Die Kieler Kapitänin Carola Rackete wurde festgenommen, nachdem sie das Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 3" in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa gesteuert hat. Die Redaktion des Humanistischen Pressedienstes ruft zur Solidarität auf.
Nach einer Rettungsaktion vor der libyschen Küste wartete die "Sea-Watch 3" vergeblich auf die Erlaubnis, an einem europäischen Hafen anzulegen. Mehr als zwei Wochen mussten die geretteten Menschen und die Crew auf internationalem Gewässer vor der italienischen Insel Lampedusa ausharren. In der Nacht auf Samstag startete die Kapitänin Carola Rackete schließlich ein Überraschungsmanöver. Trotz Warnung fuhr sie in den Hafen der Insel ein, um die Flüchtlinge an Land zu bringen. Nach dem Willen der italienischen Regierung sollten die geretteten Menschen zurück nach Libyen gebracht werden.
Kurz nach der Ankunft in Lampedusa wurde Rackete von den italienischen Behörden festgenommen und das Schiff beschlagnahmt. Der Vorwurf: Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Verletzung des Seerechts. Im Falle einer Verurteilung drohen der 31-jährigen Kapitänin nicht nur eine hohe Geldstrafe, sondern bis zu zehn Jahre Haft.
Die Redaktion des Humanistischen Pressedienstes solidarisiert sich mit Carola Rackete. Denn Seenotrettung ist kein Verbrechen, sondern eine humanitäre Pflicht. In Seenot gerettete Menschen sind laut Seerecht schnellstmöglich an einen sicheren Ort zu bringen. Das Bürgerkriegsland Libyen ist kein sicherer Ort. Die Deutsche Botschaft berichtet von "KZ-ähnlichen Verhältnissen" in Internierungslagern. International agierende NGOs dokumentierten massive Formen von Folter, Sklaverei und Exekutionen.
Als humanistisches Medium stehen wir auf der Seite derjenigen, die für die Umsetzung der Menschenrechte eintreten und damit ein Zeichen gegen den um sich greifenden Zynismus setzen. Wir rufen daher zur Unterstützung des Rechtshilfefonds für die AktivistInnen von Sea-Watch auf:
43 Kommentare
Kommentare
G.B. am Permanenter Link
Für mich, sowie für jeden Humanisten, eine Selbstverständlichkeit zu Spenden.
Frau Carola Rackete hat Zivilcourage gezeigt mit diesen Akt der Humanität Chapeau!
David am Permanenter Link
Mit Verlaub, selbstverständlich gibt es auch verantwortungsethisch denkende Humanisten, die bewusst nicht spenden. Und zwar aus guten Gründen.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Das Schiff ist nach meiner Kenntnis in Holland registriert. Statt zwei Wochen auf eine Einreisegenehmigung zu warten, wäre es möglich gewesen in nur 7 Tagen die Leute dorthin zu bringen.
Darüber hinaus gibt es in Afrika durchaus sichere Staaten, nur die Grundversorgung ist nicht ganz so üppig wie sich das viele vorstellen.
HFRudolph am Permanenter Link
@Bolz: Habe ich auch sofort gedacht. Vor allem: Wenn(!) sie die Flüchtlinge vor Libyen aufgenommen hat, dann hätte ein vernünftiger Seenotretter sie auch dort wieder abgesetzt.
Die Hilfe bei der Realisierung der Einreise bringt vor allem noch das Problem mitsich, für andere einen Anreiz zu setzen, sich selbst mit Kind und Kegel in Lebensgefahr zu begeben, weil einen ja schon irgendeine Seenotrettungsaktion aus dem Schlauchboot holen wird. Überhaupt wird von Italien ein solcher Anreiz gesetzt, wenn das Land den Menschen Asyl gewährt/gewähren würde, die über die Küste ins Land kommen.
Andererseits ist das natürlich auch von uns verlogen, wenn hier überhaupt nur dann jemand Asyl beantragen kann, wenn er/sie/es es bis ins Wartezimmer des deutschen Asylamtes in Kleintupfingen geschafft hat.
Hinter dem ganzen Vorgehen steckt dann wieder die Anstiftung, sein Leben zu riskieren. Dazu trägt dann aber Frau Rakete auch bei.
Deswegen darf Seenotrettung sich nicht als Schlepperorganisation missbrauchen lassen.
Karl Rannseyer am Permanenter Link
Niemand steht über dem Gesetz! Auch eine Kapitän mimende Millionärstochter mit gutmenschlicher Attitüde nicht.
Hier wird Moral über das Gesetz gestellt, das ist ein äußerst gefährliches Fahrwasser!
Bernd Herbert am Permanenter Link
Wow. Eine Millionärstochter. Das ist natürlich ein absolut gewichtiges Argument in der Diskussion
CnndrBrbr am Permanenter Link
Niemand steht über dem Gesetz, auch ein italienischer Präsident nicht.
Und das Gesetz, das Rettung aus Seenot gebietet, steht über jedem nationalen Gesetz.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Genau, Rettung aus Seenot, aber nicht mehr!!
Nicht nach Italien, nicht nach Europa, schlicht und ergreifend nur RETTUNG.
Der gesetzliche Text ist ja wohl eindeutig.
Tassilo Wenzl-S... am Permanenter Link
Zum Fall Rackerte:
Gerade von Humanisten Solidarität mit Schleppern zu verlangen, ist entweder nicht, bzw. zu kurz gedacht, oder eine linksbasierte, auf eklatanter Unkenntnis der Sachlage beruhende Einstellung.
Der "Sea Watch" wurde laut ZDF vom 13.6.2019 ein - dem internationalen Seerecht entsprechender - lybischer Hafen zugewiesen (der 34 Seemeilen entfernt war!!!) -mit der Zusicherung die Schiffbrüchigen aufzunehmen, zu versorgen und medizinisch zu betreuen, unter internationaler Aufsicht.
Dem hat sich die Kapitänin widersetzt und hat dann Kurs auf das über 250 Seemeilen entfernte (!!!) Italien genommen.
Und das zu einem Zeitpunkt, als bereits schwer Kranke und Sterbende an Bord waren. Selbst wenn man Italien auf dem schnellsten Weg erreicht hätte, wäre die dringend nötige medizinische Versorgung über einen Tag später erst möglich gewesen. Italien hat von Beginn an die Einfahrt in seine Häfen verweigert, genau so wie Malta. Es war also klar, daß die medizinische Versorgung erheblich länger als mit einem Tag Verspätung kommen würde.
In Lybien hingegen standen Retter und Ärzte bereit!!!
Die Kapitänin hat damit grob fahrlässig Tod und Verderben sowie großes Leid billigend in Kauf genommen. Dessen völlig ungeachtet hat sie bei der illegalen Einfahrt in den italienischen Hafen völlig Unbeteiligte in Lebensgefahr gebracht und, fast schon Nebensache, mit einem ‚unfachmännischen’ (unseemännischen) Anlegemanöver riesigen Sachschaden verursacht.
Diese Frau gehört, wie viel andere Kapitäne sogenannter ‚Seenotretter‘, die, entgegen intl. Gepflogenheiten, in Seenot Geratene an das nächstliegende Ufer zu bringen, mehrere hundert Seemeilen in Kauf nehmen. Dies alles dient nur polititischem Druck der Linken, nicht aber den Menschen.
Mit Humanismus hat das schlicht nichts zu tun. Wer so etwas behauptet, ist kein Humanist, sondern ein Ahnungsloser.
Helmut Lambert am Permanenter Link
Diese einseitige Sicht ist mir unverständlich.
Nicht zu sehen, dass Frau Rakete einen persönlichen Kampf mit Salvini austrägt und die Folgen ihrer Handlung anderen aufbürdet, ist dumm.
Statt einer distanziert vernünftigen Sicht bietet der hpd empatische Kurzsichtigkeit.
Volkmar am Permanenter Link
Seenotrettung ist richtig, wenn sich redliche Passagiere ohne eigenes Verschulden in Seenot befinden. Alles andere ist SCHLEUSERKRININALITÄT!
Bernd Herbert am Permanenter Link
Also wenn jemand trotz Sturmwarnung zu einem Segeltörn ausfährt und dann in Seenot gerät, braucht man den auch nicht mehr retten weil "Selbst Schuld!"?
Klaus D. Lubjuhn am Permanenter Link
Immer vorausgesetzt, dass bekannt ist, wie Politik und Gesetzgebung Italiens in Fragen von Immigration, insbesondere bzgl.
Manfred H. am Permanenter Link
Zur rechtlichen Situation hilft vielleicht das hier: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/faq-seerecht-101.html.
Passendr zum Artikel: "Solidarität allein reicht nicht" (https://www.tagesschau.de/ausland/interview-sea-watch-101.html).
Ein Auszug: Es ist auch Realpolitik, wenn Deutschland mit einem Gegenkonzept einer humanen, umsetzbaren Politik antritt. Dazu müsste man dann auch Menschen in ihre Heimatländer zurückführen, die keinen Schutz brauchen. Um keinen Anreiz mehr zu setzen, sich auf den Weg nach Libyen zu machen. Man man müsste ernsthaft darüber reden - so wie das die Bundeskanzlerin mit der Türkei 2016 tat - was man diesen Ländern anbieten kann, damit sie ihre Bürger auch zurücknehmen. Das ist dringender nötig denn je. Je länger Regierende in Deutschland denken, sie können das Fehlen einer Strategie im Mittelmeer aussitzen, desto höher die politischen Kosten."
camillo_s am Permanenter Link
Erfreulich zu sehen, dass die mehrheit der kommentare (jedenfalls zum zeitpunkt der abfassung meines eigenen) der im artikel unterstellten "humanistischen verpflichtung" ebenso kritisch gegenübersteht wie ic
Bernhard Zaugg am Permanenter Link
Es ist Montagabend und ich finde sieben Kommentare zum obigen Text. Sechs davon sprechen Frau Carola Rackete das Recht ab, so zu handeln, wie sie es getan hat.
Oder liege ich falsch? Sollte ich aufhören, in einem Forum täglich etwas Erbauliches lesen zu wollen, wo sich Kleingeistige, menschen- oder fremdenfeindliche Legalisten in einem solch krassen Verhältnis tummeln? Gehört es nicht zum Grundwesen eines Humanisten, grundlegende Menschenrechte höher zu gewichten als einfache Gesetze (die nie etwas sonderlich Hochwertiges repräsentieren, sie sind auch nur von Menschen gemacht). Sollte ich nun wirklich diesen Newsletter abbestellen?
Bernd Herbert am Permanenter Link
Es wäre zumindest eine Überlegung, wenn selbst auf dieser Seite die Leser die Fassung verlieren, wenn es sich thematisch irgendwie um Flüchtende handelt.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Mein Humanismus hat vielleicht andere Perspektiven:
Charlie Hebdo, Bataclan, Nizza, Berlin Breitscheidplatz um nur einige zu benennen.
Schon Peter Scholl Latour hat geschrieben: wenn wir halb Kalkutta aufnehmen helfen wir nicht Kalkutta, sondern werden selbst Kalkutta. ( Soweit ich mich erinnere war das aber kein Nazi, der hatte eben auch nur einen Gesunden Menschenverstand)
Bernhard Zaugg am Permanenter Link
Ihr Humanismus hat nicht andere Perspektiven, sondern er ist nationalistisch oder eurozentristisch, also nicht humanistisch. Peter Scholl Latour war auch kein Humanist.
Michael Fischer am Permanenter Link
"Es geht darum, Menschen zu helfen, wo immer sie Hilfe nötig haben, ob in Kalkutta, Paris, Nizza oder Berlin."
Das ist eine zutiefst humanistische Einstellung, aber ich fürchte, daß sie angesichts einer völlig überbevölkerten Welt, wo zu allem Überfluss auch noch jede viereinhalb Tage eine weitere Million hinzukommt, völlig unrealistisch ist.
Jo am Permanenter Link
Hallo Herr Bolz, wonach stellen Sie denn das Ranking auf, wer zuerst hilfe benötigt?
Rainer Bolz am Permanenter Link
Um es kurz zu schildern: Ein wenig wie Donald Trump, etwas wie Australien, einiges aus der Schweiz, aber zuerst sollten hier in Deutschland die Massiven Probleme im Gesundheitswesen, Rentenversicherung, Bildungssystem
Sorry, - aber Kollateralschäden für die wir nicht verantwortlich sind müssen bis dahin von Europa in Kauf genommen werden.
David Z am Permanenter Link
"Das sind doch keine echten Humanisten, was suchen die hier?"
Warum nicht? Und warum meinen Sie, ein "echter" Humanist zu sein? Und überhaupt, warum sollten man es bevorzugen, in einer Filterblase zu leben?
"Oder liege ich falsch? "
Ja.
"Sollte ich aufhören, in einem Forum täglich etwas Erbauliches lesen zu wollen, wo sich Kleingeistige, menschen- oder fremdenfeindliche Legalisten in einem solch krassen Verhältnis tummeln?"
Ja. Sie sollten aufhören, Informationen und Meinungen danach zu filtern, ob sie für Sie "erbaulich" sind oder nicht. Wie wollen Sie denn sonst reflektieren und Ihre Postion hinterfragen? Oder glauben Sie allen ernstes, Ihre Position ist immer richtig, sobald sie sie mit dem Wort "Humanismus" verknüpfen?
"Gehört es nicht zum Grundwesen eines Humanisten, grundlegende Menschenrechte höher zu gewichten als einfache Gesetze (die nie etwas sonderlich Hochwertiges repräsentieren, sie sind auch nur von Menschen gemacht). "
Nein. Menschenrechtsfundamentalismus ist genau so bescheuert wie religiöser. Recht, Gesetz und Verhältnismäßigkeit sollten auch im Leben von extremen Humanisten eine Rolle spielen. Wir sollten inzwischen gelernt haben, dass das Absolutsetzen einer Ideologie grundsätzlich problematisch ist.
"Sollte ich nun wirklich diesen Newsletter abbestellen?"
Nein. Es sei denn, Sie wünschen sich eine absolute Filterblase.
Willie am Permanenter Link
Was mich bei vielen Kommentaren immer verwundert ist, dass man so einen Wert auf "Gruppen-Bestrafung" legt anstatt an den einzelnen Menschen selbst zu denken.
Ja, wir alle haben ein Problem mit Menschen die, aus welchem Grund auch immer, aus ihrem Ursprungsumfeld flüchten. Aber, und das ist doch hier die Frage, reicht das bereits aus Menschen im Meer ersaufen zu lassen?
Und nochmals ja, es gibt die Schlepper, aber die, die im Meer Menschen vor dem ersaufen retten, sind nicht Teil davon, da sie eben nicht die Menschen an Land in Empfang nehmen und aufs Schiff bringen. Wenn das zuträfe, dann sind doch die Helfer z.B. auf Lampedusa oder auch in D. auch alles Schlepper.
Nein, ich habe kein Lösung, aber Menschen beim ersaufen zusehen ist auf gar keinen Fall die Lösung, da dadurch eben kein Flüchtling abgehalten wird, denn Toter gab es schon mehr als genug.
Petra Pausch am Permanenter Link
Allen, die hier in den Kommentaren das Retten von Menschen aus Seenot und das Anlaufen eines italienischen Hafens bezweifeln sei der Faktenfinder der Tagesschau ans Herz gelegt: http://www.tagesschau.de/faktenfinder/f
Im Übrigen finde ich es beschämend, das in einem humanistischen Portal inhumane und dumme Kommentare die Mehrheit haben.
HFRudolph am Permanenter Link
@Pausch: Danke für den Hinweis auf den Faktenchecker. Werde ich gleich noch durchlesen. Beim ersten Blick sticht gleich ins Auge:
Also Libyen?
HFRudolph am Permanenter Link
Also angenommen ich stelle mich vor der Libyschen Küste mit meinem „Seenotrettungsboot“ hin und warte auf Schlauchboote und an der Küste gibt irgendein Fischerboot Nachricht: Hey Leute, da hinten liegt das Seenotrettu
Naja, man kann sich vorstellen, was dann passiert, nämlich dass dann Horden von Leuten mit Schlauchbooten losfahren, um dieses Boot zu erreichen. Ja, nur bei schlechter Sicht auf See, Nebel, Regen, Seegang, Dunkelheit etc. kommt einem da vielleicht auch mal ein Schlauchboot abhanden.
Wenn man aber in solcher Form den Anreiz für das Aufbrechen mit Seeuntüchtigen Booten setzt, kann Seenotretung auch mal ein Verbrechen sein, zumindest moralisch!
Wenn. Ob das hier in solcher oder ähnlicher Form betrieben wurde, will ich damit überhaupt nicht behaupten. Im Zweifel für den Seenotretter.
HFRudolph am Permanenter Link
Valentin Schatz vom Lehrstuhl für Internationales Seerecht der Universität Hamburg hält Tripolis für keinen sicheren Hafen im Sinne der Seenotrettung - warum nicht, ertrinkt man da?
Aber angenommen, Tripolis sei allgemein als unsicherer Hafen bekannt, dann müssten alle Schiffe Tripolis ansteuern, quasi um die Schiffbrüchigen oder in Not befindlichen Menschen dort abzuholen. In Konsequenz würde das doch bedeuten, Jeder (!) im Hafen von Tripolis hätte automatisch einen Einreiseanspruch in Italien, was irgendwie die Seenotrettung doch etwas überstrapaziert.
Gerhard am Permanenter Link
Wenn es ums Hetzen gegen Religionen oder deren Mitglieder geht, dann haben inhumane und dumme Kommentare in diesem Forum doch eigentlich immer die Mehrheit.
G.B. am Permanenter Link
Frau Pausch, wem sagen Sie das! da muss ich Ihnen vollkommen Recht geben.
Petra Pausch am Permanenter Link
Ich habe gerade noch einen Artikel gefunden, der viele Scheinargumente, die auch hier in den Kommentaren zu lesen sind, entkräftet.
Eberhard Duschl am Permanenter Link
Glücklicherweise findet sich immer wieder eine Frau, die dem Chauvi-Geplapper die Vernunft entgegensetzt.
Vielen Dank Petra Pausch!
Florian Heinrich am Permanenter Link
Puh, mich beruhigen viele der Kommentare hier sehr. Es scheint ja doch noch differenziert denkende Humanisten zu geben.
Lieber HPD, mal so ganz grundsätzlich, ich finde, ihr solltet weniger Politik betreiben. Und schon mal gar nicht unter dem Deckmantel des Humanismus. Ich finde, gerade Ihr solltet euch doch sehr bewusst darüber sein, dass Humanismus vor allem auf kritischem freien Denken beruht. Deshalb finde ich es ein wenig abstrus, dass hier immer wieder Berichte erscheinen, bei denen ihr so tut, als gäbe es zu gewissen Themen nur eine einzige legitime Meinung. Das hat nichts mehr mit Humanismus und kritischem Denken zu tun, das ist einfach nur noch plumper Linkspopulismus.
Ich finde in der Debatte generell sehr problematisch, dass so ein krasses Schwarz-Weiß-Denken vorherrscht. Zwei Extreme. Man unterscheidet nur zwischen armen Menschen, die dringend vor dem Ertrinken gerettet werden müssen, und rechtsradikal gesinnten Leuten, die einfach nur niemanden in Europa sehen wollen und deshalb Menschenleben in Kauf nehmen und abwerten.
Aber es gibt auch noch eine Menge Graustufen dazwischen!
Zu allererst sollte man sich mal bewusst machen, dass jedes einzelne Migrantenschiff, das erfolgreich in Europa anlegt, ein Signal in gewisse Länder der Erde sendet und somit die Fluchtbereitschaft bzw. die gezielte (ökonomisch motivierte) Flucht nach Europa zusätzlich erhöht.
Zum anderen sollte man sich bewusst machen, dass es bei der sogenannten "Seenotrettung" überhaupt nicht um tatsächlich in Lebensgefahr schwebende, fast ertrinkende Menschen geht. Wie viel Prozent aller Menschen, die auf Schiffen von sogenannten Seenotrettern nach Europa kommen, wurden denn tatsächlich aus dem Meer gefischt, weil sie fast ertrunken sind?
Warum wird immer so getan, als würden Menschen in Lybien einfach ins Wasser springen und Richtung Europa SCHWIMMEN? Das ist doch Unsinn. Die allermeisten Migranten aus Nordafrika besteigen gezielt und oftmals gegen Geld mehr oder weniger sichere Boote. Das ist ein signifikanter Unterschied und hat erstmal rein gar nichts mit ertrinkenden Menschen zu tun. Was für eine massive Verzerrung der Realität hier in der Öffentlichkeit immer stattfindet, das ist Wahnsinn.
Darüber hinaus finde ich es mehr als lächerlich, dass gerade Deutschland sich jetzt als der große Migrantenretter aufspielt. Man muss sich mal vergegenwärtigen: Das Schiff ist ZWEI WOCHEN lang im Mittelmeer geschippert. Das heißt, es war mehr als genug Zeit da, für eine legale Lösung für die Migranten zu sorgen. Warum kommen auf einmal erst jetzt alle möglichen Staaten um die Ecke und bieten an, Migranten von dem Schiff aufzunehmen? Und tun so - wie Deutschland - als hätten sie das schon angeboten, als das Schiff noch im Meer war? Was für eine Moral-Heuchelei...
Und mal etwas Wichtiges zum humanitären Aspekt: Bestand wirklich dringender humanitärer Druck, die Menschen an Land zu bringen? NEIN! Denn: Kranke, Frauen und Kinder wurden längst und mehrfach innerhalb dieser zwei Wochen von diesem Schiff an Land gebracht! Aber das wird ja gerne verschwiegen, nech? :)
Gunnar Glitscher am Permanenter Link
„Warum wird immer so getan, als würden Menschen in Lybien einfach ins Wasser springen und Richtung Europa SCHWIMMEN?“
Ich denke, auch in einem Unterbietungswettbewerb hinsichtlich ethischer Standards, sollten sich die Teilnehmenden nicht zu sehr von wirren Phantasien leiten lassen.
Michael Fischer am Permanenter Link
Eine Frage an Dich als Medienmann: Wie wird die Problematik insgesamt und wie dieser spezielle Fall eigentlich im Ausland bzw. in der ausländischen Presse gesehen?
Florian Heinrich am Permanenter Link
Hi Michael, da fühle ich mich aber geehrt, dass du mich "Medienmann" nennst :D
Wie dieser konkrete Fall berichtet wird, kann ich gar nicht so genau sagen, weil ich in den letzten zwei, drei Wochen bei der Arbeit stärker mit anderen Aufgaben als der Analyse konkreter Medienartikel beschäftigt war.
Grundsätzlich ist aber seit Jahren, wenig überraschend, das auffällige Muster erkennbar, dass gerade in Italien und den Visegrad-Staaten sehr kritisch über die EU-Migrationspolitik berichtet wird. Auch Österreich ist da überdurchschnittlich kritisch. In Deutschland dagegen ist ist ein klarer linker Trend pro Migration und pro Seenotrettung erkennbar.
In Italien geht es meist darum, dass sich das Land mit der Problematik alleingelassen fühlt. Auch Malta protestiert oft und stark, weil das Land sehr klein ist und gleichzeitig die höchste Bevölkerungsdichte in der EU hat.
Spanien dagegen wird in den letzten Monaten oft, gemeinsam mit Deutschland, als der Retter dargestellt, der immer alle möglichen Schiffe und Migrantan aufnimmt/an Land lässt, die die bösen Italiener und Malteser nicht wollen.
Umgekehrt berichten die Medien extrem negativ über Italien und Malta, besonders in Deutschland. Differenzierte Artikel, die Verständnis für die Lage der "Dublin-Staaten" zeigen, gibt es nur selten, egal in welches Land ich so gucke.
Ansonsten war die Berichterstattung überall in der EU in den letzten Monaten von Auffanglagern in Nordafrika, einer möglichen Reform des Dublin-Systems und vor allem einer Frontex-Aufstockung geprägt. Auffällig ist auch, dass immer seltener über das Abkommen mit der Türkei berichtet wird. Der Fokus der Migrationspolitik hat sich medial und vermutlich auch real in den letzten 6-18 Monatem drastisch von Syrien/Türkei/Griechenland in Richtung Nordafrika/Mittelmeer/Italien verschoben.
Und grundsätzlich lässt sich sagen, dass das Thema Migration in den letzten Monaten recht konstant einen mittel-relevanten Stellenwert aufweist. Es wird schon immer wieder darüber berichtet, aber bei weitem nicht so viel, wie in letzter Zeit über Brexit und Europawahl berichtet wurde. Und trotz Rackete wird auch aktuell deutlich mehr über Europawahl/Spitzenposten berichtet.
Jo am Permanenter Link
"Warum wird immer so getan, als würden Menschen in Lybien einfach ins Wasser springen und Richtung Europa SCHWIMMEN? Das ist doch Unsinn.
Also wenn die Leute nach Italien schwimmen oder kaputte Boote besteigen würden, wäre es ok und man sollte sie aufnehmen?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Sie ist frei.
Und das ist auch gut so!
Rene Goeckel am Permanenter Link
Sehr schade in diesem Zusammenhang, dass nicht alle (kritischen) Kommentare veröffentlicht wurden.
Tassilo Wenzl-S... am Permanenter Link
So ist es.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Diese Feststellung mußte ich auch schon erfahren.
Aber von einer mittlerweile linkslastigen Redaktion ist auch nichts anderes zu erwarten.
Dabei sollten wir mehr Sarrazin wagen.
Gunnar Glitscher am Permanenter Link
Als Humanist sollte man der Redaktion für die glasklare Distanzierung von rechtslastigen Positionen doch eigentlich sehr dankbar sein können..
Gunnar Glitscher am Permanenter Link
Migrantenfeindlichen Zynismus und dümmliche Empfehlungen, die aus Seenot geretteten doch einfach zurück nach Libyen zu bringen (also dorthin, wo Bomben auch auf Geflüchtete fallen), kennen wir von den Lautsprechern de
Wer solches Gedankengut als ‚Humanismus‘ verstanden wissen will und den Einsatz der Lebensretter verächtlich macht, tritt die Menschenwürde mit Füßen, handelt anti-humanistisch und will spalten.