Österreich

Empörung über entchristlichte Adventsfeier

Zwei Volksschulen in Österreich hatten angekündigt, statt Adventsfeiern "ethische Rituale" mit den Schulkindern zu begehen. Im christlich-konservativen Lager entfachte das einen Sturm der Empörung.

Sie gehört inzwischen fast ebenso sehr zur winterlichen Tradition wie Tannengrün und Glühwein: Die alljährliche Aufregung konservativer Hüter von Brauchtum und Religion über die Entchristlichung der aktuellen jahreszeitlichen Folklore. Man empört sich darüber, dass der Martins-Umzug "Lichterfest" genannt wird, der Weihnachtsmarkt "Wintermarkt" und das gute deutsche Christkind vom Weihnachtsmann verdrängt wird. In diesem Jahr war diese winterliche Empörungs-Tradition wenigstens medial recht schwach ausgeprägt, aber schließlich fand sich doch noch etwas zum Aufregen.

Im steirischen Leoben hatten zwei Volksschulen beschlossen, dass es statt religiöser Adventsfeiern römisch-katholischer Tradition in der Vorweihnachtszeit an jedem Dienstag ein "ethisches Ritual" geben solle. Dies berichtet die Kleine Zeitung, an die sich offenbar empörte Eltern wandten, nachdem sie von der Schule ihrer Kinder einen Brief mit entsprechenden Informationen erhalten hatten. Man werde versuchen, den Bezug zur römisch-katholischen Religion gering zu halten und stattdessen ein ethisches Ritual aus den Feiern zu machen, hieß es laut Kleiner Zeitung in diesem Brief. Da jedoch Begriffe wie Advent, Christkind, Nikolaus und Weihnachten nicht vermieden werden könnten, sollten sich jene Eltern, die nicht wünschten, dass ihre Kinder bei den Feierlichkeiten im Raum anwesend seien, an die jeweiligen Klassenlehrer wenden.

Hintergrund der schulischen Entscheidung zur möglichst neutralen Gestaltung der Adventsfeiern ist, dass es in den Schulen Schülerinnen und Schüler vieler unterschiedlicher Glaubensrichtungen gibt, neben Muslimen auch Angehörige frei-christlicher oder evangelischer Glaubensgemeinschaften. Ja, in manchen Klassen seien katholische Schülerinnen und Schüler sogar deutlich in der Minderheit, erklärte der Leiter der für die Schulen zuständigen Bildungsdirektion, Klaus Kastner, gegenüber der Kleinen Zeitung, der die Entscheidung der Schulen zur Gestaltung neutraler "Advents"-Feiern verteidigt.

Eigentlich eine schöne Idee: Man begeht ein friedliches, möglicht neutrales Ritual, um die Gemeinschaft zu stärken, zelebriert Lichterbräuche, wie es sie in vielen Kulturen und Religionen in der dunklen Jahreszeit gibt, und falls jemand bei diesem Gemeinschaftsritual doch noch zu viel Religion enthalten sein sollte, kann er sich davon freistellen lassen.

Nicht so sehen es jedoch christlich-konservative Hardliner. Das Weihnachtsfest sei ein religiöses Hochfest, ein Fest, das die Identität des Christentums ausmache, weswegen man daraus kein ethisches Ritual machen könne, erklärte eine anonym bleiben wollende Mutter gegenüber der Kleinen Zeitung. Wie die meisten Christen sicherlich nichtsahnend, dass das christliche Weihnachtsfest mehr mit heidnischen Bräuchen zur Wintersonnenwende zu tun hat, als mit dem vermeintlichen Geburtsdatum der Zentralfigur der eigenen Religion. 

Natürlich dauerte es auch nicht lang, bis die rechtspopulistische FPÖ das Thema für sich entdeckte. Der steirische Landesobmann der Partei, Mario Kunasek, erklärte, es brauche "kein von Lehrkräften selbst konstruiertes 'ethisches Ritual' an unseren heimischen Bildungsstandorten, sondern die Aufrechterhaltung gewachsener, traditioneller Feste, die eben stark vom christlichen Glauben geprägt sind". Kunasek kündigte ferner an, dass er eine Anfrage an den zuständigen Bildungslandesrat stellen werde, "ob es ähnliche Schreiben noch an anderen Schulen gab, inwieweit ihm der Brief bekannt war und wie er diese Art der Distanzierung von unserer Lebensweise und Kultur unterbinden will".

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