Frauenfeindichkeit bei Geflüchteten

Sich von der AfD nicht die Debatte stehlen lassen

In einem hpd-Artikel Anfang September hieß es: Aufklärung und Humanismus sei mit einem universellen Feminismus durch ein bestimmtes Toleranzverständnis verbunden. Dieses werde ad absurdum geführt durch das uneingeschränkte Akzeptieren aller Kulturen und Religionen, auch wenn es sehr Kritikwürdiges darin gibt. Positiv hervorgehoben wurde dagegen das Positionspapier von zwei weiblichen Bundestagsabgeordneten der Grünen – bereits im Frühjahr erschienen, kommt erst jetzt langsam eine Debatte darüber in Gang.

Als löbliche Ausnahme vom verbreiteten antiaufklärerischen Neofeminismus wurde im hpd-Artikel das Positionspapier von Ekin Deligöz und Manuela Rottmann begrüßt (beide MdB aus Bayern, Bündnis 90/Die Grünen). Ihnen sei die Gratwanderung gelungen einer nicht rassistischen und dabei ehrlich geführten Debatte über frauenverachtende Vorstellungen auch unter Geflüchteten. Ihre Position habe "jedoch einen absoluten Minderheitenstatus im links-grünen Mainstream", hieß es dann weiter. Nun zieht Manuela Rottmann erste Bilanz über die in ihrer Partei ausgelösten Reaktionen auf das Positionspapier "Zuwanderungsgesellschaft stärken – Frauenfeindlichkeit bekämpfen".

Universelle Frauenfrage

Manuela Rottman erklärt nun im Tagesspiegel-Interview von Anfang Oktober, sie habe viele positive Rückmeldungen von der Basis, von Mitgliedern und vor allem von Leuten erhalten, die – inner- und außerhalb der Partei – in der Flüchtlingsarbeit tätig sind. Denen habe es gutgetan zu merken, dass sie nicht alleingelassen werden bei Fragen, was sie gegen Frauenfrauenfeindlichkeit in diesem Umfeld tun können. Rottmann betont, für sie sei "die Frauenfrage eine universelle Frage, im Westjordanland genauso wie in Bayern".

In der grünen Partei, bei ihren KollegInnen und auf der Funktionärsebene, habe ihr Positionspapier hingegen kaum Aufmerksamkeit hervorgerufen. Und wenn, dann eher mit dem Tenor, dass Ekin Deligöz und sie damit zu weit gegangen seien. Oder ein Zeichen von Sprachlosigkeit sei gewesen: Warum schreibt ihr extra dazu ein Papier, was doch eh alles selbstverständlich – auch bei den Grünen – sei. Dabei sei das Papier auch aufgrund von Debatten entstanden, die mit Frauenpolitikerinnen und -organisationen geführt worden seien – das Problem sei ja präsent.

Totschweigen aus Scheu?

In der Fraktion sei darüber noch gar nicht diskutiert worden. Das bewährteste Totschlagargument "Bei euch werden Flüchtlinge pauschal diffamiert" wurde in einem früheren Interview ebenfalls im Tagesspiegel von Bettina Jarasch vorgebracht, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. Dabei ist im Positionspapier von Deligöz/Rottmann explizit von "manchen" Flüchtlingen die Rede, die auch frauenfeindlich sein "können".

Den absurden Vorwurf von Jarasch versteht Rottmann deshalb auch nicht. Zu ihrem Leben hätten Muslime immer dazugehört: "Manche waren und sind meine besten Kumpel, manche sind ziemlich üble Typen. Da gibt es so einen Kurzschluss: Man sagt, die AfD ist antimuslimisch, und schert alle über einen Kamm." Rottmann nimmt ihre KritikerInnen von den Grünen in gewisser Weise in Schutz, die würden ständig "durch den medialen Wolf gedreht" und hätten deshalb bald Scheu, sich überhaupt noch zu äußern.

Sich von der AfD nichts wegnehmen lassen

"Wir wollen einerseits differenziert reden über die Probleme, anders als die AfD, aber wenn wir dann differenziert reden, dann kommt der Vorwurf, wir würden pauschalisieren", so Rottmann. Aber es dürfe nicht so weit kommen, dass die AfD bestimmt, worüber wir reden, und dass wir uns von ihr das Nachdenken darüber wegnehmen lassen, "wie wir Zuwanderungsgesellschaft gut hinbekommen". Wenn es der AfD gelingt, mit ihrem Rassismus die Frage "Wo kommst Du her?" zur dominierenden Frage zu machen und alle anderen Fragen wegzudrücken, "dann dominiert sie die Debatte. Da geben wir der AfD zu viel Macht".

Und vor allem verpassten die Grünen dann eine Chance, "wenn wir den Betroffenen und Opfern nicht sagen, dass wir an ihrer Seite stehen. Wenn wir sie nicht unterstützen, fühlen sie sich noch schwächer und noch mehr allein. Dann fällt es einer Betroffenen schwer, die konkrete Situation zu bewältigen und Grenzen zu ziehen. […] Aber genau die will ich stark machen. Wir sollten uns nicht scheuen, klar zu signalisieren, wie wir hier die Regeln verstehen. Auch das ist Kommunikation mit den Zuwanderern."