Bereits im Jahr 2018 hatte das italienische Verfassungsgericht festgestellt, dass Sterbehilfe in manchen Fällen straffrei bleiben sollte und das Parlament Regeln festlegen solle. Bisher ist das noch nicht geschehen. Eine Petition mit bereits über 750.000 Stimmen soll daher zu einem Referendum zur Novellierung der Artikel im italienischen Strafgesetzbuch führen, welche bisher Sterbehilfe kriminalisierten. Die katholische Kirche zeigt sich besorgt und warnt vor einer neuen Eugenik.
In den letzten Jahren haben immer wieder starke Persönlichkeiten ihre Stimmen dafür genutzt aufzuzeigen, wie wichtig würdevolles, selbstbestimmtes Sterben ist. Sie haben, wie zum Beispiel Ana Estrada Ugarte in Peru, gerichtlich ihr Recht auf Sterbehilfe erstritten und die Diskussionen in ihrem Land entfacht. Im Februar 2017 hatte der italienische Musiker Fabiano Antoniano entschieden, sein Leben zu beenden. Mangels legaler Sterbehilfe-Möglichkeit in Italien hatte er dazu in die Schweiz reisen müssen. Der italienische Politiker Marco Cappato begleitete ihn und zeigte sich selbst nach seiner Rückkehr an. Für Beihilfe zum Suizid hätte Cappato zu einer Gefängnisstrafe zwischen fünf und zwölf Jahren verurteilt werden können. Zweifel an den Artikeln 579 und 580 des italienischen Strafgesetzbuches jedoch waren gesät. Der schließlich befasste Verfassungsgerichtshof gab die Verantwortung für eine Entscheidung an das Parlament ab. Dieses erhielt am 24. Oktober 2018 Zeit bis zum 24. September 2019, gesetzliche Mängel zu beheben.
Mangels einer Novelle der Artikel 579 und 580 des Strafgesetzbuches hatte die Pro-Sterbehilfeorganisation Liberi Fino Alla Fine ("Frei bis zum Ende") eine Petition aufgesetzt, die bis Ende September 2021 genügend Unterschriften für ein Referendum über die Entkriminalisierung der Beihilfe zum Suizid sammeln sollte. Die Organisation hatte mit etwa 750.000 Unterschriften bis zum Stichtag gerechnet. Diese Anzahl an Unterschriften kam jedoch bereits Ende August zusammen. Ein deutliches Zeichen dafür, wie wichtig dieses Thema nicht nur für die aktuell etwa 800 Menschen ist, die Sterbehilfe gern in Anspruch nehmen möchten, sondern auch für viele andere, die ihre Zukunft und ihr Sterben selbstbestimmt und in Würde gestalten möchten. Ein Zeichen auch für Deutschland und Österreich, von der Orientierung beziehungsweise Kriminalisierung zur Umsetzung der Entkriminalisierung zu schreiten.
Während das Referendum zur Sterbehilfe in Italien von vielen Menschen begrüßt wird, sieht es der Vatikan sehr kritisch. Ähnlich wie in Spanien, wo sich die Bischofskonferenz gegen legale Hilfe beim Suizid ausgesprochen und stattdessen Pflege, Nähe und Trost für schwer Kranke und Sterbende vorgeschlagen hatte, sieht auch der Vatikan die Sterbehilfe als falschen Weg an. Er geht sogar so weit, vor einer "neuen Form der Eugenik" zu warnen, die allein Jugend und Gesundheit als lebenswerten Zustand ansehe.