Organspende

Die Niederlande machen es vor

Wieder einmal könnten die Niederlande Deutschland zum Vorbild dienen. In dieser Woche beschloss das niederländische Parlament, dass jeder volljährige Staatsbürger automatisch Organspender ist. Es sei denn, er widerspricht. Das Nachbarland versucht damit, dem Mangel an Spenderorganen beizukommen.

Bislang gab es in den Niederlanden die gleiche Reglung wie hierzulande: Man musste deutlich machen, dass man nach dem Tod seine Organe spendet. In Deutschland muss man dies in seiner Patientenverfügung festlegen oder einen Organspendeausweis mit sich führen. Das jedoch tun nur die Wenigsten.

Nach dem Skandal im Jahr 2012, als bekannt wurde, dass ein Arzt mit gefälschten Dokumenten die Wartelisten manipulierte und somit seinen Patienten zu Spenderorganen verhalf, ist die Spendenbereitschaft in Deutschland noch einmal gesunken.

Die Deutsche Stiftung Organtransplation beklagt einen gravierenden Mangel an Spenderorganen. Im vergangenen Jahr konnten nur 797 Organe transplantiert werden. Auf der Warteliste stehen jedoch mehr als 10.000 Patienten, die auf eine Organspende angewiesen sind. "Für sie ist die Transplantation die einzige Möglichkeit, um zu überleben oder die Lebensqualität erheblich zu verbessern."

Die Spendenbereitschaft ist erschreckend abgesunken; auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren. Nicht einmal mehr 10 Spender kommen hierzulande auf eine Million Einwohner. (Zum Vergleich: In Spanien kommen 46,9 Spender auf eine Million Einwohner.) Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) besaßen im Jahr 2016 nur 32 Prozent aller Bundesbürger einen Spenderausweis.

In den Niederlanden waren die Zahlen fast ebenso gering. Deshalb hat das Parlament am Dienstag ein Gesetz erlassen, nach dem jeder volljährige Niederländer automatisch Organspender ist. Es sei denn, er widerspricht. Ähnliche Regelungen gelten bereits in 17 anderen Staaten, darunter Spanien, Belgien, Frankreich, Österreich, Schweden und Tschechien. Für Deutschland wären sie ebenfalls bitter nötig. Dafür findet sich leider derzeit keine Mehrheit im Deutschen Bundestag.

Doch neben der politischen gibt es auch eine sehr subjektive Komponente in der Debatte: Da die Aufklärung über die Organspende mehr als mangelhaft ist, gibt es viele Ängste. So wird immer wieder ins Feld geführt, dass Menschen Angst davor haben, vor ihrem "biologischem Ableben" Organe zu spenden. Von dieser Seite wird häufig angemerkt, dass der Hirntod keine Aussagen über den Zustand eines Patienten beinhaltet. Die BZgA klärt auf: "Die Bezeichnung 'Hirntod' beschreibt einen besonderen Zustand, bei dem die Gesamtfunktion des Großhirns, Kleinhirns und Hirnstammes unwiederbringlich und unumkehrbar ausgefallen ist. Mit der Diagnose Hirntod ist der Tod des Menschen sicher festgestellt." Ein Mensch, der von einem Arzt für "hirntot" erklärt wird, hat keinerlei Aussicht, wieder lebendig zu werden.

Lars Fischer kommentiert die Entscheidung der Niederländer bei Spektrum mit den Worten:

Eine allgemeine Opt-out-Regelung, wie sie in den Niederlanden nun beschlossen ist, würde die Probleme des Organspendesystems nicht von allein lösen. Aber zumindest würde es Leben retten und den Anreiz zum Betrug senken. Man darf Menschen nicht zwingen, Organe zu spenden – aber dass man sie zumindest auffordert, sich dafür oder dagegen zu entscheiden, ist eigentlich überfällig.

Wenn also allein die neue Regelung in den Niederlanden dazu führen würde, dass man in Deutschland wieder über das Thema diskutiert, dann könnten vielleicht einige von den 150 Menschen, die jährlich aufgrund des Mangels an Spenderorganen sterben müssen, überleben.


Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben (Transplantationsgesetz - TPG)