Frühjahrsversammlung der Deutschen Bischofskonferenz

Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal: Ein "synodaler Weg"

Man will sich auf den Weg machen und innerhalb eines strukturierten Dialogs über die kirchliche Sexualmoral, den Zölibat, den klerikalen Machtmissbrauch und die Rolle der Frau sprechen. Das gab der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz gestern in Lingen bekannt.

Gestern fand die Abschlusspressekonferenz der Frühjahrsversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Lingen statt, die live im Internet übertragen wurde. Die katholischen Kirchenfürsten hatten sich zusammengefunden, um einmal mehr  über Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal zu beraten. Im Februar hatte bereits eine Vollversammlung aller Vorsitzenden der Bischofskonferenzen weltweit im Vatikan stattgefunden, allerdings ohne konkrete Ergebnisse.

Kardinal Reinhard Marx sprach von drei Säulen ihrer Arbeit: Die erste sei Aufarbeitung und Prävention, daran arbeite man seit 2002, intensiver seit 2010, die Missbrauchsstudie vom vergangenen Herbst habe dem noch einen weiteren Schub versetzt. Die zweite Säule beschäftige sich mit weiterführenden und übergreifenden Themen, die dritte behandle notwendige Veränderungen im Kirchenrecht. Der von vielen Seiten geforderte Maßnahmenkatalog liege vor und werde abgearbeitet, sagte Marx nachdrücklich.

Der Münchner Kardinal sei erschrocken, als er in der von der Kirche in Auftrag gegebenen Studie gelesen habe, der Missbrauch halte an. "Das stimmt ja nicht ganz, wenn man die Zahlen anschaut, natürlich sind nach den Präventionsmaßnahmen (…) die Zahlen zurückgegangen", relativierte er. Die deutsche katholische Kirche sei die einzige Ortskirche, die sich den systemischen Fragen, die Missbrauch begünstigten, stelle und dem auch sehr genau nachgehen wolle. Das könne man aber nicht in zwei Stunden erledigen.

Das Problem solle auch nicht nur im Kreis der Bischofskonferenz angegangen werden, Kardinal Marx sprach von einem "synodalen Weg" gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), der einstimmig in der letzten halben Stunde der Konferenz beschlossen worden sei. Dabei gehe es um die kirchliche Sexualmoral, den Zölibat und Fragen von Macht und Machtverteilung. Dazu gehöre auch "das Thema der Frau", in erster Linie bezogen auf die Laienpartizipation. Verbindlich, transparent und ergebnisoffen und innerhalb eines Zeitrahmens sollen diese Fragen in Arbeitsforen besprochen werden. Es solle aber kein "belangloses Gespräch" sein, das "irgendwann im Sande verläuft". Marx sprach von einer guten Atmosphäre und einer intensiven, kontroversen Debatte während der Bischofskonferenz.

Man wolle eine "synodale Kirche bauen", um dem klerikalen Machtmissbrauch etwas entgegenzusetzen. Die Frage, "ob Priesterweihe und zölibatäre Lebensform immer gebunden sein müssen" sei erlaubt und berechtigt. Gleichzeitig müsse man sich fragen, wie man eine Wertschätzung der ehelosen Lebensform in der Kirche bewahren könne. Immer wieder kritisierte der Münchner Kardinal Vorverurteilungen und diejenigen, die die Antworten schon vorher wüssten. Das Ganze müsse in einem "strukturierten Dialog" stattfinden und nicht in einem "medialen Schlagabtausch". Sollte es Punkte geben, die man in diesem Rahmen nicht klären könne, werde man gegebenenfalls auch einen Brief nach Rom schreiben und die Ergebnisse eines "synodalen Weges" vor der Weltkirche vertreten.

Während man sich in Lingen demütig gab und "sich auf den Weg machen" will, schuf Kardinal Gerhard Ludwig Müller andere Fakten: Er kritisierte die Verurteilung des australischen Kollegen George Pell, der wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger für sechs Jahre hinter Gitter muss. Es sei schlimm, "wenn nicht die Wahrheit die Reaktion der Menschen bestimmt, sondern die Parteilichkeit der Ideologie, der einer folgt", sagte der Kirchenfürst zur dpa. "Wie kann jemand für eine nicht bewiesene Tat verurteilt werden, gerade auch mit Blick darauf, dass schon viele Menschen im Gefängnis waren, deren Unschuld sich später herausstellte."