Diskriminierende Äußerungen über Homosexuelle sind Schweizer Richtern zufolge auch dann eine Straftat, wenn sie im Wortlaut einer angeblich "heiligen Schrift" entsprechen. Dies hat nun das Züricher Bezirksgericht festgestellt und einen schwulenfeindlichen Straßenprediger zu 15.200 Franken (etwa 15.600 Euro) Geldstrafe verurteilt. Zur Verteidigung hatte der Mann angegeben, dass er nur aus der Bibel zitiert habe.
Es ist einer der ersten Fälle, bei denen ein neues, erweitertes Anti-Diskriminierungsgesetz Anwendung gefunden hat. Das Urteil ist beispielhaft für den zeitgemäßen Umgang eines modernen Staates mit religiösen Herrschaftsfantasien.
In Deutschland hatte vor kurzem ein ähnlich gelagerter Fall für Aufsehen gesorgt, als im Frühjahr der evangelikale Prediger Olaf Latzel in zweiter Instanz vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen wurde, nachdem ihn bereits ein Gericht zur Geldstrafe von 8.100 Euro verurteilt hatte. Ein Gutachter attestierte den homophoben Äußerungen Latzels eine biblische Grundlage, womit sie nach Ansicht der Richter unter die Religionsfreiheit fielen und vor Strafverfolgung geschützt seien. In einem damals auch als YouTube-Video verfügbaren Eheseminar hatte Latzel unter anderem Homosexuelle und die Beteiligten am Christopher Street Day als Verbrecher bezeichnet, zudem äußerte er sich diffamierend über gendersensible Ansichten.
Im Vergleich zu diesen Ausfällen muten die Äußerungen im aktuellen Schweizer Fall geradezu gemäßigt an. Der Fall ereignete sich im Juni 2021, laut einem SRF-Bericht bezeichnete der 63-Jährige in einer Straßenpredigt in einer Züricher Einkaufsstraße Homosexualität als Sünde, homosexuelle Liebe als "böse Lust" und "schändliche Begierde". Beendet wurde der Auftritt des selbsternannten "Bußpredigers", als zwei Passanten die Polizei informierten. Der Prediger versuchte daraufhin, sich den Beamten durch Flucht zu entziehen.
Wegen Diskriminierung und Aufruf zum Hass sowie Verhinderung einer Amtshandlung verurteilte das Züricher Bezirksgericht den Mann Ende Juli zu einer Geldstrafe von 95 Tagessätzen à 95 Franken, insgesamt 15.200 Franken (etwa 15.600 Euro). Die Strafe ist auf Bewährung ausgesetzt, die Staatsanwaltschaft hatte acht Monate Haft ohne Bewährung gefordert. Einem Medienbericht zufolge erklärte der Angeklagte gegenüber dem Gericht, dass er lediglich aus der Bibel zitiert habe. Weiter berief er sich auf seinen angeblich "göttlichen Auftrag", Homosexuelle zur Heterosexualität zu "bekehren".
Diese Einlassung ließ der Richter jedoch nicht gelten: "Gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen kann man auch, wenn man aus religiöser Überzeugung Aussagen macht. Denn sie sind für Betroffene herabsetzend und diskriminierend."
Der Schweizer Fall ist einer der ersten, bei denen die ausgeweitete Rassismus-Strafnorm angewandt wurde. Dieses Gesetz umfasst seit Februar 2020 auch das Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Die Änderung erfolgte, nachdem in einer Volksabstimmung über 63 Prozent der Teilnehmenden dafür gestimmt hatten. Ein Ergebnis, das die zunehmende Sensibilität in der Bevölkerung für die Schutzwürdigkeit sexueller Vielfalt widerspiegelt. Man mag aus säkularer Sicht versucht sein, vor diese Hintergrund auch für Deutschland auf eine vergleichbare Gesetzesinitiative zu drängen. Viel näher liegt die Forderung, die bestehenden Gesetze so anzuwenden, dass jeglicher religiöse Hintergrund einer Tat nicht mehr als strafmildernd gewertet wird.
32 Kommentare
Kommentare
Inseljunge am Permanenter Link
Das wäre doch DIE Gelegenheit gewesen, die zitierte Quelle, die Bibel, selbst zu verbieten, bis diese um alle diskriminierenden, gewaltverherrlichenden, volksverhetzenden ... Aussagen bereinigt ist.
David Z am Permanenter Link
Müssten wir dann ähnliche kritische Äusserungen wie "Religion ist Gift!" nicht ebenfalls verbieten?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dieser Artikel zeigt deutlich den Tenor welcher in der Bibel herrscht und den die Paffia in
< Abschied vom Absoluten > von Thomas Ebersberg, wobei ich alle Bücher dieses Autoren allen humanistisch denkenden Menschen empfehlen möchte.
Roland Fakler am Permanenter Link
"Viel näher liegt die Forderung, die bestehenden Gesetze so anzuwenden, dass jeglicher religiöse Hintergrund einer Tat nicht mehr als strafmildernd gewertet wird." Das hieße auch, dass in Bibel (300 mal), Ko
David Z am Permanenter Link
Wo genau sehen Sie bei einer negativen Bewertung wie "Homosexuelle Liebe ist böse Lust und schändliche Begierde! " die angesprochene "Hetze"?
Roland Fakler am Permanenter Link
Mein Wort „Hetze“ bezieht sich auf die „Gottlosen", gilt aber auch für die Homosexuellen, die Ausländer, die Geschiedenen, die unehelichen Kinder, die Juden, die Schlattohrigen…Hier werden Menschen auf Grund ihre
Hans Trutnau am Permanenter Link
Oh my Tok, jetzt könnte es gefährlich werden, Lev 20,13 zu zitieren...
Klaus Bernd am Permanenter Link
Warum ist es dann nicht strafbar, die Bibel, als Heilige Schrift, Kindern als Lektüre zu empfehlen, ja überhaupt zugänglich zu machen ?
David Z am Permanenter Link
Bin mir da nicht so sicher, ob das wirklich ein Sieg ist.
"Soldaten sind Mörder!" wurde seinerzeit als legitime Meinungsäusserung bewertet. Ich sehe da jetzt keinen Unterschied zu "Homosexuelle Liebe ist böse Lust und schändliche Begierde! ". Wenn das eine für eine Personengruppe nicht herabsetzend und diskriminierend ist, kann es das andere auch nicht sein.
Vielleicht sollten wir einfach mal bischen lockerer werden und bei solchen Spinnern ohne Wirkmacht nicht gleich wegen jeder Kleinigkeit hysterisch zu Polizei und Justiz rennen. Denn mMn besteht hier durchaus die Gefahr, dass wir a) uns in einer Abwärtsspirale in Sachen Meinungsfreiheit begeben, wenn wir die Spielräume immer enger auslegen und b) mit solchen Urteilen die tatsächliche Hassrede und Diskrimimierung trivialisieren.
Florian am Permanenter Link
Die katholische Kirche durfte laut Gericht auch als "Kinderficker-Sekte" bezeichnet werden, da es zu dem Zeitpunkt der Feststellung eine entsprechende Diskussion in der Öffentlichkeit über Missbrauch gab.
Homosexuelle Liebe als "böse Lust" oder "schändliche Begierde" zu bezeichnen hat meiner Meinung nach allerdings keinen entsprechenden Anlass. Vielmehr lässt sich feststellen, dass Homosexualität in der Natur normal ist. Sprich jede Tierart hat einen gewissen Prozentsatz an homosexuell orientierten Individuen. Ich würde verschiedene Aussagen darüber differenzieren, welchen Bezug sie zur Realität haben. Im Zusammenhang mit Homosexualität kann man lediglich feststellen, dass sie sich ungünstig auf die Reproduktion auswirkt. Welche Schande darin liegt ist mir schleierhaft. Man könnte vielleicht Sex aus Lust als Schande bezeichnen, das wäre allerdings keine Diskriminierung mehr.
Das besondere Problem der biblischen Äußerung liegt für mich darin, dass sie nicht nur diskriminierend sondern darüber hinaus auch verklärend ist. Ich sehe das Urteil also als berechtigt an. Eine mögliche Alternative könnte allerdings auch eine verstärkte Aufklärung sein. Wie auch immer die dann aussehen mag, weiß ich selbst nicht.
David Z am Permanenter Link
In bezug zu Homosexualität sind wir im Grundsatz einer Meinung. Dem Ansatz oben kann ich jedoch nur teilweise folgen.
In persönlichen Bewertungen ist es zwar wünschenswert, wenn man sich an Realität und Fakten orientierte, aber dies ist keine Notwendigkeit.
Wäre dies eine Vorgabe, so stünde man stets mit einem Fuss vor Gericht, denn selbstverständlich weiss man nie zu 100%, ob man in einer Sache richtig liegt.
Der Anlass zu der gemachten Äusserung kann vielseitig sein. Der Anlass kann eine Vorgabe in religiösen Schriften sein, er kann falsche Information sein, er kann demographischen Hintergrund haben, er kann den kürzlichen CSD mit seinen Exzessen und Auswüchsen zum Anlass haben, es kann sogar vermeintliches Mitgefühl sein, weil man die "verlorenen Seelen" retten möchte.
Nur weil etwas irrational ist, ist es nicht notwendigerweiseg diskriminierend, beleidigend oder hasserfüllt gemeint. Die Aussage "Autofahrer sind böse Menschen! Sie fröhnen der schändlichen Lust an der Geschwindigkeit!", gemacht auf einem Manta Clubtreffen, würde niemand als strafrechtlich diskriminierend, verletzend oder gar hasserfüllt bewerten, obwohl der Kontext ähnlich irrational ist und die Worte nahezu identisch sind.
Nimmt man alles zusammen, kann ich hier keine schlüssige Argumentation der Justiz erkennen. Ich vermute, es hängt mit dem neuen schweizer Gesetz zusammen. Dann aber muss man feststellen, dass dieses neue Gesetz in gewisserweise einseitig und daher schlecht ist. Denn wenn ein Auto-Kritiker, Kirchenkritiker, Soldatenkritiker kein strafrechtliches Problem darstellt, kann es ein Kritiker von Homosexualität im Sinne der Gleichbehandlung auch nicht sein.
Florian am Permanenter Link
"Wäre dies eine Vorgabe, so stünde man stets mit einem Fuss vor Gericht, denn selbstverständlich weiss man nie zu 100%, ob man in einer Sache richtig liegt."
Ganz sicher nicht, denn Voraussetzung dafür wäre, dass die Aussage zunächst erst einmal diskriminierend (=Tatbestand) ist und dann auch noch jemand Anklage erhebt (=Gesellschaftliche Relevanz). Desweiteren erwarte ich keine besondere Rationalität, sondern dass jemand seine Meinung wenigstens auch noch mit mehr begründen kann als: Das steht so in der Bibel. In anderen Zusammenhängen heißt es auch: Unwissenheit schützt nicht vor Strafe! Wenn jemand schon in der Öffentlichkeit eine Botschaft vertritt, kann man erwarten, dass er sich entsprechend intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Darunter verstehe ich z.B. ein Gespräch im privaten Umfeld, in welchem ich derartige Aussagen unter gar keinen Umständen als strafbar sehen möchte. Ich bin der Meinung dass wir auch einen Rahmen benötigen, in welchem wir unsere Meinung auf die Probe stellen können.
Ich wage es in jedem Fall zu bezweifeln, dass er überhaupt nur angezeigt worden wäre, wenn er sich auf die Exzesse auf dem CSD bezogen hätte. Es macht einen unterschied, ob ich ein Verhalten oder eine bestimmte Menschengruppe kritisiere. Ersteres ist nicht diskriminierend. Ein Gerichtsprozess ist insofern sinnvoll um über eben jene Grenze aufzuklären. Verhalten darf jederzeit kritisiert werden, aber besondere Rücksichtsnahme ist gefragt, wenn Menschengruppen kritisiert werden. Wenn Kirchen z.B. kritisiert werden, wird auch zu meist auf Tatbestände wie Doppelmoral oder Missbrauch hingewiesen, wodurch hervorgeht, dass die Tat ausschlaggebend ist. Dabei lässt sich feststellen, dass z.B. Doppelmoral auch auf andere Gruppierungen zutrifft und Missbrauch ohnehin eine Straftat ist.
Das Problem bei homosexuellen Menschen ist, dass sie auch heute noch auf dieser Welt für ihre Neigung verfolgt und unterdrückt werden. In dieser Hinsicht haben sie auch nachvollziehbarerweise ein besonderes Schutzbedürfnis, was hier bei dem Urteil natürlich mit zu berücksichtigen ist. Der Manta Clubtreffen steht in der Hinsicht sicherlich besser da und hat vermutlich gar keinen Grund sich den Aufwand zu machen, um zu klagen. Genausowenig werden Außenstehende das Bedürfnis haben, den Club in Schutz zu nehmen.
Was ich also als richtig einschätze ist, dass in diesem Sinne eine Grenze aufgezeigt wird. Ein aufklärender Ansatz wäre mir dennoch wesentlich lieber, als ein Urteil. Aufklärung würde allerdings wohl am ehesten in Schulen funktionieren und würde vermutlich bei einem 63 jährigen nicht so wirklich ankommen - wäre für ihn also keine Hilfe gewesen.
David Z am Permanenter Link
"Ganz sicher nicht,..."
Ganz sicher doch, wenn Sie als Kriterium für den Sachverhalt einer Diskriminierung das Nichtvorhandensein eines realistischen Bezugs vorschlagen. Der Realitätsbezug kann für eine Meinungsäusserung folglich keinen Belang haben.
Desweiteren hatten die Aussagen im Fall oben grade eben nicht eine Personengruppe sondern ein Verhalten bzw Handlung thematisiert, nämlich gleichgeschlechtlichen Sex. Sie sagen doch selbst, dass Verhaltenskritik erlaubt sei. Inwiefern sollte dann hier die Kritik an Verhalten bzw Handlung diskriminierend sein? Und selbst wenn es auf eine Personengruppe bezogen gewesen wäre, wo ist dann der Unterschied zur Soldatenkritik? Soldaten sind ebenfalls ein spezifische Menschengruppe.
Zudem: Die Behauptung einer besonderen Schutzbedürftigkeit von Homosexuellen ist juristisch äusserst fragwürdig. Diese Personengruppe hat exakt die gleichen Rechte, wie jeder andere Bürger auch - nicht weniger, aber selbstverständlich auch nicht mehr Rechte.
Sie sehen also, ganz so schlüssig ist das alles nicht abgelaufen.
Florian am Permanenter Link
Ich sehe, dass wir aneinander vorbeischreiben.
bezüglich "ganz sicher nicht":
Es muss zunächst erst einmal festgestellt werden, dass eine Aussage überhaupt diskriminierend ist. Ist das nicht der Fall, spielt auch der Wahrheitsgehalt der Aussage keine Rolle, mal abgesehen davon, dass zuvor schon jemand geklagt hat. Es sind drei Kriterien, die ich hier als Zusammenspiel vorgeschlagen habe. Es gilt also nicht, "wenn man sich an Realität und Fakten orientierte" (= nur ein Kriterium), dass man dann "mit einem Fuss vor Gericht" steht.
Nebenbeibemerkt bin ich kein Jurist. Ich vertraue schon noch darauf, dass Juristen, beim Blick ins GG einschätzen können welches Grundrecht in der jeweiligen Situation schwerer wiegt (z.B. Meinungsfreiheit vs. Würde des Menschen) und damit auch unterscheiden können, wann etwas in relevanter Weise als diskriminierend gelten kann. Ich wage außerdem zu bezweifeln, dass es vor Gericht keine Rolle spielt, ob eine Menschengruppe mit Gewalt bedroht wird. Mag jedoch sein, dass der Ausdruck "besondere Schutzbedürftigkeit" hier nicht passend ist.
Auf welche Menschengruppen trifft denn die Handlung gleichgeschlechtlicher Sex zu? Die Implizite Antwort darauf sollte meiner Meinung nach zwar nicht alleine ausschlaggebend sein, allerdings steht offensichtlich nicht der vollständige Hergang im Artikel und ich habe auch nicht die Begründung des Urteils gelesen. Im Artikel steht lediglich der Hinweis, dass ein Aufruf zum Hass festgestellt wurde. Woran diese Feststellung erfolgte, weiß ich nicht, es wäre aber ein gewichtiger Grund zum Urteil. Sollte das Gericht falsch liegen, ist es die Aufgabe des Verklagten, sich zu verteidigen und nicht meine. Dementsprechend steht das für mich hier auch nicht zur Debatte.
Ich sehe allerdings auch, dass diese Diskussion sich von dem mir eigentlich wichtigen Punkt entfernt, während sie sich in Details verliert, bei denen ich lieber auf Juristen vertraue.
Mir geht es schlicht um Gleichberechtigung, die ich im Falle von Herrn Latzl eben nicht als gegeben sehe. Der Artikel hinterlässt bei mir zumindest den Eindruck, dass Herr Latzl aufgrund des Rechts auf Religionsfreiheit freigesprochen wurde, während es scheinbar (nun das interpretiere ich hier rein, wenn ein theologisches Gutachten angefertigt werden musste) nicht ausgereicht hat, sich auf die Meinungsfreiheit zu berufen.
David Z am Permanenter Link
Vielen Dank für die Klarstellung.
Bei der Akzeptanz des Urteils bin ich weniger leicht zufriedenzustellen als Sie. Wer mit Begriffen wie Hass argumentiert, auch und grade wenn es ein Richter ist, sollte eine sehr gute Erklärung haben für die Relevanz einer Unterstellung, die auf einem Gefühl beruht. Es wäre daher in der Tat spannend, die Argumentation des Urteils zu lesen. Denn aus dem beschriebenen Sachverhalt erschliesst sich mir weder Hass noch Diskriminierung.
In der Sache mit Herrn Latzl sind wir einer Meinung. Was auch immer die rechtlichen Kriterien zur Feststellung einer Diskriminierung sind: Religion darf kein Freifahrtsschein sein.
Paul München am Permanenter Link
"Vielmehr lässt sich feststellen, dass Homosexualität in der Natur normal ist. Sprich jede Tierart hat einen gewissen Prozentsatz an homosexuell orientierten Individuen."
Eine von zahlreichen wissenschaftlichen Erkenntnissen, von denen zu der Zeit der Bibelentstehung nichts bekannt war. Die damals Herrschenden hingegen haben ihr "Bauchgefühl" zu zahlreichen Vorschriften umgemünzt, garniert mit so naiven Sprüchen wie "Gott machte zwei Lichter, ein großes für den Tag und ein kleines für die Nacht, dazu die Sterne".
Die Religiösen sollten sich vielmehr fragen, warum Gott immer noch Menschen mit Eigenschaften ausgestattet zur Welt kommen lässt, durch die sie Schwierigkeiten im Zusammenleben bekommen. Wenn sie sich schon ständig auf Gottes angeblichen Willen berufen, sollten sie die entsprechende Schlussfolgerung ziehen und das "Anders-Sein" als göttlichen Willen akzeptieren.
Florian am Permanenter Link
Den Standpunkt halte ich für richtig. Insbesondere die aufgezeigte Lösung, es als Gottes Willen anzusehen, gefällt mir wesentlich besser als mein Beispiel.
Mir ging es allerdings nicht darum, gläubigen Menschen vorzugeben, was sie zu denken haben. Ich erwarte von Ihnen lediglich, dass sie sich genauso an das Gesetz halten wie alle anderen auch und dass sie keine Sonderbehandlung bekommen, wie das bei Herrn Latzel geschehen ist. Eine Diskriminierung ist eine Diskriminierung, egal ob es sich um eine religiöse oder um eine nichtreligiöse Meinung handelt.
Menschen müssen allerdings auch da abgeholt werden wo sie stehen. Wer "Anders-Sein" als göttlichen Willen akzeptiert - wunderbar. Bei jemandem der so stark in seinem Glauben "gefangen" ist, dass er z.B. ohnehin schon jeden Spaß ablehnt, bin ich schon froh, wenn er einen nichtdiskriminierenden Ansatz dazu verfolgt. Wenn jemand so tief in der Bibel "versunken" ist, wie ich es bei dem Staßenprediger sehe, würde ich allerdings die Bibel nicht als solches in Frage stellen, sondern den gesellschaftlichen Konflikt in den Mittelpunkt rücken... und ja, der Homosexualität einen göttlichen Willen unterstellen :-)
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Der Kommentar endet mit dem Satz: »Viel näher liegt die Forderung, die bestehenden Gesetze so anzuwenden, dass jeglicher religiöse Hintergrund einer Tat nicht mehr als strafmildernd gewertet wird.«
Richtig! Das aber bedeutet gleichzeitig, dass der Umfang der Religionsfreiheit, wie er im Grundgesetz definiert wird, ebenfalls überdacht werden muss. Dort heißt es in Artikel 4. (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. (3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.
Diesem Artikel müsste ein weiterer Absatz angefügt werden, etwa mit folgender Formulierung: (4) Formulierungen in sog. Heiligen Schriften mit Duldungen und Aufforderungen, die derzeit gültigen Gesetzen widersprechen, dürfen heute nicht zur Rechtfertigung für Äußerungen und Handlungen herangezogen werden.
A.S. am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Lehnert, bitte nehmen Sie mal die "Religionsausübung" unter die Lupe.
Meiner Meinung nach sind die sogenannten "Gottesdienste" im Wesentlichen Indoktrinationsstunden.
Formen der Indoktrination sind:
1. autoritäre Einrede (das sind die Predigten) ohne Gegenrede oder Diskussion
2. Wiederholungen (alle Gottesdienste sind gespickt mit rituellen Wiederholungen
3. Selbsteinrede (zuhause immer die selben Gebete sprechen, Lektüre heiliger Schriften mit der inneren Voreinstellung, dort Wahrheit zu lesen)
"Freie Religionsausübung" läuft unter diesem Gesichtspunkt darauf heraus, dass die Priester ihre Gläubigen ungestört vom Staat indoktrinieren dürfen.
Wir Säkulare sollten daran arbeiten, "Glaube" als das Ergebnis von Indoktrination zu entlarven.
Immerhin glaubt nicht, wer nicht systematisch religiös indoktriniert wurde.
Talare, Talare, die Kirche indoktriniert uns von der Wiege bis zur Bahre.
Die Kirche indoktriniert uns, bis dass wir gläubig sind. Und sie indoktriniert im großen Stile unsere Kinder. Sie indoktriniert in unseren Schulen.
Die anderen Religionsgemeinschaften machen das entsprechend. Sie indoktrinieren ebenfalls mit großem Aufwand Kinder.
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Kein Widerspruch meinerseits!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Auch von meiner Seite volle Übereinstimmung.
Epikur am Permanenter Link
GG 4 (2): " Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."
Ich denke, auch in Deutschland bedarf es einer Anpassung von Gesetzen an aktuelle gesellschaftliche Notwendigkeiten. Insbesondere in Hinblick auf die Entwicklung des prozentualen Anteils Religiöser an der Bevölkerung. Man denke nur an den hinterwäldlerischen Gottesbezug in der Präambel des GG.
Florian am Permanenter Link
Wegen der Präambel mache ich mir weniger Sorgen, da sie keinen Rechtscharakter hat. Besorgniserregender sind für mich eher verschiedene Landesverfassungen, wie die in RLP.
Zu GG 4 bin ich auch der Meinung, dass Religionen bislang hierüber zu viele Sonderrechte erhalten, die nicht dem Gleichbehandlungsgrundsatz folgen und die Rechte anderer beschneiden. Allerdings denke ich, dass hier konkrete Gesetze an anderer Stelle eher die Stellschraube sind, an der man drehen könnte. Diese sind nämlich für Detailfragen gedacht. Bislang ist hierüber auch z.B. das Tanzverbot an Karfreitag geregelt, welches auch ohne GG-Änderung verworfen werden könnte. Genauso, wie das Tanzverbot eingeführt wurde, können auch die Freiheiten der Religionen beschränkt werden.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Worauf wartet unsere Judikative noch die erschlichenen Vorrechte der Kirchen abzuschaffen
und damit den Frieden im Lande zu seinem Recht verhelfen.
Florian am Permanenter Link
Worauf wartet die Bevölkerung... ich schätze es fehlt noch immer das dazu nötige Begehren und das nicht nur an einer Stelle.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo nette Antwort, geht aber an meinem Kommentar vorbei, ich spreche nicht von der Bevölkerung, sondern von unserer Justiz und unserem Kirchenklüngel und unserer Politik welche noch immer zu einer Kriminellen Verein
Ausserdem müssen wir diese frommen Leute noch jährlich von unser aller Steueraufkommen, ob Mitglied oder nicht, mit hunderten von Milliarden Beträgen subventionieren.
Dies Ungerechtigkeit gehört abgeschafft und ein Humanistisches System aufgebaut werden,
welches das gleiche leistet aber ohne deren Vergehen und bei weitem nicht derartig Kostenintensiv und ohne einen Überirdischen Bezug, sondern mit einem realen Blick auf die Notwendigkeiten.
Dafür kämpfe ich und viele andere in Vereinigungen und verschiedenen Foren wie z.B.
beim hpd.
Was fehlt ist nicht das nötige Begehren, sonder zuerst die Aufklärung der Menschen über die Fakten und Hintergründe der Religionen per se und dies weltweit, da so ziemlich alle Religionen Macht über Menschen ausüben und damit die Freiheit und Selbstbestimmung
dieser einschränken, ist dies noch ein langer Kampf, bis die Erkenntnisse in den Köpfen der Menschheit verankert ist.
Florian am Permanenter Link
Mein Kommentar war als Ergänzung gedacht, nicht als Widerspruch. Ich vertrete ähnliche, wenn auch weit zurückhaltendere, Positionen gegenüber der Kirche und versuche mich, ebenso wie sie, um Aufklärung zu bemühen.
Ich arbeite in einer kommunalen Kita, also einem Beruf, indem es eigentlich um Aufklärung geht. Die mit Abstand meisten Erzieherinnen bei mir in der Gegend sind jedoch deutlich gläubig geprägt und einige meinen sogar, selbst in einer kommunalen Einrichtung missionieren zu müssen. Jegliche Art aufklärender Worte werden abgewiesen, da der Glaube und die jeweilige Lebenspraxis dadurch gestört werden könnte. Ähnlich wie das auch in einer Beziehung läuft, bei der man als Aussenstehender genau sieht, dass diese zum scheitern verurteilt ist. Derjenige, der die schmerzende Wahrheit ausspricht, wird selten für wahr genommen. Bevor ich meine Zeit verschwende und ich mich darüber ärgere, dass meine Position nur von einem Teil des Kollegiums wahrgenommen wird, neige ich dazu mein Alternativprogramm zu bieten, dass an den entsprechenden Kolleginnen vorbei geht und Kindern aufzeigt, dass man auch ohne Glaube z.B. Weihnachten feiern kann (-> Wintersonnenwende).
Genausowenig wie der Glaube für sich allein steht, bin ich überzeugt, dass auch Aufklärung nicht für sich allein erfolgreich sein kann. Entscheidend ist für mich viel mehr eine erfolgreich gelebte Lebenspraxis und in dieser Hinsicht sehe ich gläubige Menschen klar im Vorteil. Gerade im Kontext mit Kindern wird deutlich, wie wichtig Rituale und erzählte Geschichten für Menschen sind. In genau dieser Hinsicht sehe ich skeptische Menschen und insbesondere auch mich selbst als schwach an. Das ist das, was ich für mich persönlich als meine eigene Baustelle ansehe und diese Perspektive versuche ich auch hier zu bieten. Es ist aber natürlich ein wichtiger erster Schritt, wie sie es ja auch bereits machen, beispielsweise hier ins Gespräch zu kommen.
Übrigens: Menschen bekommen umso mehr Kinder, je religiöser sie sind (Studie Michael Blume). Organisationsstrukturen wie die Kirche fördern also die Reproduktion und als "Dank" dafür werden die Kinder gleich durch die Eltern in der jeweiligen Kirche integriert. Das ist meiner Meinung nach einer der größten Gründe, warum die Kirche keine Absage durch die Gesellschaft (und damit auch durch Politik und Justiz -> beides Teil der Gesellschaft) erhält.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Nun da haben Sie einen schweren Stand in Ihrer Berufung, dazu wünsche ich Ihnen alle Kraft
und Empathie, dies wäre der direkte Weg, ohne den Umweg Glaube, sondern mit aufgeklärtem Wissen. Dies wäre Gedanken und Meinungsfreiheit in Reinkultur.
Die Verschiedenen Konfessionen auf unserem kleinen Planeten spalten nur permanent die
Menschheit anstatt diese zu vereinen und verhindern einen real Wissenschaftlichen sowie Geistigen Fortschritt, welcher für den Fortbestand der Menschheit von entscheidender Bedeutung wäre.
( schauen Sie doch einmal in eines meiner Bücher )
Achim A. am Permanenter Link
Zum Vergleich der beiden Fälle ist zu sagen, dass der Züricher Bußprediger ohne Anwalt aufgetreten ist. Im verlinkten Artikel über den Fall Latzel ist von „Anwälten” (Mehrzahl) die Rede.
Markus Wagner am Permanenter Link
So wenig ich religiöse Idioten mag, so wenig kann ich dieses Urteil gut heißen.
"Ich mag verdammen was du sagst, aber ich werde mein Leben geben, damit du es sagen darfst!" - Voltair zugeschrieben, tatsächlich von Evelyn Beatrice Hall
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
@ Markus Wagner: Dieser letze Satz ist Demokratie in Reinkultur, von wem auch immer
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dies bedeutet aber nicht a priori, dass alles was gesagt wird auch Sinn macht und positiv bewertet werden kann, sondern nur, dass andere Meinungen zwar akzeptiert werden aber