Katholiken uneins: Wann wird die Hostie zum Leib Christi?

Der Weg zum Erlösersteak

Der liebe Gott hat immer ziemlich viel mit Esspapier zu tun. Wie man weiß, werden ja in den Kirchen regelmäßig Oblaten verzehrt, welche aber in der Wahrnehmung der Oblatenesser gar keine Oblaten mehr sind, sondern das Fleisch eines vor zweitausend Jahren Verstorbenen und dann doch nicht Verstorbenen: Der Heiland, der da verspeist wird, hat schließlich ein ewiges Leben. Was natürlich die Frage aufwirft, inwieweit die Mensch gewordene Oblate überhaupt verdaulich ist, und ob die ganze Aufesserei dem Oblatenwandlergott nicht sauer aufstoßen müsste.

Denn nach allem, was man so hört, sollten Gottesoblaten auf keinen Fall in die falschen Hände kommen oder beschmutzt werden. Dass man sie aber in den Verdauungstrakt einführen und zerkauen kann, womöglich mit schlecht geputzten Zähnen, und dass man sie dann mit Magensäure und Heerscharen von Darmbakterien traktiert, das scheint dem Gott nichts auszumachen. Dem Ungläubigen unbeantwortet ist auch die Frage, ob die Heiligkeit der Oblate dann noch den menschlichen Ausscheidungen anhaftet, oder wohin die Substanz Christi wieder verschwindet. Ist sie in den Körper diffundiert? In den Himmel geflogen? Abgegangen durch den Hinterausgang?

Man weiß ja so wenig. Immerhin hat katholisch.de jetzt einmal mehr versucht, der Erlöserwerdung des Esspapiers auf den Grund zu gehen. Seit vielen Jahrhunderten beobachten die Theologen ja mit Faszination und Halbverständnis das Phänomen des wissenschaftlichen Denkens und versuchen, einem Cargokult ähnlich, es zu imitieren. Katholisch.de also stellt die spannende Frage: Ab wann genau wird aus der Oblate eigentlich der Körper des Erlösers? Um diese Umwandlung herum wird bekanntlich ein größerer Akt aufgeführt, so wie bei talentierteren Zauberkünstlern auch, und so ganz genau weiß kaum jemand, in welchem Moment die Jungfrau aus der Kiste verschwindet, beziehungsweise, in welchem Moment das Erlöserfleisch ins Esspapier schlüpft.

Katholisch.de geht der Sache nach, und der eigentliche Zaubertrick ist natürlich die geistige Rauchbombe. Wenn man nur doll genug überlegt, in welcher Millisekunde die Esspappe zu Fleisch wird (das wie Esspappe schmeckt), um so weniger stellt man die Prämisse in Frage: Dass ein solcher Märchenkram überhaupt möglich sein soll auf einer Welt, in der wir uns jeden Tag die Zehen an der Türschwelle stoßen und jeden Tag wieder nicht aus Spaß aus dem Fenster springen – weil wir eben, wenn wir ehrlich sind, den Gesetzen der Physik doch viel grundlegender vertrauen als dem Gemurmel von Kirchenlatein.

In welcher Millisekunde also wird die Oblate zum Erlösersteak? Darüber lässt sich treffllich streiten. Und wo die Theologie schon fröhlich am Forschen ist, ohne auch nur die mindeste Empirie zu benötigen, ganz wie Kinder in der Sandkiste sich eine Welt zusammenbauen, so könnte man doch mal weiter überlegen: Was ist, wenn der Oblatier sich an einer entscheidenden Stelle seiner Beschwörung verspricht? Und ist nicht die Grenze zwischen Versprecher, Vernuschler und Verhuster oft verschwommen – bis zu welcher Ausprägung toleriert der liebe Gott Dialekte und sprachliche Färbungen an seiner Zauberformel? Oder genügt es, wenn sie im Geiste richtig gesprochen wird – würde dann auch ein telepathisches Gebet genügen, um das Esspapier mit Heiligfleisch aufzuladen? Was wird überhaupt aus der Oblatenhaftigkeit der Oblate, wird diese komplett ausgelöscht, indem der Geist hineinfährt, oder existiert sie neben den Fleischhaftigkeit weiter? Wie lange dauert der Prozess, eine Millisekunde, zwei, drei? 

Probleme über Probleme. Das größte von allen müsste dabei eigentlich der Weltschöpfer selbst haben: Wieso zur Hölle ist er denn überhaupt allmächtig, wenn jeder dahergelaufene Kuttenträger - ob er nun wirklich gläubig sei oder nur wegen des Messweins und der süßen Jungens in der Kirche gelandet –, wenn also jede geweihte Flachzange ihn, das allmächtigste Wesen aller Zeiten, mit ein bisschen Gebrummel quasi dazu zwingen kann, den immergleichen Oblatentrick auszuführen? Wartet Gott immer und überall bis zu dieser einen ganz bestimmten Stelle in der Zeremonie, bevor er hauruck in die Oblate fährt, beim Warten stets hoffend, dass der Priester sich jetzt nicht doch noch verhaut?

Hm. Allmacht haben wir uns irgendwie immer anders vorgestellt. Irgend etwas Entscheidendes übersieht man als Ungläubiger wohl. Wir können ja das allmächtige Wesen gar nicht erkennen. Wir sehen nur Männer in Kutten, die kuriose Formeln aufsagen und alle anderen Leute dazu bringen, vor ihnen niederzuknien, damit sie ihnen etwas in den Mund tun können. Na gut, Spaß macht das wahrscheinlich schon. Aber jede Woche?