Plädoyer für eine Welt ohne Monotheismen

Streit um Gottes Wille!

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DEIDESHEIM. (hpd) Die beliebige Interpretierbarkeit von Gottes Willen ist meiner Meinung nach einer der Hauptgründe, warum Monotheismen überwunden werden sollten. Da deren "Gott" weder definiert, noch bewiesen werden kann – was viele Theologen mittlerweile einräumen – ist die "Erforschung seines Willens" - und damit dessen Definition - unmöglich. Die Folge ist ein bereits schwer zu löschender Flächenbrand. Der Autor versucht, einen utopischen Ausweg aufzuzeigen.

Mein Ideal einer künftigen Gesellschaft ist der evolutionäre Humanismus. Dessen Manifest – evolutionären Veränderungen unterworfen – existiert bereits. Ich möchte gerne einen Vorschlag zur Diskussion stellen, der eine Art evolutionärer Zwischenschritt werden könnte: eine Möglichkeit religiösen Lebens zwischen heutigem Monotheismus und einer humanistischen Welt. Zunächst will ich begründen, warum alle real existierenden Monotheismen dringend ersetzt werden müssten:

Ein Gleichnis: Es treffen sich einige Mathematikstudenten in der Mensa. "2 + 2 ist 5", meint einer. Die anderen lachen geringschätzig. "Quatsch! 2 + 2 ist 3", war sich der nächste sicher. Er erntet Kopfschütteln. "Nein, 2 + 2 ist 1", kommt es von einem dritten Studenten. Als sie sich immer mehr in Rage reden, geht der Mathematikprofessor dazwischen: "Nein, ihr alle liegt daneben. 2 + 2 ist 4!" Und dann folgt sein wissenschaftlicher Beweis, dem schließlich alle Studenten zustimmen. Sie geben sich die Hand und entschuldigen sich wechselseitig für ihren offenkundigen Irrtum…

Was hat diese Geschichte mit Religion zu tun? Nun, diese tituliert mit "offenkundigem Irrtum" grundsätzlich jede Meinung, die der eigenen widerspricht. 101-mal kommt allein der Begriff "offenkundig" in meinem Koran vor. Dabei ist entweder Allah offenkundig oder der Irrtum der Ungläubigen. Während jedoch der Streit unter den Mathematikstudenten durch den versierten und anerkannten Professor rasch geschlichtet werden kann – weil es eine stichhaltige Beweisführung in dieser Disziplin gibt – tun sich Theologen schwer damit, andere monotheistische Konzepte zu widerlegen. Die Nichtbeweisbarkeit der eigenen Position - die den Kollegen der anderen Faktionen mit identischem Ansinnen das Leben ebenso schwermacht - ist dabei der ausschlaggebende Punkt.

Gäbe es den monotheistischen "Gott" und hätte es je Menschen gegeben, die mit ihm in echtem Kontakt standen, dann könnte er definiert werden – egal ob auf einer realen oder metaphysischen Ebene. Ich will mich mit einzelnen Konzepten des göttlichen Psychogramms gar nicht auseinandersetzen, auch nicht mit "Gottes" Existenz. Sei dieser "Gott" also "A" oder "B". Es müsste bewiesen werden, dass er nur "A" sein kann (oder von mir aus nur "B") und nichts sonst. Nur unter dieser Voraussetzung wäre eine monotheistische Religion ein akzeptabler Faktor in der globalen gesellschaftlichen Entwicklung.

Warum? Weil nur so jeglicher Religionsstreit intellektuell entschieden und damit endgültig beendet werden könnte. Doch während der letzten 2.600 Jahre wurde der Streit primär mittels mehr oder weniger sanfter Missionierung oder militärischer Aktionen ausgefochten. Auch die Art der Weitergabe der jeweiligen Konfession geschah nicht durch Überzeugung der nächsten Generation, sondern durch Taufe oder Beschneidung und möglichst früh ansetzender Indoktrination.