Sie zahlen keine Steuern, halten die BRD für eine GmbH und gründen auch schon mal eigene kleine Königreiche. Das mag skurril klingen, doch es sind keineswegs nur harmlose Käuze, die man gemeinhin unter dem Begriff "Reichsbürger" zusammenfasst. Das Gewaltpotenzial der Szene zeigte sich spätestens im Oktober 2016, als bei einer Waffenrazzia im fränkischen Georgensgmünd ein Reichsbürger einen Polizisten erschoss und zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde.
Rund 18.400 "Reichsbürger und Selbstverwalter" werden nach aktuellen Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz beobachtet. Was sind das für Leute, die die Bundesrepublik als legitimen Staat ablehnen, weder Gesetzgebung noch die gewählte Regierung anerkennen, und sich stattdessen noch immer in einem "Deutschen Reich" wähnen?
Politikwissenschaft und Ideologieforschung haben sich in den letzten Jahren um Antworten bemüht und Ansätze zum Umgang mit dem Phänomen zur Diskussion gestellt. Einen anderen Zugang zum Thema eröffnet Tobias Ginsburgs Buch "Die Reise ins Reich". Der Autor, bislang hauptsächlich als Theatermacher bekannt, hat dafür acht Monate lang undercover in der Szene recherchiert. Gelungen ist ihm eine atmosphärisch dichte Reportage über eine Welt, wo sich Esoterik und Rebellenromantik mit rechtsgestrickter Bürgerlichkeit und lupenreiner Antisemitismus vermengen.
Das Interview mit Tobias Ginsburg wird im Skeptiker 3/2018, erhältlich ab Mitte September, veröffentlicht.
Eine vielfältige Szene, gewiss. Dennoch eint sie eine grundlegende Vorstellung, ist Ginsburg überzeugt: "Die Idee einer kleinen Machtelite, die das Weltgeschehen kontrolliert und das deutsche Volk unterjocht, schröpft oder gar auslöschen will." Die eigentliche Gefahr sieht er denn auch in der wachsenden Akzeptanz von rechtsradikalen Verschwörungstheorien, so der Autor im Interview mit Skeptiker-Chefreporter Bernd Harder. Denn diese "lässt ihre Ideen peu à peu salonfähig werden – all die rechten Horrorszenarien der großen 'Umvolkung' und der Islamisierung der Deutschen und der Unterjochung des Volkes durch finstere Eliten. Menschen, die solchen verqueren Verschwörungsscheiß ganz unverblümt formulieren, sitzen mittlerweile im Bundestag."
Tobias Ginsburg, Die Reise ins Reich. Unter Reichsbürgern, Das Neue Berlin, Berlin 2018, ISBN 978-3-360-01331-6, 17,99 Euro
9 Kommentare
Kommentare
annen anne Nerede am Permanenter Link
Die Renten und sonstige Leistungen der BRD nehmen sie aber schon an?
Henry Koch am Permanenter Link
Das Geld der BRD??? Wessen Geld ist das wohl? Erst denken... Dann schreiben.
annen anne Nerede am Permanenter Link
?Ich habe nichts vom Geld der BRD geschrieben.Die eingezahlten Rentenanteile können die Reichsbürger ja auszahlen lassen, aber keinen Euro mehr.
Henry Koch am Permanenter Link
Geld oder Leistungen... Was soll die Wortklaubberei. Und natürlich, vorausgesetzt es wurde eingezahlt, haben auch diese Menschen Anspruch auf Rente. Muss nicht extra betont werden.
Kay Krause am Permanenter Link
"Was sind das für Leute?"...... Es sind - einfach gesagt: Leute, für die die Erde immer noch eine Scheibe ist, der Mittelpunkt des Alls, und die Sonne dreht sich drumherum.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Ich habe mich mit einem von ihnen lange unterhalten. Mehrmals. Der Mann ist hoch intelligent aber vollkommen alltagsuntauglich.
Situation ist mindestens Frau Merkel. Soviel zur Typisierung eines im Leben zu kurz
Gekommenen.
Sein Weltbild ist abgerundet und konsistent. Jedenfalls bis zu dem Moment wenn ich frage, was genau ich denn nun als Personal dieser Gmbh zu befürchten habe, welche Alltagsrelevants det janze nun für mich tatsächlich hat. Dann ist das Gespräch beendet. Der Rand seiner Denkblase ist erreicht und er zieht sich zurück.
Kay Krause am Permanenter Link
Hallo, Rene Göckel, 1.) wenn Intelligenz die Klugheit ist, angeeignetes Wissen und Fähigkeiten so einzusetzen, dass man selbst überlebt und niemandem schadet,wie kann dann ein "hochintelligenter" Mensch allt
2.) Inwiefern ist (mindestens) Frau Merkel Schuld an der Situation des beschriebenen Herrn? Das hätte ich gern etwas genauer erklärt.
Gruß von Kay Krause
Rene Goeckel am Permanenter Link
Hallo Kay Krause. Alltags-untauglich bedeutet in diesem Falle, dass er alles besser weiß, team-untauglich ist und sich nicht in Jobs einbringt, wie man es halt so erwartet.
Hoffe, jetzt ist es klarer formuliert.
Frank Burns am Permanenter Link
Das Buch umfasst 266 Seiten puren Lesegenuß, allerdings nur wenn man schon einmal mit der Richsbürgerszene in Berührung kam.