Heerscharen von Kommentatoren, Politikern und anderen – mehr oder weniger redlich bemühten – Zeitgenossen machen sich einen Reim auf die Zwischenfälle von Chemnitz; oder sie tun wenigstens so. Ist der Osten demokratisch tot? Oder rufen die Menschen aus ihren sächsischen Dörfern um Hilfe, weil sie vor lauter Fremden in ihrer Umgebung den örtlichen Bäcker nicht mehr finden? Noch schlimmer: wenn der Bäcker mangels Kundschaft schließt und dort ein Döner-Laden eröffnet.
Bei Anne Will versuchte die zuständige sächsische Landesministerin, den auf Dauer benachteiligten und auf ewig beleidigten Ossi als solchen zu verstehen und dessen gequälte Seele zu besichtigen. Der will schließlich nur auf der Straße spielen und so auf sich aufmerksam machen. Diese Mental-Pathologie im Stil der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wäre ein gutes Motiv für den Seziertisch im Tatort Münster. Jedenfalls hören sich die Schwanengesänge an wie Klagen über misslungene Kindererziehung. Der Dreijährige schreit so lange und heftig, bis er sich der allgemeinen Aufmerksamkeit sicher sein kann. Tatort: Supermarktkasse oder Omas Geburtstag.
Zur Behebung allabendlich visuell erleidbarer Unerträglichkeiten wollen die Gutmeinenden und Allwissenden im Lande den nach rechts geführten Menschen im finsteren Osten wieder mal Sitte und Anstand lehren: Wenn Ihr schon alle Rassisten seid, dann behaltet das wenigstens für Euch; jagt aber bitte bitte keine "Neger" über die Straßen!
Da wird mit Inbrunst die Moralkeule geschwungen und auch der pawlowsche NS-Reflex darf nicht fehlen. Der Feind steht Rechts und so ist dann auch die Rhetorik, in der sich viele Menschen vor Ort nicht wiederfinden. Hauptsache man hat selbst ein gutes Gewissen und ist mit Gleichgesinnten unter sich.
CDU/CSU und noch weiter rechts wiederum lassen sich gerade mal zu einer schlappen Beschwörung des Rechtsstaats herab. Jagdskizzen aus Chemnitz sind dann bedauerliche Einzelfälle. Die Bayern-Führer mit Herrn Söder an der Spitze der Polonaise durch die Bierzelte müssen eh nach jeder Umfrage die Windeln wechseln. Das freut Pampers, macht aber deren Politik unberechenbar wie Donald Trump. Aus blanker Panik vor dem Machtverlust provozieren die CSU-Oberen einmal aus nichtigem Anlass eine Regierungskrise, dann ziehen sie sich in die Wagenburg zurück. Diese Haltung gilt auch für die Sachsen-CDU. Die ist mit dem Fraktionsvorsitzenden an der Spitze inzwischen so weit nach rechts gerückt, dass an der Wand kein Platz mehr ist. Wo soll da die Distanzierung von AfD und Pegida herkommen? Wenigstens bemüht sich der Ministerpräsident, das sollten wir ihm nach wenigen Monaten im Amt zu Gute halten. Seine Vorgänger haben ihm ein desaströses Erbe hinterlassen.
Bundesregierung: Totalausfall
Die Kanzlerin höchst selbst ließ sich in den kritischen Tagen lieber nicht in Chemnitz blicken. Sie weilte in Afrika, um den dortigen Dorftyrannen den Umtausch ihrer missliebigen Landsleute gegen lukrative Handelswaren schmackhaft zu machen. Sonst sind die Chinesen auf der Suche nach seltenen Erden mal wieder schneller.
Der Bundesinnenminister des Innern, Heimat und Selbstzufriedenheit tut so, als gehe ihn das alles nichts an und er stehe über den Dingen. Man kann schließlich nie wissen, ob man eines schönen nahen Tages die AfD nicht doch mal zur Mehrheitsbeschaffung braucht. So bleibt Seehofer im Körbchen.
Die Justizministerin auf der anderen Seite des Koalitionshimmels übt sich in der Kunst, mit lyrisch-empörtem Augenaufschlag die Ungerechtigkeit der AfD zu bejammern und kollektiv Buße einzufordern.
Verantwortliche Bundesminister fordern das allgemeine "Aufstehen", wissen aber nicht, was sie als Verantwortliche tun sollen. Da bietet sich ein Griff in die Mottenkiste der Symbolpolitik an. So kommt dann die gestrenge Beobachtung der bösen Konkurrenz ins Spiel. Als ob es bei den Machenschaften von AfD und Pegida noch ein Erkenntnisproblem gibt, für dessen Behebung ausgerechnet der Verfassungsschutz gebraucht würde.
Nein: Den Herrschaften im Kabinett fehlen Ideen, analytische Präzision und eine auf sorgsamer Diagnose aufgebaute Strategie. Kein Arzt kann auf Grundlage einer Fehldiagnose heilende Therapien entwickeln. In der Politik ist das nicht anders.
Ein Bundesaußenminister, der es nicht einmal schafft, mit Ländern wie Tunesien menschenrechtliche Bedingungen für Abgeschobene auszuhandeln, beschwört die Segnungen der Zivilgesellschaft. Auf die Straße, ihr faulen Couchpotatos! Da sollte Herr Maas besser mit gutem Beispiel vorangehen und endlich seine Arbeit machen.
Eifersucht als Politikum: Schlimmer als im Westen
Jetzt kommt sicher der große Einwand: Der Autor schert Ost und West über einen Kamm! Schließlich ist der Rechtsradikalismus ein internationales Phänomen und auch im Westen weit verbreitet. So müsse Deutschland in trauter Gemeinsamkeit das Problem angehen und die Rechten tragen als göttliche Rache für die begangene Erbsünde. Meine Antwort: Man kann offensichtliche Erkenntnisse wie die besondere Stärke der AfD im Osten so lange aus- und runterdefinieren und differenzieren, bis alles ins seine Bestandteile zerlegt und eigentlich gar nicht mehr vorhanden ist. Man kann es aber nach Belieben drehen und wenden: Die Zustimmung für rechte Politik ist ausweislich der Wahlen und der aktuellen Umfragen in den östlichen Ländern ca. doppelt so hoch wie im Westen.
Es bleibt also bei aller verbreiteten Lust, Probleme unter den Tisch zu schwadronieren, die offene Frage: Warum ist im Osten der Republik die Angst vor Fremden größer als im Westen, obwohl dort weit weniger Zuwanderer bzw. Flüchtlinge leben?
Die Suche nach Gründen kann folglich nicht erst im Jahre 2015 anfangen. Klar ist, dass sich im Osten noch immer viele Menschen als Opfer des Einigungsprozesses und der Globalisierung fühlen. Die Renten liegen noch immer unter West-Niveau. Die alte Ost-Wirtschaft und ihr gesellschaftlicher Anhang wie Vereine etc. sind kollabiert. Manche Windhunde aus dem Westen haben mehr geplündert und fortgeschleppt als (wieder oder neu) aufgebaut. Das alles geschah unter den Augen und oft unter tätiger Mithilfe einer vom Westen geprägten Bürokratie und Politik. Das ist noch lange nicht vergessen, sondern ist Teil eines kollektiven Gedächtnisses.
Derart schlecht behandelt, entstand vielfach auch das Gefühl einer Entwertung der eigenen Biographie. Gerade dieser heikle Punkt lässt sich nicht mit Sozialpolitik (allein) auffangen. Die konkrete Erfahrung oder auch das Gefühl der Benachteiligung und der Vernachlässigung haben gesellschaftspolitisch tiefe Wunden gerissen. Diese Verwundung hängt auch nicht von der persönlichen wirtschaftlichen Situation aktuell ab. Sie hat sich vielerorts als Grundgefühl verselbständigt und wurde so politisch wirkungsmächtig.
Nun kommt aber ein zusätzlicher Effekt ins Spiel, der aus falscher Rücksichtnahme gerne totgeschwiegen wird. Die Rolle als Opfer – oder sich als solches zu fühlen – verführt vielfach Menschen ganz persönlich, aber eben auch im Kollektiv zu einer recht selbstbezogenen Haltung. Wenn schon Opfer, dann auch bitte exklusiv und mit der Forderung nach bevorzugter Rücksichtnahme. Schon Anfang der 90er Jahre gab es Sprüche: "Jetzt gehören wir als (Ost-)Deutsche dazu; Euch, ihr lieben Türken brauchen wir jetzt nicht mehr. Ihr müsst jetzt zurückstehen."
Als Kind wurde mir in meinem südwestfälischen Wohnort immer erzählt, dass die "Zigeuner", die gelegentlich am Ortsrand campierten, alle möglichen staatlichen Zuwendungen bekämen, damit sie so leben wie sie leben. Zahlenmäßig fielen diese Menschen überhaupt nicht ins Gewicht, als Projektionsfläche für Ängste, aber eben auch für Eifersucht eigneten sie sich prächtig. "Die bekommen das Geld, für das ich schwer arbeiten muss", oder: "Mir hilft niemand, wenn es mir schlecht geht – und die bekommen jedwede staatliche Hilfe". Diese Grundmelodie ertönt bis heute und betäubt die Sinne, je weiter östlich umso lauter.
Viele haben lange geglaubt, die nölig artikulierten Benachteiligungstraumata in den Ost-Ländern politisch "links" aufzufangen. Das ist die Lebenslüge der alten SED, die sich über die PDS zur heutigen LINKEN mutierte und sich von der Bluttransfusion der West-Linken neue Lebensenergie versprach. Heute stellt sich heraus, dass die AfD die verbreitete Eifersucht und das Gefühl der Zurücksetzung im Osten besser bedient als die an den Hartz-Reformen festgeklebte LINKE. Hier liegt auch ein (nicht der alleinige!) Erklärungsansatz, warum rechtsradikales Denken in den Ost-Ländern deutlich stärker verankert ist als im Westen. Die autoritär geprägten Erfahrungen aus DDR-Zeiten und die negativen Erfahrungen aus der Zeit nach der Wende haben vielerorts ein politisches Klima hervorgebracht, in dem sich zivilgesellschaftliche Strukturen für Weltoffenheit und Toleranz nicht entfalten konnten, um den zahlenmäßig stärkeren Strukturen aus eigener Kraft Paroli zu bieten.
Eifersucht ist deshalb ein besonders tückischer Nährboden für rechte Propaganda. Sie spielt Menschen als Einzelne oder als Teil von Gruppen gegeneinander aus. Sie ist auch thematisch austauschbar und entsprechend vielseitig verwendbar. Heute sind es die Flüchtlinge, "die Geld kosten, Ressourcen verbrauchen und Straftaten begehen". Vorher waren es Bankenkrise und Griechenlandhilfe mit ihrem Potential zur Aufregung. "Die Banken bekommen unser Geld vorn und hinten reingeschoben und wir müssen sehen wo wir bleiben." Die Beispiele sind in viele Richtungen erweiterbar: Hohe Arbeitslosigkeit, eine als unzureichend empfundene soziale Absicherung sowie die Abwanderung junger Menschen. Pikant ist die Rentenpolitik. In der AfD geraten die wirtschaftsliberalen Freunde individueller Altersvorsorge ins Abseits, während der rechte Flügel unverhohlen mit "Renten nur für Deutsche" wirbt. Auch hier werden die alten Reflexe der Eifersucht mit Raffinesse bedient.
Das rechte Agitationsmuster ist wie eine Blaupause: die armen (ost)deutschen Bürger werden anderen gegenüber benachteiligt, die zu Unrecht vom Staat bessergestellt werden. Kommen dann noch schwere Verletzungen des eigenen Sicherheitsgefühls und die grobe Verletzung sozialer Grundnormen hinzu, kocht die Volksseele wie Erbsensuppe in der Gulaschkanone.
Die Politik sollte in der Lage sein, die Wirkungsmechanismen dieser gesellschaftlichen Tiefenströmungen nicht aus den Augen zu verlieren. Leider macht es aber die Regierungspolitik in Bund und Land AfD und Co Dank grober politischer Fehler allzu leicht. Es wirkt wie eine Bestätigung negativer Vorurteile, wenn islamistische Gefährder und Straftäter allein oder im Clan unbehelligt ihr Unwesen treiben können und die Behörden hilflos auf junge "Männer" reagieren, die nach eigenen Angaben noch keine 14 Jahre alt sind.
Markante Wertungswidersprüche – gerade auch im sozialen Bereich – wirken dann wie Brandbeschleuniger, die Städte wie Chemnitz zumindest zeitweise außer Kontrolle geraten lassen. Hier ist die Analyse von Frau Wagenknecht durchaus nicht falsch, wenn sie mit ihrer "Bewegung" den auf naiv-multikulti getrimmten Mainstream ihres Parteivorstands aushebeln will.
Eifersucht: Das in der Politik vernachlässigte Gift
Schon die klassischen Philosophen wussten ein Klagelied zu singen von der menschlichen Eifersucht und ihrer privat wie öffentlich üblen Wirkungen. "Man soll niemanden beneiden. Denn die Guten verdienen den Neid nicht und die Schlechten schaden sich selber um so mehr, je mehr sie Glück haben." So schon Epikur von Samos (341–271 v. Chr.). Noch deutlicher wurde Plutarch, der in seinen Anmerkungen zur "Bruderliebe" die zersetzende Wirkung von Neid und Eifersucht geißelt.
"Eifersucht ist wie ein Gift", so die Frankfurter Psychologin Christine Backhaus im Spiegel. Sie ist häufig Ausdruck eines eher geringen Selbstwertgefühls. Das lässt sich auch auf Personengruppen übertragen, die sich zu Recht oder zu Unrecht abgehängt fühlen. Die lassen sich allzu gerne verführen, wenn ihnen jemand die Lücken im Selbstwertgefühl mit der Verachtung gegenüber "Fremden" auffüllt.
Wer Politik macht, sollte die menschlichen Stärken und Schwächen kennen. Wir Menschen sind nicht nur gut oder böse, wir handeln auch nicht immer uneigennützig, das wusste schon der Aufklärer Kant. Es bringt politisch nichts, moralisch mit ausgestrecktem Zeigefinger auf die Niederungen menschlicher Triebe zu zeigen, sich dann abzuwenden und Trost bei Gleichgesinnten zu suchen.
Eifersucht macht sich vorzugsweise im dichten Unterholz von verlorenem Vertrauen breit. Vertrauen zu gewinnen ist ein äußerst mühseliger und anstrengender Prozess. Die jüngsten Diskussionsveranstaltungen des sächsischen Ministerpräsidenten im Land verdienen Respekt und Anerkennung. Kommunikation allein wird aber nicht reichen, solange die Politik stärker auf die Beseitigung der angesprochenen und vielen anderen Wertungswidersprüchen in ihrem Handeln achtet und versucht, diese zu beseitigen. Da, wo Politik an Grenzen des Machbaren stößt, hilft das elende Schönreden nichts. Da hilft nur die offene und ehrliche Kommunikation. Offenheit und ehrliche Eingeständnisse sind auch ein wichtiger Dienst an der Demokratie. Gerade die Einbindung von Menschen – auch mit problematischen Positionen – wirkt gegen das verbreitete Gefühl, in der Demokratie nicht gefragt zu werden.
Im Übrigen sehen die meisten Menschen das Eingeständnis von Fehlern und Unzulänglichkeiten eher nach, als das Beharren stets schon immer und in alle Ewigkeit Recht zu haben.
Überfällig ist aber auch ein gesamtgesellschaftlicher Diskurs über Notwendigkeit und Grenzen der nationalen Gottheit "Gleichheitsprinzip". Sie ist oftmals die Zwillingsschwester des Heiligen Florian, der bitteschön das eigene Haus verschonen und lieber die Behausung des Nachbarn in Brand setzen soll. Gleichheit verbietet zu Recht staatliche Willkür, sollte sich aber vor der Illusion hüten, die Beseitigung gesellschaftlicher Unterschiede zu versprechen. Wer falsche Erwartungen weckt, wird dafür bitter abgestraft.
33 Kommentare
Kommentare
Kay Krause am Permanenter Link
Sehr gut analysiert und nachvollziehbar dargebracht. Danke!
Helmut Lambert am Permanenter Link
Mal wieder ein sehr wortreicher Kommentar. Dabei jedoch ein wichtiger Beweggrund nicht erkannt: Die Zeit des rotgrünen Deutungsparadigmans geht zu Ende, bzw.
Nur einige Beispiele: Verrottung der Infrastruktur, dogmatische Negierung von Kosten bei Umweltschutz und Energiewende, Ausblendung nationaler Interessen in der Europa- und Weltpolitik, obwohl die Politiker im Amtseid sich auf diese verpflichten, Verschweigen der Kosten der, z.T. selbstverschuldeten, Flüchtlingskrise, keine Differenzierung zwischen Asylanten, Flüchtlingen und Wirtschaftswanderer (wenn man darüber etwas erfahren will, muss man zu anderen Quellen greifen), Infragestellung des Rechtsstaates durch verzögerte Verfahren, die Zulassung von Clanstrukturen (Leugnung über Jahrztehnte) und Inkaufnahme rotgrüner Gewalt (G20-Hamburg...) Aufbauschen (widerlicher) rechter Gewalt wie in Chemnitz...
Dass hier ein verständliches Potential für die AfD und Pegida liegt, ist im Artikel nicht angesprochen.
Ansonsten:
Individualpsychologische Deutungsmuster für soziale Systeme sind immer fragwürdig. und: Gehts nicht etwas kürzer Herr Roth?
Claudia Goldner am Permanenter Link
"Individualpsychologische Deutungsmuster für soziale Systeme sind immer fragwürdig."
Nein, sind sie nicht, ganz im Gegenteil. Jedes soziale System hat eine Fakten-/Daten-/Inhaltsebene UND eine individualpsychologisch wirksame Beziehungsebene (P.Watzlawick hat diese Ebenen so bezeichnet). Und letztere - hier die angesprochene Eifersucht - ist IMMER die dominante.
"und: Gehts nicht etwas kürzer Herr Roth?"
Weshalb sollte es?
Helmut Lambert am Permanenter Link
So viele Ebenen, die miteinander in Verbindung stehen und "eine ist immer die dominante". Über so viel Gewissheit staune ich. Wie ist dann die Kontingenz sozialer Entwicklungen zu erklären?
David Z am Permanenter Link
"Weshalb sollte es?"
Weshalb sollte es nicht? Länger ist nicht immer besser, Frau Goldner ;)
Jürgen Roth am Permanenter Link
Gerne fasse ich mich kürzer: aber Sie müssen mir erlauben, mich hier linksliberal zu verorten. Daher der Vorspann im Text.
H. Lambert am Permanenter Link
Wieder viele Worte, aber nix zum Kernpunkt, dass die derzeitige rotgrüne Weltinterpretation nur mittels zahlreicher Verdrehungen und Ausblendungen ( von mir in einer unvollständigen Liste aufgeführt) aufrecht erhalten
Olaf Sander am Permanenter Link
Chapeau!
Der erste Teil des Kommentars hat mich ordentlich aufgebracht. Ich war gefühlt kurz davor, wutbürgermäßig eine Gegenrede in die Tatstatur zu klopfen. Aber dann kam der Einwurf, dass jetzt sicher der große Einwurf käme, der Autor schere ja Ossis und Wessis über einen Kamm. Ab da hat sich die Stimmung bei mir gedreht.
Aus Skepsis wurde Zustimmung, aus Zustimmung Kopfnicken und aus Kopfnicken Nackenschmerzen. Weil ich Herrn Roth so Recht geben muss.
Eine Folge der Eifersucht ist das sprichwörtliche "Divide et impera". Bei der AfD ist das am offensichtlichsten, beispielhaft bei CDU/CSU die Nähe zur christlichen Religion und deren gemeinsamer Kampf gegen Wissenschaft und Selbstbestimmung und bei den LINKEN sind traditionell alle Kapitalisten Urfeinde, sogar auch dann, wenn die Kapitalisten nur Unternehmer sind, die mit dem Einsatz ihrer Existenz versuchen ihr berufliches Glück selbst in die Hand zu nehmen. SPD und Grüne spielen meiner Wahrnehmung nach im politischen Diskurs derzeit keine wesentliche Rolle, wobei es bei der SPD daran liegt, dass sie längst aus ihrer Rolle gefallen und ohnehin nur noch Legende ist.
Das Einzige was dagegen hilft ist Aufklärung, aber wie es aussieht steht die der Religion, der Esoterik und den Fakenews ziemlich allein gegenüber. Wen interessieren schon Fakten, wenn die Wahrheiten frei Haus geliefert werden?
Der Fisch beginnt immer am Kopf zu stinken. Das wird in diesem Kommentar sehr deutlich. Jetzt brauchen wir nur noch jemanden, der den Text von Herr Roth ausdruckt und im Bundestag, bitte schwer entfernbar, an jede Tür nagelt. Und das bitte von innen und außen.
Mario W. am Permanenter Link
Ein sehr erfrischender Artikel mit viel Stoff zum Nachdenken. Unglücklicherweise erreichen gute Gedanken selten diejenigen, die am Rädchen drehen können.
Sven Nolte am Permanenter Link
Inhaltlich genauso naiv und weinerlich wie die Geisteshaltung, die hier beklagt wird.
Jürgen Roth am Permanenter Link
Ich lasse mir ja gerne Naivität und Weinerlichkeit vorwerfen, wäre aber doch für einen Beleg aus dem Text heraus dankbar. Ihr Beitrag war da ein wenig dürftig.
David Z am Permanenter Link
Viele Worte, wenig Inhalt. Und mit keinem erwähnt Herr Roth den ursprūnglichen Anlass des Chemnitz-Szenarios: Ein Mord und zwei schwere Körperverletzungen, begangen erneut von Migranten, erneut mit Messern.
Dass sich das von Medien und Politik inkl. Bundeskanzlerin unisono umgehend und völlig unkritisch aufgebaute Narrativ der "Hetzjagdten" als Fake News erwiesen hat, erwähnt Herr Roth in seinem langen Text leider nicht.
Hier ist in der Tat einiges aufzuarbeiten.
Jürgen Roth am Permanenter Link
Sie sprechen von "Mord" i.S. des § 211 StGB. Ich warte lieber die Ermittlungen ab und laufe nicht den Scharfmachern hinterher.
David Z am Permanenter Link
Ändert "Totschlag" irgendetwas an dem zugrunde liegenden Sachverhalt?
A.S. am Permanenter Link
Ich bin anderer Ansicht, Herr Roth.
Das Problem liegt meines Erachtens in der Naivität der Christen, die in ihrem andressierten Helfer-Trieb die Augen vor den mit Immigration einhergehenden Problemen verschließen.
Der Osten der Republik ist weniger christlich, und dadurch auch weniger naiv. Zum Glück! Nazis gibt es allerdings dort auch.
Christliche Erziehung ist meiner eigenen Erfahrung nach eine Erziehung zur Naivität.
Es ist meines Erachtens die Naivität unserer christlichen Politiker, die eine frühzeitige Erkennung und Lösung der negativen Begleiterscheinungen von Immigration verhindert.
Nicht der Neid der Ossis ist das Problem, sondern die Dummheit der christlichen Wessis.
Jürgen Roth am Permanenter Link
In der Logik Ihrer Argumentation würde das heißen, je weniger christlich eine Region geprägt ist, um so weiter nach rechts driftet der Mainstream.
David Z am Permanenter Link
Dass christliche Religion und rechter Faschismus kein Problem miteinander haben mūssen, wissen wir aus unserer europäischen Geschichte nur zu gut.
Darauf wollte AS meiner Einschätzung nach auch nicht hinaus, sondern auf den Umstand, dass im Westen, geprägt durch naives Christentum mit ūbersteigerter "Nächstenliebe" (und ich ergänze: ūbersteigerter Humanismus, ūbersteigertes Schuldbewustsein gg.ūber der Geschichte), eine andere, weniger sebstbewusste, Haltung zur politischen Selbstbehauptung besteht als im Osten. Und dieser Wille zur politischen Selbstbehauptung kann, wie eben auch die Ideen des modernen Christentums oder des Humnismus, ūber das ūrsprūngliche Ziel hinausschiessen mit in beiden Fällen unangenehmen Konsequenzen: radikale Ideen auf beiden Seiten. Plakativ gesagt: naive Willkommensklatscher auf der einen, tumbe "Ausländer-raus" Schreier auf der anderen.
Ich wūrde das Problem nicht vom Osten her aufziehen und fragen "warum soviele Nazis im Osten", sondern vielmehr umgekehrt: warum so wenige in Westdeutschland. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Situation in Ostdeutschland weitaus näher am europäische Normalzustand zu sein schein.
A.S. am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Roth, sehr geehrter Herr David Z,
Herr David Z hat mich deutlich besser verstanden als Herr Roth.
In der AfD mischen sich (leider) Realisten und Nazis, weil die Realisten bei Merkel-schwarz, rot, grün kein Gehör finden und Merkel-schwarz, rot, grün alle, die nicht so naiv sind wie sie selbst, pauschal als Nazis diffamieren.
Der Verzicht auf christliche Erziehung lässt die Menschen realistischer werden, nicht unbedingt rechter.
Auch Herr Roth ist dem Fehler verfallen, Realisten und Nazis in einen Topf zu werfen. Diese Haltung schadet den Realisten und befördert die Nazis.
Letztendlich verteidigt Merkel-schwarz, rot, grün nur verbissen-hysterisch seine Mulitkulti-Illusionen, anstatt sich der deutlich weniger idealen Realität zu stellen.
A.S. am Permanenter Link
ich verweise auf meine Antwort an David Z
Bernie am Permanenter Link
Die Eifersucht also? Woran erinnert mich das? Damals als die ungerechten Agenda2010-Reformen eingeführt wurden grassierte in den Mainstream-Medien und den selbsternannten Eliten Deutschlands das Wort vom Sozialneid.
Gruß
Bernie
Bernie am Permanenter Link
Sorry, gerade habe ich - beim Anklicken Ihres Namens - festgestellt, dass sie den Grünen angehören - den säkularen zwar - aber der grünen Partei.
Das Teile und Herrsche, dass auch unter Flüchtlingen gilt, haben sie in ihrer grünen Betriebsblindheit auch vergessen - ist ja kein Unrecht wenn Leute auf Arbeitsuche, egal woher, gegeneinander ausgespielt wurde - sind ja nur eifersüchtig aufeinander die lieben Arbeitslosen will ich mal sarkastisch anmerken. Und - um es mal ganz zynisch, mit nur einem Beispiel aus der Menschheitsgeschichte, zu sagen - die französischen Nichtadeligen, die 1789 die Große Französische Revolution anzettelten waren ja auch nur eifersüchtige Leute..ganz zu schweigen von Karl Marx, dem alten eifersüchtigen aus Trier und seinem Freund Friedrich Engels...nur mal so als Beispiel wie Ihre Logik, wohl nicht nur bei mir, ankommt.
Gruß
Bernie
Jürgen Roth am Permanenter Link
Ich habe doch ausdrücklich die sozialen Verwerfungen nach der Einigung erwähnt; die treffen übrigens Ost und West gleichermaßen.
Bernie am Permanenter Link
Lieer Jürgen Roth, danke für Ihre Erklärung, die die Sache klarer macht. Übrigens was das angeblich neue Erstarken des Faschismus angeht, da habe ich so eine eigene Theorie.
Gruß
Bernie
Bernie am Permanenter Link
Noch etwas was das Gebiet der ehemaligen DDR angeht. Mich wundert schon seit Jahren, dass Linke nachdem sie doch den autoritären Staatskommunismus bekämpft haben, schnell in Richtung autoritären Faschismus abdriften.
Manfred H. am Permanenter Link
Der Satz "Jetzt gehören wir als (Ost-)Deutsche dazu..." trifft den Kern der Sache hervorragend.
Aber von "unserem Land" etwas abgeben sollen...das ist einfach zu viel verlangt! Und je weniger man ansonsten vorzuweisen hat, desto mehr fällt das "eigene Land" ins Gewicht.
Der Mensch definiert sich nach wie vor über die eigene Gruppe. Das nicht erkannt zu haben, ist wohl der große Irrtum der Linken, Grünen und Liberalen.
Jürgen Roth am Permanenter Link
Stimmt es wirklich, dass Linke die Menschen nicht über ihre Gruppenzugehörigkeit bestimmen? Ich habe da Zweifel, zumindest was die Allgemeinheit der Aussage angeht; für Liberale mag es gelten.
Ulf am Permanenter Link
Zitat J.Roth
"Bei den Rechten wiederum dreht es sich um der Kampf der Rassen oder Völker gegeneinander"
Der hauptsächliche Konflikt im Osten (und auch im Westen) besteht m.M.n. in der propagierten quasi völlig entgrenzten Welt (ein feuchter Traum des int. Großkapitals) einhergehend vorerst mit der Schaffung eines, gerade auch hinsichtlich Demokratie noch recht vagen Konstruktes eines neuen Europas auf der einen Seite versus jene, die einen Nationalstaat halten wollen, mit einer Demokratie, die sich aus einer wertehomogenen, eben nicht zwingend ethnisch homogenen (!) Bevölkerung speist ( siehe Böckenförde Diktum) und v.a. diese Bezeichnung auch verdient. Zuviel wird schon mit Verweis auf europäisches Recht über ihre Köpfe entschieden.
Und dies, sehr geehrter Herr Roth wird von grossen Teilen der handelnden Politik nicht als Konflikt zweier völlig differenter politischer Konzepte begriffen, deren jeweiligen Vorzüge und Nachteile rational diskutiert und kritisch aufgearbeitet werden müssten, bevor man eine Entscheidung fällt, sondern die einseitige Umgestaltung der ersteren Vision wurde einfach in Angriff genommen.
Die Menschen, die es jetzt hauptsächlich mit den, auch negativen Auswirkungen zu tun bekommen, sind eben nicht die wohlhabenden Kosmopoliten, die reisenden Künstler und abgesicherten Politiker oder Manager der Ökonomie.
Wie gesagt, das Experiment wurde gestartet und Menschen die Einwände erhoben, wurden zum leibhaftig Bösen erklärt. Hier das weltoffene Gute gegen das ewig Rückwärtsgewandte alter weißer Männer. Hier die einzig mögliche, helle Zukunft gegen das angeblich drohende vierte Reich, die ewige Dunkelheit.
Dazu wurde, wie oben ausgeführt, auch mit Hilfe der Medien, der demokratisch völlig legitimierte Begriff "Rechts"(wenn man Linker ist, sind zwangsläufig gegensätzliche Meinungen immer rechts) wegkonditioniert und deren Vertreter allesamt automatisch als Rassisten, Fremdenfeinde und Nazis verortet.
Hat man dies erst erreicht, lehnt man sich zurück, denn jeder offene Diskurs und Argumentetausch mit Andersdenkenden ist nun bequemerweise sofort blockiert. Unterstellungen, Denunziation und öffentliche Anklage sind die unmittelbare Folge und kein Argumentetausch. Genau das trägt totalitäre Züge Herr Roth und das spüren viele Menschen, gerade im Osten, denn das kennen sie nur zu gut.
Viele Grüße
Rudi Knoth am Permanenter Link
Nun werde ich mal meckern. Da wird mal wieder das Märchen von den bösen rechten Ostdeutschen von einem Politiker der Grünen verbreitet. Und dann noch etwas Hobbypsychologie dazu und fertig ist der Artikel.
Jürgen Roth am Permanenter Link
Ich habe mich nicht über den "bösen" Ossi ausgelassen, sondern die Frage behandelt, warum rechtes Gedankengut in den neuen Ländern - deutlich - massiver Anklang findet als im Westen.
Rudi Knoth am Permanenter Link
Nun könnte ich noch weiter polemisieren, weil Sie schreiben:" Sonst sind die Chinesen auf der Suche nach seltenen Erden mal wieder schneller." Dies ist Unsinn.
Nun mal ernsthaft. "Wie kommt es zu den signifikanten Unterschieden im Wahlverhalten und auch bei den Umfragen? " Diese Frage ist sicherlich berechtigt. Es gibt dafür sicherlich mehrere Gründe. Früher war aus dem von Ihnen genannten und anderen Gründe die PDS dort stärker vertreten. Folgende andere Gründe sind nach meiner Ansicht denkbar:
1. Die MSM vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk sind nicht ebsonders kritisch gegenüber der Regierung.Dies kennen die Leute noch aus der DDR.
2. Wie das Beispiel Sebnitz (und eventuell Chemnitz) zeigt, wird das Bild des "rechten" Ostdeutschen sogar mit Lügen propagiert.
Michael Fischer am Permanenter Link
In der neuesten Ausgabe von Ver.di Publik wird geschildert, wie eine 76-jährige Frau, die beim Stadtfest in Chemnitz am 26.
Ich persönlich würde auf das, was z.B. der Ministerpräsident Sachsens gesagt hat (ich vermute, auf den beziehen Sie sich), wenig geben. Der war ja definitiv erst vor Ort, als alles vorbei war.
Rudi Knoth am Permanenter Link
Und was ist mit der Aussage der "Chemnitzer Freien Presse"?
A.S. am Permanenter Link
Nachtrag:
Ich wurde ziemlich christlich erzogen. Rückblickend sehe ich, dass das eine Erziehung zu einem braven, naiven, fleißigen, sich selbst ausbeutenden Menschen war, also zu so einem, wie sich jede Regierung ihre Untertanen wünscht.
Ich frage Sie ganz generell, Herr Roth: Wie vertragen sich Demokratie und Naivität? Ist nicht geradezu zu erwarten, dass naive Bürger in einem demokratischen System auf politische und sonstige Scharlatane reinfallen?
Ich stelle die These auf: Demokratie funktioniert nicht mit naiven Bürgern.
Jetzt ist aber christliche Erziehung meiner Erfahrung und Beobachtung nach eine Erziehung zu Naivität (Ihr müsst werden wie die Kinder!). Gottesglaube und allgemeine Naivität korrelieren meiner Ansicht nach. (Wäre mal 'ne Studie vom Pew Institut wert. Vielleicht ist der Zusammenhang auch: wer nicht naiv ist, glaubt auch nicht an Gott).
Eine Konsequenz wäre, dass die Fähigkeit zur Demokratie nicht so sehr von der Bildung im allgemeinen, sondern eher speziell von der Nicht-Naivität abhinge. Ein wichtiger Aspekt für die politische Bildung in Schulen!
Meine Meinung:
- nicht-naive Menschen fallen seltener auf "Gott" herein
- nicht-naive Menschen fallen seltener auf Populisten rein
- nicht-naive Menschen sind realistischer
- nicht-naive Menschen eignen sich besser für die Demokratie.
- naive Menschen wählen "liebe Traumtänzer" in die Regierung anstatt fähige Politiker. (Davon leben die Grünen)
- wenn naive Menschen endlich merken, wie lange sie genasführt wurden, entlädt sich ihre Wut in einer Explosion.
Mehr christlich-naive Erziehung zur Bravheit fördert weder die Demokratiefähigkeit noch schützt sie uns vor Populismus. Der von den Kirchen propagierte Weg "mehr Religion" wird uns nur weiter ins Verderben jagen.
Diese Argumentation können Sie als säkularer Grüner gerne all jenen entgegenhalten, die uns weis machen wollen, in der christlichen Religion läge die richtige Antwort auf Populismus. Weniger Naivität ist die richtige Antwort!