Vatikan richtet Paralleljustiz ein

Bis zum Ende des Jahres will der Vatikan ein eigenes Meldesystem für Missbrauchsfälle anlegen. Anzeigen bei staatlichen Stellen scheinen dabei aber nicht geplant zu sein.

Von sich selbst begeistert verkündet der Vatikan einmal wieder seine grundlegende Missachtung allen staatlichen Handelns. Nachdem der Papst beim sogenannten "Kinderschutz-Gipfel" versprach, für mehr Augenauswischerei in Sachen Missbrauch zu sorgen, werden jetzt endlich Nägel ohne Köpfe gemacht: Der Generalvikar für den Vatikanstaat, Kardinal Angelo Comastri, teilte in einem Schreiben mit, dass der Vatikan bis Ende des Jahres "ein öffentliches und leicht zugängliches System zur Vorlegung von Berichten bezüglich Missbrauch gegen Minderjährige und andere verletzliche Personen" einzuführen gedenkt.

Dabei solle in jeder Diözese eine Anlaufstelle für die innerkirchliche Meldepflicht für Missbrauchsfälle eingerichtet werden. Danach sind dann ab Januar 2020 alle Kleriker und Ordensleute verpflichtet, den kirchlichen Behörden "unverzüglich alle ihnen bekannt gewordenen Berichte über Missbrauch zu melden".

Wem da irgendein Hinweis darauf fehlt, dass auch staatliche Stellen wie zum Beispiel Staatsanwaltschaften oder die Polizei informiert werden sollen … der wird erfolglos suchen. Denn man möchte das ganz unter sich regeln. Schließlich lassen sich die zigtausend "Einzelfälle" nur auf diese Art und Weise unter den Teppich kehren. (Und im Vatikan gibt es seeehr große Teppiche!)

Selbstverständlich – so großzügig ist der Vatikan dann doch – dürfen auch Laien (also: Opfer) sich bei den neueinzurichtenden Anlaufstellen melden, um Missbrauchs- und Belästigungsfälle der zuständigen kirchlichen Behörde zu melden. Selbstverständlich dient das nur der Wahrheitsfindung. Und nicht, um den Opfern eventuell das Schweigen abzukaufen zu empfehlen.