionenbeträge ein. Die Schweiz gilt führenden deutschen Homöopathen aufgrund ihrer Homöopathie-freundlichen Politik sogar als Vorbild.
Trotz immer wieder aufflammender Kritik an der umstrittenen Heilmethode verlaufen kritische Diskussionen regelmäßig im Sand. Die Angst ist groß, die Homöopathie-Anhänger in ihrem Glauben zu verletzen oder ihnen die vermeintlich unschädlichen Mittelchen vorzuenthalten, wo sie ihnen subjektiv doch helfen. Gerade aus ethischen Gründen, so meinen manche Befürworter, sollten die Präparate einen Platz in der Medizin haben.
Homöopathie gehört gerade aus ethischen Gründen aus der Medizin verbannt
Was im ersten Moment plausibel klingt, erweist sich bei näherer Betrachtung als gefährlicher Trugschluss. Denn das offizielle Bekenntnis der Medizin zur Unwissenschaftlichkeit ist gerade aus ethischer Sicht höchst problematisch. Wenden Ärzte und Apotheker Homöopathie an und erstatten Krankenkassen sogar die Behandlungskosten, signalisieren sie den Patienten implizit, dass es irrelevant ist, ob es für die Wirksamkeit der Therapie wissenschaftliche Belege gibt oder nicht.
Tatsächlich sind die angeblichen Wirkmechanismen der Homöopathie mit dem heutigen Wissen über Physik, Chemie und Pharmakologie unvereinbar. Zahlreiche, nach wissenschaftlichen Standards durchgeführte Studien lassen keinen Zweifel daran, dass Homöopathika über einen Placebo-Effekt hinaus keine Wirkung haben.
Wenn medizinische Autoritäten Patienten darin bestärken, an mysteriöse Kräfte zu glauben, die mit dem heutigen Wissen unvereinbar sind, ist das nichts anderes als eine bewusste Fehlinformierung.
Desinformation untergräbt die Autonomie von Patienten
Zu den obersten Pflichten von Ärzten und Apothekern gehört, die Entscheidungsfähigkeit von Patienten zu stärken. Dazu müssen sie ihre Patienten nach bestem Wissen über Erkrankungen und Behandlungsmöglichkeiten aufklären. Nur informierte Patienten können selbstbestimmte, autonome Entscheidungen über ihre medizinischen Behandlungen treffen.
Mit wachsendem technologischem Fortschritt wird es für Patienten immer schwieriger, Therapiepläne nachvollziehen zu können und medizinische Entscheidungen für sich oder Angehörige zu treffen. Ein zentraler Aspekt einer guten medizinischen Behandlung besteht deshalb darin, die Patienten auf einen zeitgemäßen Wissensstand zu bringen. Nur gut informierte Patienten sind mündige Patienten.
Wenn medizinische Autoritäten Patienten allerdings signalisieren, dass wissenschaftliche Belege für Heilmethoden irrelevant sind, kann das fatale Konsequenzen haben und sich auf alle medizinischen Entscheidungen der Patienten auswirken.
Bei der Behandlung einer Erkältung mag das nebensächlich sein, bei einer ernsthaften Erkrankung kann fehlgeleitetes medizinisches Wissen allerdings tödliche Folgen für Patienten haben. Immer wieder vertrauen Patienten buchstäblich bis in den Tod auf "alternative" Verfahren und verweigern für sich oder ihre Angehörigen so lange wirksame Behandlungen, bis es zu spät ist.
Fehlinformierte Bürger schaden sich und der Gesellschaft
Am Beispiel der steigenden Zahlen an Impfgegnern ist zu sehen, wie die Ablehnung der evidenzbasierten Medizin nicht nur Patienten und ihren Angehörigen schadet, sondern zur akuten Gefahr für eine ganze Gesellschaft wird.
Doch die Fehlinformierung der Patienten wirkt sich womöglich nicht nur auf ihre medizinischen Entscheidungen, sondern auch auf andere Lebensbereiche aus. Und zwar auf alle Bereiche, in denen es um die Bewertung wissenschaftlicher Evidenz geht. Weitreichende gesellschaftspolitische Entscheidungen – etwa zum Einsatz von Gentechnik, zur Forschung an Stammzellen oder zur Klimapolitik – werden davon beeinflusst, wie Wähler zu diesen Themen stehen. Letztendlich also davon, wie gut oder schlecht eine Bevölkerung über naturwissenschaftliche Themen informiert ist und wie gut sie wissenschaftliche Daten bewerten kann.
In einem Zeitalter, in dem das Wissen stetig wächst und von Einzelpersonen nicht im Ansatz zu überblicken ist, ist es extrem wichtig, dass sich die Bevölkerung auf die Einschätzung Sachverständiger verlassen kann. Mündige Bürger verdienen es, von Experten egal welcher Art über den aktuellen Wissensstand des jeweiligen Fachgebiets aufgeklärt zu werden. Dass Ärzte und Apotheker sich in weißen Kitteln vor Patienten stellen und ihnen eine esoterische Pseudowissenschaft verkaufen, die aus einer Zeit stammt, in der die letzte Hexe in Europa ermordet wurde, ist verantwortungslos.
Tatsächlich wäre es problemlos möglich, den Placebo-Effekt in der Medizin zu nutzen, ohne Patienten systematisch zu desinformieren. Der Effekt ist kein Alleinstellungsmerkmal von Homöopathika und lässt sich mit unzähligen anderen Methoden auslösen. Homöopathie in der Medizin ausgerechnet aus ethischen Gründen zu verteidigen, führt ad absurdum. Sie sollte endlich in die Süßigkeitenregale von Supermärkten verbannt werden.
42 Kommentare
Kommentare
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Jens Spahn hat in der Flüchtlingskrise eingenständiges Denken gezeigt. Seitdem er Minister ist, in zwei Fragen (Schwangerschaftabbruch und Sterbehilfe) wirkt er eher ferngesteuert.
Peter Bordych am Permanenter Link
Die Schlußfolgerung "wer an Verschwörungstheorien glaubt, der glaubt auch an die Heilkraft von Globuli" finde ich sehr fragwürdig.
nk am Permanenter Link
da steht ja auch "der glaubt auch eher..". Das ist ein Unterschied.
Peter Bordych am Permanenter Link
Stimmt, das ist ein Unterschied, aber auch eine nicht belegbare Behauptung. :-)
Sven F am Permanenter Link
Wieso ist "eher" nicht belegbar? Schon mal was von statistischen Korrelationen gehört? Die größer oder kleiner sein können?
Wohlbemerkt, ich behaupte nicht, dass dies im konkreten Fall so wäre. Nur das "eher"-Behauptungen sehr wohl belegt werden können.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Nein Herr Bordych,
Verschwörungstheoretiker sind laut der Studie erfüllt von tiefem Misstrauen gegenüber Institutionen und
Sie glauben zum Beispiel, dass die NASA die Mondlandung nur vorgetäuscht hat, leugnen den Klimawandel und sehen überall verborgene Mächte am Werk.
Bei der Befragung von knapp 600 Freiwilligen in Deutschland und den USA zeigte sich ein klarer Zusammenhang: Menschen mit Verschwörungsmentalität ziehen alternative Heilmethoden vor. Sie nutzen zum Beispiel deutlich eher Bachblüten und Globuli als Antibiotika.
Das sind ERGEBNISSE einer Studie und keine Behauptungen oder Meinungsäußerungen.
Warum bestreiten Sie das? Können Sie nicht lesen?
struppi am Permanenter Link
Vor allem, was soll dieser "zusammenhang" aussagen?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Es wird kein Zusammenhang dargestellt, sondern eine Korrelation.
Anderer Max am Permanenter Link
Wirkungslose Zuckerkügelchen bleiben wirkungslose Zuckerkügelchen.
Und wer an unbelegten Schwachsinn glaubt, der ist halt auch anfällig für Verschwörungstheorien.
Seit das Interwebz die Debatte bestimmt, wird ja jeder Schwachsinn, den irgendwer äußert salonfähig, alleine dadurch, dass es irgendwo aufgeschrieben wurde.
Unbelegt bleibt unbelegt, egal ob Zuckerkügelchen oder Kabelklang. Und auch egal, ob ich dran glaube, oder nicht.
Peter Bordych am Permanenter Link
Keine Ahnung, wogegen dieses Statement jetzt als Argument dienen soll, aber wenn Sie das so sehen, bitteschön.
Silvia Spörk am Permanenter Link
Wurde schon einmal untersucht, bis zu welcher Potenz homöopathische Mittel von Hunden oder anderen Tieren mit guten Nasen erschnüffelt werden können?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Niemand bestreitet die Wirkung homöopathischer Produkte, die einen Wirkstoff in pharmakologisch relevanten Konzentrationen enthalten. Nur: DANN SIND DAS KEINE HOMÖOPATHIKA MEHR, sondern normale Arzneimittel.
JensE am Permanenter Link
@Silvia Spörk am 27. August 2018 - 16:29
Ja. Die Physik, die Chemie und die Biologie wird schon seit 100 Jahren, dass die Homöopathie nichts ist außer Scharlatanerie.
Thomas am Permanenter Link
"Ist eine komplette Ablehnung der Homöopathie tatsächlich gerechtfertigt, auch bei niedrigen Potenzen?"
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libertador am Permanenter Link
Niedrige Potenzen enthalten noch Bestandteile des Ausgangsstoffes. Das macht aber die Kügelchen nicht wirksam.
Außerdem würde das Eingeständnis der wirksamen Niedrigpotenzen die Theorie in den Grundfesten angreifen, da Hochpotenzen wirksamer sein sollen.
Christof Hoppe am Permanenter Link
Homöopathie gehört sofort verboten; allerdings gibt es eine Diskrepanz zwischen der deutschen schulmedizinischen Praxis und der internationalen wissenschaftlichen Medizin: US Mediziner hatten z. B.
So das ist meine Meinung.
MfG
C.Hoppe
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Weisheiten haben, aber ein GP kann im Allgemeinen mit MCS genauso viel anfangen wie ein deutscher Allgemeinmediziner.
Anna Eisentraut am Permanenter Link
Ich verstehe nicht, dass jemand wie Sie, Frau Marisa Kurz, die Biochemie und Philosophie studiert, eine solche Meinung vertreten kann.
Im Übrigen haben Wissenschaftler erst seit kurzem festgestellt, dass auch Bäume so etwas wie fühlen und kommunizieren. Wie genau das von statten geht ist auch noch nicht ganz belegt, aber dass es passiert. So ist es auch mit der Homöopathie. Sicher sollten Ärzte und Apotheker immer über alle Möglichkeiten informieren. Doch finde ich es sehr vermessen, dass Sie hier verlangen die Homöopathie aus Praxen und Apotheken zu verbannen. Sollte nicht jedem ermöglicht werden seine ganz eigene Heilmethode zu finden?
Wie wäre es, wenn Sie sich außerdem noch mit ganzheitlicher Medizin, wie sie noch viel in Asien praktiziert wird, beschäftigen. Der Mensch und alles Lebendige besteht nicht nur aus Kohlenwasserstoffen und Flüssigkeiten. Mit besten Grüßen A. E.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Wenn Homöopathie richtig wäre, dann hat sich ein Herr namens Avogadro sich mit paar Größenordnungen verzählt.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Werte Frau Eisentraut, vllt. sollten Sie zunächst von dem hohen Ross herunterkommen und Ihre Argumentation ändern? Letztere ist in etwa so wie wenn ich Ihnen raten würde, sich um Erkenntnistheorie zu bemühen.
Joseph Kuhn am Permanenter Link
@ Anna Eisentraut:
Einmal angenommen, Bäume würden wirklich in dem Sinne "fühlen", wie wir das Wort bei Menschen gebrauchen (was falsch ist): Dass sich daraus irgendetwas für die Wirksamkeit der Homöopathie ergibt, ist eine klassische Form des "esoterischen Fehlschlusses" (http://scienceblogs.de/gesundheits-check/2016/01/31/der-esoterische-fehlschluss/). Sie könnten vom Fühlen der Bäume mit der gleichen Berechtigung auf die Wirksamkeit der Geistheilung, die flache Erde oder die Menschenfreundlichkeit der Tabakindustrie schließen.
Sven F am Permanenter Link
"Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, wie man so schön sagt, die nun mal (noch) nicht mit Sehen und Anfassen und chemischen Reaktionen nachgewiesen werden können."
Nachzuweisen gibt's da schlicht nichts.
"Im Übrigen haben Wissenschaftler erst seit kurzem festgestellt, dass auch Bäume so etwas wie fühlen und kommunizieren. "
Zum "fühlen" hätte ich gerne einen Beleg.
Kommunizieren ist auch schon seit Jahrzehnten bekannt und wird untersucht, das funktioniert schlicht über ausgesandte/eingefangene Stoffe. Rein mechanistisch.
Elisabeth am Permanenter Link
@Anna Eisentraut: asiatische Medizin beinhaltet Nashornhörner, Tigerpenisse, Elefantenstosszähne, Seepferdchen etc..
A.S. am Permanenter Link
Homöopathie ist Volksverdummung - Religion auch.
Für Religion wird von der gbs Toleranz gefordert.
Da fehlt es mir an Konsistenz.
Toleranz für Schwachsinn ist selbst Schwachsinn.
Peter Bordych am Permanenter Link
Toleranz ist nicht gleich Akzeptanz.
A.S. am Permanenter Link
Und was ist mit gefährlichem Schwachsinn, wie z.B. dem Glauben, für das Umbringen von Andersgläubigen ins Paradies zu kommen?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Lieber Herr Bordych,
A.S. am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Büchner,
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Homöopathie ist längst eine Ersatzreligion geworden. Deswegen ist schwer oder sogar hoffnunglos sie mit wissenschaftlichen Argemente zu bekämpfen.
Peter Bordych am Permanenter Link
Das sehe ich nicht so.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Ich habe eine "Theorie": Viele Menschen sind süchtig nach Mysterien. (Das könnte auch genetisch bedingt sein (???)).
IMHO wird die Homöopathie nicht durch Aufklärung verschwinden, höchstens wird sie stark zurückgedrängt, wenn die Krankenkassen die Behandlung nicht bezahlen. Ich hoffe ein Bisschen, dass Jens Spahn etwas in diese Richtung tun wird.
A.S. am Permanenter Link
Sehe ich ein wenig anders. Menschen haben ein Bedürfnis, sich ihrer Ohnmacht gegenüber der Natur zu entledigen, und suchen (abergläubige) Wege, Herrschaft über die Natur zu erlangen durch Hokuspokus aller Art.
Bernd am Permanenter Link
Ein weiterer Artikel der sich der „Wissenschaftlichkeit“ der Medizin verpflichtet fühlt. Was Frau Kurz dabei entgangen ist: „Heilung“ ist kein wissenschaftlicher Begriff - und auch kein wissenschaftlicher Vorgang.
Petra Pausch am Permanenter Link
Sie schreiben: "'Heilung' ist kein wissenschaftlicher Begriff - und auch kein wissenschaftlicher Vorgang." Sondern was dann? Hokuspokus?
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Heilung ist eine positive Veränderung des Gesundheitszustandes über dessen Mechanismen nur statistische Aussagen getroffen werden können. Warum das so ist?
velino-sera am Permanenter Link
Homöopathie und Ethik
Alle Jahre wieder entladen sich die an Verstopfung leidenden Gehirnwindungen zahlreicher Homöopathie-Gegner, welche sich offensichtlich unter Krämpfen winden, bevor sie sich durch einen publizistischen Shitstorm dann Erleichterung verschaffen. Geplagt von sich wiederholender geistiger Obstipation verfolgen sie nur den einen Wunsch: Dem Keim der homöopathischen Gesinnung endlich den Garaus zu machen.
Nachdem zahlreiche Versuche – etwa der Unterstellung der Gefährlichkeit von Homöopathie, der Irrationalität oder der geistigen Verwirrung erfolgreicher Anwender usw. – nicht so richtig fruchten mochten, glaubt man nun die geeignete Munition für den finalen Rettungsschuss gefunden zu haben: Homöopathie ist mit ethischen Grundsätzen unvereinbar – ein ethikloses Verhalten verlangt nach dessen Ausmerzung!
Was ist Ethik eigentlich? Ist sie verwandt mit dem ähnlich klingenden Wort Genetik? Wird diese nicht ohne „h“ geschrieben? Zahlreiche Menschen glauben zu wissen, was Ethik ist, aber so richtig erklären möchten sie diesen Begriff lieber doch nicht.
Aus dem Griechischen stammend, bedeutet es so viel wie Sitte, Gebrauch und Gewohnheit. Während diese Begriffe einer großen Variabilität unterliegen, wurde seitens griechischer Philosophen der Versuch unternommen, diesen weitreichenden Bedeutungsraum durch den Aspekt der Vernunft einzugrenzen.
Sitte, Gebräuche und Gewohnheiten basieren auf Kultur und Tradition, welche von einer Lebenserfahrung geprägt wurden, die sich über Generationen hinweg als erfolgreich erwiesen und daher für wahr gehalten wurden. Eine sich verändernde Welt wird aber nicht ohne Folgen hinsichtlich Kultur und Tradition, damit auch für und auf Sitten, Gebräuche und Gewohnheiten bleiben. Kurzum, eine auf diesen Attributen beruhende Ethik unterliegt der Wandelbarkeit und entbehrt eines jeglichen, auf Ewigkeit beruhenden Wahrheitscharakters.
Wie steht es mit der Vernunft? Ähnlich wie Sitte und Co. unterliegt auch die Vernunft einem zeitlichen Wandel. Damit nicht genug. Seit Menschengedenken wird darüber gestritten, was vernünftig ist und was nicht. Darüber einen Konsens zu erzielen erscheint bisweilen schwierig, oft genug auch aussichtslos. Entschied sich (basierend auf Gründen der Vernunft) zu Beginn der Siebziger Jahre eine Mehrheit der gewählten politisch Verantwortlichen für den Bau von Atomkraftwerken, so hat sich diese Strategie Jahrzehnte später in letzter Konsequenz als unverantwortbar und rational falsch erwiesen. Diese Entscheidung war und ist ethisch nicht vertretbar und somit ein Beispiel dafür, dass selbst menschliche Vernunft fehlbar ist. Die Geschichte ist reich an Belegen für die kurze Halbwertzeit dessen, was man für vernünftig hält und allzu oft machten wir schon die Erfahrung, dass die allseits geschätzte Vernunft mit einem finalen Verfallsdatum ausgestattet ist, weil wieder einmal die Vernunft durch Vernunft besiegt wurde.
Wie verhält es sich nun mit dem Paradoxon einer im Irrtum mündenden Vernunft?
Das Problem wurzelt in der Selbstüberschätzung des Menschen, dem unerschütterlichen Glauben an die Vernunft kombiniert mit dem Mangel an Verständnis, dass der Mensch kein allein auf Vernunft basierendes Wesen ist. Die Vernunft, den Gesetzen der Logik unterliegend, führt nach induktiver Schlussfolgerung zu dem Ergebnis, dass der perfekte Computer, ausgestattet mit perfekter Logik, den perfekten Menschen ergeben müsste. Was den Menschen für alle Zeit vom Computer unterscheidet ist nicht die Vernunft. Vielmehr ist es der Bruch linearer Logik durch Impulse, die dem Unterbewusstsein entstammen. Dies ist der Grund dafür, dass Menschen mit gleicher Ausbildung und bei gleichem Bildungsstand zu unterschiedlichen, bisweilen sich widersprechenden, logisch herbeigeführten Lösungskonzepten gelangen. Mit anderen Worten: Was den Menschen zum Menschen macht, ist seine Individualität und Variabilität, welche maßgeblich auf seinen emotionalen Anteilen beruhen.
Den Menschen auf den Aspekt von Vernunft reduzieren zu wollen, ist ein Indikator dafür, dass entsprechende Protagonisten die Wesenheit des Menschen nicht verstanden haben, sondern von einem opportunistischen und materialistischen Zeitgeist gebeugt wurden, ohne sich dessen konkret bewusst zu sein.
Darüber hinaus nimmt der Mensch für sich in Anspruch mit einer Würde ausgestattet zu sein, die durch das Grundgesetz geschützt, diesem seine einzigartige Seinsbestimmung attestiert. Würde, Seinsbestimmung und Selbstbestimmung sind wiederum untrennbar miteinander verbunden.
Zahlreiche Menschen, ausgestattet mit einfachem bis hin zu genialem Verstand, haben die Wirksamkeit von Homöopathie erfahren und an Körper, Geist und Seele erlebt. Erleben und Erfahrung sind die Grundbausteine von Erkenntnis. Auf Erfahrung basierende Erkenntnis kann selbst durch Studien nicht widerlegt werden. Ein betroffener Patient, der solches erfahren hat, ist nicht weniger geheilt, weil dies von der Wissenschaft nicht legitimiert wurde. Ein schulmedizinisch behandelter Patient nicht schon deshalb geheilt, weil es von der Schulmedizin durch Studien ausgewiesen wird. Über den individuellen Erfolg und Misserfolg entscheiden nicht Studien, sondern der Patient. Einem Menschen unbesehen diese Urteilsfähigkeit absprechen zu wollen ist weder mit Vernunft noch mit Ethik begründbar, es ist einfach nur arrogant und diffamierend. Wie so oft treten Protagonisten jene Prinzipien mit Füßen, die sie vorgeblich verteidigen wollen.
Das Verhalten jener „Grams-Ritter“ (Frau Dr. Grams ist eine ehemalige homöopathische Ärztin und heute erbitterte Gegnerin der Homöopathie) trägt die Zeichen eines propagandistischen Feldzuges, der sich gegen die Anwender und Praktizierenden der Homöopathie gleichermaßen richtet und diese in den Bereich der Illegalität rücken möchte.
Schulmedizin und Alternativmedizin basieren nicht ausschließlich, doch zu einem großen Teil, auf Vertrauen in den Arzt und die Therapie. Vertrauen und Erwartung sind Vater und Mutter des Placeboeffektes, von dem keine Fakultät behaupten kann, frei davon zu sein. Vertrauen und Erwartung sind Bestandteile des Glaubens, dem zahlreiche Religionen, aber auch die moderne Psychologie und die Bewusstseinsforschung attestieren, dass mit ihm ein großes Heilungspotential verbunden ist. Wir stehen erst an der Schwelle zu begreifen, dass das Bewusstsein die größte Kraft ist, über die das Universum verfügt.
Vertrauen, Erwartung, Glauben und Bewusstsein können nicht befohlen werden; so wenig wie ein Zwang zur Heilung. Ich wage sogar zu behaupten, dass den meisten Ärzten die umfassende Bedeutung des Begriffes von Heilung, bedingt durch die Beschränkung ihrer materiellen Prägung und Sichtweise, nicht bewusst ist.
Befinden wir uns etwa wieder an der Schwelle jener unrühmlichen Geschichte der Ausübung und Erduldung ärztlicher Kunst als Zwangsmaßnahme?
Frau Grams et al., träumen Sie allen Ernstes von einer Zeit, die die Menschen von der Freiheit zu Alternativen entledigen möchten? Seid ihr so sicher, dass ihr den Dreck vor der Haustür der evidenzbasierten Medizin beseitigt habt? Generika-Skandale, Arzneimittel, die aus dem Verkehr gezogen werden müssen, obwohl Ihr Einsatz durch Studien abgesegnet wurde, sprechen eine andere Sprache. Haben die Beitragszahler der Krankenkassen nicht das Recht auf Erstattung von Behandlungen, denen sie vertrauen, weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass es ihnen geholfen hat? Wie halten Sie es mit dem Schutz von Minderheiten, Pluralismus und Meinungsfreiheit? Ist ein Mangel dieser Attribute nicht unethisch?
Für alle, die es nicht verstanden haben, wollen oder nicht verstehen können: Homöopathie ist keine materielle Medizin, die auf pharmakologischer Wirkung von Stoffen beruht. Zu deren Herstellung braucht es meiner Erfahrung nach keine Verdünnung, keine Verschüttelung usw.. Die Meisten von uns – auch die Homöopathen – haben das Wesen der Homöopathie leider nicht verstanden (s. dazu angehängtes Interview zur Wirkweise der Homöopathie).
Doch Äpfel sind bereits vom Baum gefallen bevor die Menschheit die Fallgesetze entdeckte und diese verstand. Natur funktioniert wie sie funktioniert, ob wir sie verstanden haben oder nicht.
Die Wissenschaftler sind nicht die Herren der Ringe, obwohl viele glauben, es zu sein. Sie können keine Naturgesetze erlassen und keine aufheben. Sie sind nicht die Macher, sondern die Betrachter eines Schauspiels, dessen tiefe Zusammenhänge sie nie zu erkennen in der Lage sein werden. Die Frage der Erkenntnistiefe ist im Wesentlichen damit verbunden wie sehr wir in der Lage sind, über materielle Aspekte der Natur hinauszudenken. Es steht jedem frei, den geistigen Aspekt von Natur zu negieren. Gleichwohl steht es einem jeden frei, die Grenzen materieller Erkenntnis zu überschreiten und sei es um den Preis, einen spekulativen Raum zu betreten. Dunkle Energie und dunkle Materie sind Beispiele dafür, dass wir eine Wirkung beobachten und erfahren, deren Ursache wir messtechnisch jedoch nicht habhaft werden können. Der Begriff von Bewusstsein ist ebenfalls eine Chiffre, die wir zu definieren nicht in der Lage sind. Doch wie töricht wäre es, keine spekulative Vorstellung davon zu entwickeln, mit dieser nicht zu experimentieren und keine Erfahrungen zu sammeln...
Was den Menschen zum Menschen macht, ist nicht die allgemein wissenschaftliche Erkenntnis, sondern seine persönliche Erfahrung. Erfahrungen wiederum sind statistisch nicht widerlegbar. Das Bewusstsein ist jene Leinwand, auf die sich Real- und Traumbewusstsein gleichermaßen projizieren. Wer möchte sich zum Richter über Wahr und Unwahr aufschwingen? Auf dieser Leinwand sind Traum und das, was wir für real halten, nichts anders als Bit and Bites, die unterschiedlichen Dimensionen entspringen.
Der Mensch ist trotz modernster Forschung ein Mysterium geblieben. Der archaische Mensch, dieses Mysteriums gewahr, war diesbezüglich dem Homo sapiens der Moderne überlegen, von dem man annehmen könnte, dass ihm das „sapiens“ zwischenzeitlich abhandengekommen ist. Zuletzt sollten wir nicht übersehen, dass Wissenschaft und Fortschritt uns auf einen Weg katapultiert haben, der die Zerstörung unserer Biosphäre unübersehbar vorantreibt. Die Wissenschaft hat uns vor einigen Katastrophen bewahrt, zahlreiche beschert, um letztendlich in ein Szenario zu münden, dessen Ausgang für unsere Biosphäre alles andere als günstig erscheint.
Während das letzte Urteil über das Grundprinzip von Homöopathie noch nicht gefällt ist, darf das Konzept von Wissenschaft und menschlicher Vernunft als singuläre Handlungsgrundlage als gescheitert gelten. Die letzten 250 Jahre Regentschaft von Aufklärung durch Vernunft legen den dringenden Verdacht nahe, dass wir nochmals 250 Jahre in der jetzigen Quantität nicht überleben werden. Es darf als gesichert gelten, dass die menschliche Population geschwunden sein wird, große Teile der Flora und Fauna unwiederbringlich ausgelöscht sein werden.
Währenddessen vergeuden Frau Grams und ihre Jünger, sowie all jene, die diesen publizistischen Müll verbreiten, Zeit, Geld und andere Ressourcen für die Bekämpfung von Homöopathie, ganz so, als ob wir keine dringenderen Probleme hätten. Wie ethisch sind die Fortbewegung und ihre Folgen zu Land, zu Wasser und in der Luft? Wie ethisch ist Massentierhaltung, die Vergiftung von Nahrungsmitteln durch Pestizide und Herbizide? Wie ethisch sind Pharmakonzerne und ihre Machenschaften? Wie ethisch sind Krankenhauskonzerne, die Mitarbeiter knechten und zur Durchführung von Operationen nötigen, welche nicht notwendig sind? Wie ethisch ist das Abschieben von Säuglingen in Kitas und der 10-Stunden Tag von G8 Schulen, in denen unsere Kinder in der durch den Klimawandel verursachten Hitze dahinschmachten? Wie ethisch sind wir Mitläufer eines Systems das unsere systematische Vernichtung vorantreibt?
Was für eine Welt – was für ein Wahnsinn!
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Viel Text, wenig Erkenntnis.
Soll Homöopathie wirklich deswegen wirksam sein, weil es Fehler im System "Schulmedizin" gibt? Sollen wir Patienten Scharlatanen anvertrauen, weil es Missstände in der Welt gibt?
Ich sehe überhaupt keine Korrelation zwischen Homöopathie und Medizin. Denn völlig unabhängig davon, ob und wenn ja wie viele Fehler die Schulmedizin macht, die Homöopathie ist ganz sicher keine Medizin, weil sie überhaupt keinen Nutzen hat - und obendrein die Krankenkassen noch viel Geld kostet.
Wenn Sie das anders sehen, dann sollten Sie Ihre Meinung belegen können. Sehr SICHER belegen, denn es geht um Menschenleben! Einfache Verweise darauf, dass andere in ihren Wissenschaftsfeldern auch nicht alles belegen können, sind nichts als faule Ausreden...
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Entschuldigung, aber es scheint mir, dass Sie auch ein Opfer des Titels dieses Artilels sind.
Sven F am Permanenter Link
"Das Verhalten jener „Grams-Ritter“ (Frau Dr.
Entschuldigung, haben Sie irgendetwas von dem gelesen, was Frau Grams geschrieben hat? Offensichtlich nicht.
Marion Zimmermann am Permanenter Link
Danke für diese hübschen Ausführungen.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Liebe velino-sera,
Weil jeder Mensch anders ist? Dann müssten Sie für jede Krankheit 7 Milliarden Homöopathika bereithalten, denn Sie wissen ja nicht, wer von Ihnen morgen geheilt werden will.
Es gibt eine andere Erklärung: Weil Potenzierung physikalischer Unfug ist und weil "excrementum canis" Hundescheiße bleibt, zumindest so lange, wie sich noch ein einziges Molekül davon in der Lösung befindet, die sie da mühsam auf einem Ledereinband "ausschütteln".
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Homöopathie ist Volksverdummung! Das Christentum aber noch viel viel mehr!