Der Verein Terre des Femmes fordert nach der neuesten kriminalstatistischen Auswertung des Bundeskriminalamtes (BKA) zu Partnerschaftsgewalt eine flächendeckende Offensive gegen geschlechtsbasierte Gewalt.
"Jedes Jahr wird erneut statistisch festgestellt, dass Partnerschaftsgewalt überwiegend Frauen betrifft. Wichtig wäre jetzt, dass man aus dieser erneuten dramatischen Bestätigung endlich auch die richtigen Schlüsse zieht und eine flächendeckende Offensive gegen geschlechtsbasierte Gewalt startet", sagt Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes. "In Krisenzeiten, wie wir sie aktuell erleben, sind Mädchen und Frauen die Erstbetroffenen von Gewalt. Wann, wenn nicht jetzt sollte es endlich zu einer grundlegenden und flächendeckenden Schutzpolitik für Mädchen und Frauen kommen? Die Dokumentation des Phänomens ist wichtig. Jetzt ist aber Handeln angesagt."
Laut der kriminalstatistischen Auswertung des BKAs zu Partnerschaftsgewalt wurden 2019 114.903 Gewalttaten gegen Frauen erfasst: Damit richteten sich 81 Prozent sämtlicher Delikte von Partnerschaftsgewalt gegen Frauen. Unter Partnerschaftsgewalt fallen zum Beispiel Stalking und Freiheitsberaubung bis hin zu Mord und Totschlag. In den Deliktkategorien sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung sowie Zuhälterei und Zwangsprostitution sind laut der Statistik fast ausschließlich Frauen betroffen. Beinahe jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch einen Gewaltakt ihres (Ex-)Partners.
Terre des Femmes fordert eine umfassende Strategie zur Bekämpfung geschlechtsbasierter Gewalt sowie die Umsetzung aller Verpflichtungen der Istanbul-Konvention, ohne Vorbehalt. Gewalt gegen Frauen ist strukturell: Deswegen gilt es, neben dem Ausbau der bereits existierenden Schutzangebote (unter anderem Frauenhäuser, Hilfetelefone, Jugendämter) auch gezielte Präventions- und Sensibilisierungsmaßnahmen flächendeckend umzusetzen, um dieser Gewalt gezielt vorzubeugen: Dabei spielen verpflichtende Schulungen zum Umgang mit geschlechtsspezifischer Gewalt, auch für Staatsdiener wie Polizeibeamtinnen, Staatsanwältinnen und Richterinnen, eine essenzielle Rolle. Auch Aufklärungsarbeit in Schulen gehört dazu. Es benötigt eine konzertierte Aktion in allen Bereichen der Gesellschaft.
20 Kommentare
Kommentare
Lars Temme am Permanenter Link
Die Aufklärung hat vor allen Dingen Terre de Femmes nötig, ebenso wie der hpd.
Es sollte Allgemeinwissen sein, dass polizeilich erfasste Delikte nur das sogenannte Hellfeld darstellen. Im Dunkelfeld, also wenn alle Delikte berücksichtig werden, sieht es oft anders aus. So auch hier.
Partnerschaftsgewalt betrifft NICHT überwiegend Frauen. Sie betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Das haben international bereits zahllose Studien erwiesen. 564 (Stand heute mittag) dazu sind hier aufgelistet:
https://frauengewalt.wordpress.com/
Bezogen auf die USA sind 286 Studien hier zusammengestellt:
https://web.csulb.edu/~mfiebert/assault.htm
Für Deutschland gibt z.B. eine EKD-Studie von 2009 an, dass 45% der Männer und 41% der Frauen bereits Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind:
http://www.ekir.de/maenner/Downloads/sonderauswertung.pdf
Eine erschöpfende Übersicht über das Thema gibt Arne Hoffmann in seinem "Lexikon der feministischen Irrtümer":
https://feministischeirrtuemer.de/haeusliche-gewalt-geht-ueberwiegend-von-maennern-aus/
Dort sind auch noch ein paar mehr Belege für Deutschland aufgelistet (Volltextsuche: "deutsche Studien"). Es lohnt sich aber, den Text ganz zu lesen, denn er gibt auch einen Überblick darüber, wie von feministischer Seite immer wieder versucht wurde und wird, die Gleichverteilung des Geschlechts bei Opfern und Tätern von häuslicher Gewalt zu leugnen. Terre des Femmes und der hpd reihen sich hier nahtlos ein, und ich wünsche mir, dass zumindest in der hpd-Redaktion diesbezüglich endlich ein Umdenken stattfindet.
Carola Gabriela... am Permanenter Link
Diese Initiative ist mehr als überfällig. Es fehlt schon längst eine unabhängige Stelle gegen Misogynie, so wie es einen Beauftragten gegen Antisemitismus gibt.
Matze am Permanenter Link
Warum soll immer nur Gewalt gegen Frauen beendet werden? Wieso nicht jegliche Beziehungsgewalt?
https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/maenner-wohnung-opfer-gewalt-duesseldorf-100.html
Ich verstehe es nicht. Da sagen immer alle wie wichtig Gleichstellung und Gleichberechtigung ist, aber wenn es um Hilfe geht, wird die immer nur auf ein Geschlecht eingeschränkt.
Petra Pausch am Permanenter Link
Schauen Sie sich die Zahlen der Studie an und danach fragen Sie noch einmal: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/presse/pressemitteilungen/gewalt-gegen-frauen---zahlen-weiterhin-hoch-ministerin-giffey-startet-initi
Billy Coen am Permanenter Link
Mit Verlaub, Sie haben nichts, aber auch rein gar nichts von Matzes Kommentar verstanden.
Ich verstehe nicht, wie man vor dem Hintergrund der bekannten und belegten Zahlen (ein Fünftel männliche Opfer) ernsthaft in Jubel über die Forderung des exklusiven Ausbaus des jetzt schon exklusiven Hilfsangebotes für Frauen ausbrechen und sich morgens trotzdem noch ohne Schamesröte im Spiegel betrachten zu können.
Petra Pausch am Permanenter Link
Auch an Sie die Frage: Wieso bauen Sie hier einen Strohmann? Niemand widerspricht, dass es auch häusliche Gewalt gegen Männer gibt. Aber in den Relationen sind nun mal Frauen die häufigsten Opfer.
Und wenn sie Terres des Femmes als Lobbyorganisation sehen ... dann vertrauen Sie vielleicht (ich vermute, Sie werden es nicht tun) einer aktuellen Umfrage: https://www.tagesschau.de/inland/haeusliche-gewalt-corona-101.html
Billy Coen am Permanenter Link
Ob ich jetzt diese Umfrage aus dem Juli diesen Jahres stichhaltig finde oder nicht, ist völlig egal, weil es nichts mit dem zu tun hat, was ich und Matze hier beklagen.
Und selbst wenn das Hellfeldverhältnis stimmen sollte, müsste Ihnen doch eigentlich dennoch auffallen, dass sich dieses Verhältnis nicht annähernd im Verhältnis der Verteilung aufgewendeter Mittel z. B. für Hilfsangebote widerspiegelt. Denn dieses Verhältnis legt ungefähr nahe, dass Männer wohl nicht mal ein Zweihundertstel der Opfer ausmachen, denn so ungefähr verhalten sich die staatlichen Ausgabenverteilungen auf weibliche und männliche Opfer.
Wenn man solche Zustände verteidigt mit "Ja, aber Frauen doch häufiger..." ohne sich mal tiefgreifender mit der Materie und den Verhältnissen auseinanderzusetzen und sich über weitere Ankündigungen von wieder mal nur einseitigen Maßnahmenerweiterungen freut, sollte man mit wilden Vorwürfen von Strohmannargumenten gegen andere vorsichtiger sein, denn vielleicht sitzt man am Ende des Tages im vermeintlichen Strohmann doch höchstselbst fester drin, als man es anzunehmen bereit ist.
Matze am Permanenter Link
Frau Pausch, für Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gibt es einen Etat mit über 155 Mio.
Sie schreiben von Relationen. 20% der Opfer im Hellfeld sind heute schon Männer, das Dunkelfeld ist aller Wahrscheinlichkeit deutlich größer, aber Männer erhalten vom Etat zur Bekämpfung von Gewalt gerade mal 0,3%. Relationen, ja, die stimmen vorne und hinten nicht, aber nicht so wie Sie denken.
Lars Temme am Permanenter Link
Wobei noch zu präzisieren wäre, dass wir hier gerade nur von der Bekämpfung von häuslicher Gewalt reden.
https://manndat.de/mannstat/gewalt-gegen-maenner-mannstat.html
Petra Pausch am Permanenter Link
Weshalb wundert es mich nicht, dass Sie jetzt mit diesem Scheinargument um die Ecke kommen? Es war so erwartbar.
Lars Temme am Permanenter Link
Scheinargument?
Mit ihrem Verweis auf die 80% männlichen Täter weisen Sie männlichen Gewaltopfern eine Mitschuld an Taten zu, die sie nicht begangen haben. Ein solches Gruppendenken ist sexistisch, denn es wird dem Individuum nicht gerecht: Ein männliches Gewaltopfer ist kein bisschen weniger hilfebedürftig, bloß weil andere Menschen des gleichen Geschlechts die Mehrzahl der Gewalttäter stellen.
Wenn Sie das noch nicht begreifen, tauschen Sie in ihren Aussagen mal "Frauen" gegen "Deutsche" und "Männer" gegen "Ausländer". Vielleicht geht Ihnen dann ein Licht auf, wie sehr Ihre Äußerungen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit durchzogen sind.
Billy Coen am Permanenter Link
Oh Gott, es wird wirklich nicht besser mit Ihnen... Jetzt kommen Sie auch noch mit diesem Relativierungsargument aus der Mottenkiste essentialistischer Ideologien.
Es geht um Maßnahmen, um Opfern zu helfen, dann wird auch mal das Feld erweitert auf Bereiche, bei denen nicht mal das Hellfeld Frauen als "Hauptbetroffene" sieht und Sie heben ab auf das Geschlecht der Täter? Sorry, aber das ist widerwärtig! Welchen Unterschied macht es für einen Mann, wenn er im Parkhaus auf seinem langen Weg zum Auto, weil die schnell erreichbaren Parkplätze allesamt für Frauen reserviert sind, überfallen und (wenn er Glück hat "nur") krankenhausreif geschlagen wird, ob der Täter nun männlich oder weiblich ist. Wir halten also fest: ein Mann ist in jedem Fall schon mal ein nachrangiges Opfer aufgrund seines eigenen Geschlechts und ein völlig ignorierbares Opfer, sollte der Täter auch noch männlich sein. Und über Hilfsangebote braucht man sich eh nur für Frauen Gedanken machen.
Ja ja, Gewaltopfer sind nur interessant, wenn sie zur eigenen Gruppe gehören und der Täter einer anderen Gruppe angehörte. Mit welch Weltanschauungen tun sich hier nur gerade wieder mal irritierende Parallelen auf?
Matze am Permanenter Link
Das Scheinargument ist wohl eher, das nur weil die Täter vom gleichen Geschlecht sind, die Opfer keine Hilfe verdient haben. Sagen Sie das eigentlich dann auch den Afro-Amerikaner?
Oder wird deswegen auch die Gewalt in lesbischen Beziehungen nicht thematisiert?
"However, according to one of the most recent and representative study reports, almost one-third of sexual minority males and one-half of sexual minority women in the United States affirmed they were victims of physical or psychological abuse in a romantic relationship. In addition, over 50% of gay men and almost 75% of lesbian women reported that they were victims of psychological IPV (Breiding et al., 2013). Breiding et al. (2013) identified that 4.1 million people of the LGB community have experienced IPV in their lifetime in the United States.
Life-time prevalence of IPV in LGB couples appeared to be similar to or higher than in heterosexual ones: 61.1% of bisexual women, 43.8% of lesbian women, 37.3% of bisexual men, and 26.0% of homosexual men experienced IPV during their life, while 35.0% of heterosexual women and 29.0% of heterosexual men experienced IPV."
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2018.01506/full
Die Chancen als Lesben Opfer von Gewalt durch die Partnerin zu werden, sind noch deutlich höher wie Chance als Hetero-Frau durch den Partner. Und auch diese Studie zeigt, wie hoch der Anteil der Hetero-Männer ist, die Gewalt durch die Partnerin erfahren (und immer noch keine Hilfe erhalten). Überraschenderweise ist die Chance bei einem schwulen Paar am geringsten.
Zurück zu der hohen Anzahl männlicher Gewaltopfer. Denken sie die Täter und Opfer kennen sich und müssen das nur mal bequatschen? Nur weil sie zufällig das gleiche Geschlecht haben, muss die gar nichts miteinander verbinden. Also was soll Ihr Hinweis? Soll es ihnen Trost spenden, dass sie von einem Mann verprügelt wurden?
Ich bin mir sicher Sie haben ihr "Argument" irgendwo schon mal gelesen. Aber haben Sie auch mal darüber nachgedacht, was das aussagt und wie hohl das klingt?
Lars Temme am Permanenter Link
Frau Pausch,
was wollen Sie damit sagen? Sollen misshandelte Männer keine Hilfe bekommen?
Petra Pausch am Permanenter Link
Hab ich das irgendwo gesagt? Nein, hab ich nicht. Sie bauen hier gerade einen Strohmann auf.
Lars Temme am Permanenter Link
Dann helfen Sie doch beim Abbauen des Strohmanns und beantworten Sie auch meine erste Frage, die wichtigere: Was wollen Sie mit Ihrem Kommentar sagen?
Matze am Permanenter Link
Haben Sie sich die Zahlen selbst angeschaut? Dort steht auch das 18,7% der Opfer Männer sind...
Ich frage warum man bei solchen Zahlen keine Hilfe auch für Männer vorsieht und Sie argumentieren dagegen. Es gibt die männlich Opfer und sie erhalten kaum Hilfe. Das sind Fakten. Also ganz ehrlich, ich kann ihr Beweggründe nicht nachvollziehen.
Und schauen Sie sich Ihren Link mal genau an. Da steht:
"Jede 3. Frau einmal im Leben von Gewalt betroffen"
Das bedeutet das 2 von 3 Frauen in ihrem ganzen Leben keine Gewalt erfahren.
Und nun beantworten Sie mir folgende Frage:
Wie viele Männer sind in ihrem Leben (mindestens) einmal von Gewalt betroffen?
Peter Müller am Permanenter Link
Also ganz ehrlich: Von einem humanistischen Pressedienst hätte ich schon erwartet, dass eine tendenziöse Pressemitteilung (Terre des femmes ist eine Lobbyorganisation und daher per se einseitig blind) im Sinne des Hum
Eine Welt, in der zwar Gewalt gegen Frauen in allen Formen präventiv entgegengewirkt wird, Gewalt von Frauen gegen Männer und Kinder aber tabuisiert (oder gar stillschweigend wohlwollend akzeptiert) wird, ist ganz sicher nicht humanistisch.
Sim am Permanenter Link
"Damit richteten sich 81 Prozent sämtlicher Delikte von Partnerschaftsgewalt gegen Frauen."
Und jede Tat ist eine zu viel. Was ich mich in diesem Zusammenhang allerdings frage ist wieso man das Verhältnis von Frauen zu Nichtfrauen als Opfergruppe so betont. Das provoziert ja die Frage wie denn ein optimales Verhältnis aussehen würde.
Wenn genauso viele Männer umgebracht werden würden wie Frauen? Wohl kaum.
Ich glaube man muss sich hier auch ein paar Korrelationen klar machen. Die Neigung von Menschen in Heterosexuellen Partnerschaften zu leben. Der Geschlechtsdimorphismus zwischen Mann und Frau und die Tatsache, dass das eine Geschlecht durch Testosteron eher aggresiver und stärker ist als das andere. Durch diese Zutaten kann man ja erwarten, dass sich das in den Extremfällen auf die Kriminalstatistik durchschlägt.
Billy Coen am Permanenter Link
Testosteron scheint natürlich naheliegend, folgendes scheint dem aber ein Stück weit zu widersprechen:
https://www.queer.de/detail.php?article_id=27630
Den Zahlen des BKA zufolge und berücksichtigt man das zahlenmäßige Verhältnis heterosexueller Beziehungen zu lesbischen Partnerschaften, findet scheinbar partnerschaftliche Gewalt in lesbischen Paarbeziehungen erheblich überproportional oft statt. Bei schwulen Paaren scheint das Gegenteil der Fall zu sein.
Alles natürlich mit dem Makel des Hellfeldes, wobei ich es interessant finde, dass auch im Artikel dieser Hinweis in Bezug auf gleichgeschlechtliche Paare, der das Stereotyp vom Tätermann und der Opferfrau nicht zu bestätigen scheint, sofort erwähnt wird, während er in Bezug auf die Geschlechterverteilung der dem Hellfeld bekannten Opfer unter Männern und Frauen nur selten medial Erwähnung findet.