Begriffsdefinitionen

Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus, Rechtspopulismus

BONN. (hpd) Bei der Diskussion über die AfD und Pegida, den Front National und die NPD geht es mit den Begriffen häufig durcheinander. Sind die gemeinten politischen Akteure rechtsextremistisch, rechtsradikal oder rechtspopulistisch? Was ist damit eigentlich gemeint? Für den hpd erklärt Pfahl-Traughber die erwähnten Begriffe aus Sicht der politikwissenschaftlichen Extremismusforschung.

Extremismus

Die Bezeichnung "politischer Extremismus" umfasst alle Auffassungen und Handlungen, die sich gegen die Grundlagen einer modernen Demokratie und offenen Gesellschaft wenden. Dazu gehören Abwahlmöglichkeit und Gewaltenteilung, Menschenrechte und Pluralismus, Rechtsstaatlichkeit und Volkssouveränität. Es geht demnach nicht darum, wie fälschlicherweise mitunter behauptet wird, gesellschafts- und staatskritische Auffassungen zu diskreditieren. Sie sind – sofern sie die genannten Prinzipien teilen – ein legitimer Ausdruck des demokratischen Diskurses.

Anders verhält es sich bei den politischen Gruppen oder Parteien, die die oben genannten Auffassungen nicht teilen. Dies kann im Namen einer besonderen Religion – so beim Islamismus -, der sozialen Gleichheit – so beim Linksextremismus - und der ethnischen Zugehörigkeit – so beim Rechtsextremismus – geschehen.

Das Extremismusverständnis setzt – wie ebenfalls häufig fälschlicherweise behauptet wird - die gemeinten Phänomene weder von der Ideologie noch vom Gefahrenpotential her gleich. Es geht nur um die Betonung einer jeweiligen Frontstellung gegen die Grundlagen moderner Demokratie und offener Gesellschaft. Dabei können auch unterschiedliche Grade der Ablehnung dieser Grundprinzipien – die Bezeichnung dafür lautet “Extremismusintensität” - ausgemacht werden.

Der Front National gehört etwa zu einer gemäßigteren, die NPD zu einer härteren Form des Rechtsextremismus – denn beide eint Fremdenfeindlichkeit und Nationalismus als Grundpositionen. Für die Verfassungsschutzbehörden ist Extremismus ein Arbeitsbegriff und steht für politische Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung. Es gibt dabei durchaus Gemeinsamkeiten mit dem vorgenannten Verständnis. Die Ausgangsbasis ist hier aber der Kern des Grundgesetzes – und nicht das Grundgesetz in Gänze. Demgegenüber nutzt die Extremismusforschung die genannten politikwissenschaftlichen Kategorien.

Radikalismus

Von Radikalismus spricht man in der Extremismusforschung nicht. Die Bezeichnung wird gern von Journalisten oder Wissenschaftlern genutzt, wenn sie sich nicht mit der Frage auseinandersetzen wollen, ob die gemeinten politischen Gruppen oder Parteien noch demokratisch oder schon extremistisch sind.

Mitunter können sich einschlägige politische Akteure auch in einer "Grauzone" zwischen diesen beiden Kategorien aufhalten, was die Einschätzung schwierig macht. Die Verfassungsschutzbehörden benutzen gelegentlich auch die Bezeichnung "Radikalismus". Damit wollen sie politische Bestrebungen definitorisch erfassen, die sich noch im Rahmen des Verfassungsbogens, aber an dessen Rand bewegen. Aktuell könnte man wohl die AfD dort verorten. Sie hat zuletzt erkennbar einen Rechtsruck vollzogen. Ob sie dadurch längerfristig zu einer Art deutschem "Front National" wird, muss die Zukunft zeigen.

Populismus

Beim Begriff "Populismus" geht es um eine Politikform oder einen Politikstil. [1] Er hat erst mal nichts direkt damit zu tun, wie ein politischer Akteur zu den Normen und Regeln einer modernen Demokratie und offenen Gesellschaft steht. Es geht hier vielmehr um die Art und Weise wie sich etwa ein Politiker oder eine Partei mit einem Publikum bzw. einer Zielgruppe in Verbindung setzt. Dabei spielen auch formale Aspekte inhaltlicher Art eine Rolle: So wird ein Gegensatz von Elite und Volk behauptet, um gegen eine Regierung im angeblichen Namen der Massen zu agitieren.

Darüber hinaus nehmen Populisten einen Gegensatz von "Wir" und den "Anderen" vor, wobei die Letztgenannten – es können Andersdenkende ebenso wie "Fremde" sein - ausgegrenzt werden sollen. Und schließlich greift man den "Stammtisch"-Diskurs auf, bedient also Aversionen und Mentalitäten, Ressentiments und Vorurteile aus dem Alltagsleben der Menschen.

Dies hat – entgegen dem Selbstverständnis von Populisten – nichts mit realer "Volksnähe" zu tun. Behauptet man doch um der manipulativen Effekte willen, dass hier die wahren Interessen des Volkes artikuliert werden würden. Tatsächlich können Populisten meist nur starke Minderheiten der Bevölkerung für sich mobilisieren. Ihre Auffassung, man sei die "Stimme des Volkes", zeugt von Anmaßung, fehlt es dafür doch an demokratischer Legitimation.

Populisten können auch (weniger) Demokraten sein, sind aber meist (häufiger) Extremisten. Die Bezeichnung findet nicht nur für Parteien oder Politiker, sondern auch für Protestbewegungen jeweils Verwendung. Dafür steht aktuell Pegida in Dresden. Eine Einschätzung hinsichtlich der Frage, ob es sich dabei um eine demokratische oder extremistische Bewegung handelt, lässt sich indessen seriös nur schwer vornehmen. Denn Pegida setzt sich aus ganz unterschiedlichen Akteuren zusammen, dazu gehört der diffus fremdenängstliche Normalbürger ebenso wie der fest organisierte Neonazi.

Gewalt/Terrorismus

Für die Frage, ob eine Gruppe oder Person extremistisch ist, spielt deren Einstellung zur Gewalt keine bedeutende Rolle. Es gibt sowohl aktuell gewaltfreie wie ausgeprägt gewaltorientierte Extremisten. Dabei können wiederum spontane und terroristische Handlungen unterschieden werden.

Die aus einer Alltagssituation heraus erfolgenden ungeplanten Gewaltakte gehören zur ersten Kategorie, wobei sich bei fremdenfeindlichen Taten die Opferauswahl aus der rechtsextremistischen Gesinnung ergibt. Demgegenüber ist die rechtsterroristische Tat mehr Ausdruck einer längerfristigen Strategie, denn durch Anschläge und Attentate soll eine politische Botschaft in die Öffentlichkeit getragen werden. Dafür steht der NSU, der mehr einen "kommunikationslosen Terrorismus" praktizierte, aber mit der "Paulchen Panther"-DVD längerfristig gesehen sehr wohl "kommunizieren" wollte.

Auch Einzeltäter können aus Sicht der Extremismusforschung als Terroristen gelten. Dafür steht etwa Frank S., der gezielt auf die seinerzeitige Bürgermeisterkandidatin Henriette Reker einstach. Er handelte und plante offenbar allein, gehörte früher aber der Neonazi-Szene an. In solchen Fällen spricht man vom "Lone Wolf"-Terrorismus.