Der deutsche Hochadel hat politisch längst ausgedient. Was bleibt, sind Schlösser, Ländereien und die Selbstinszenierung. Prinz Ludwig von Bayern, künftiger Chef des Hauses Wittelsbach, präsentiert sich gerne als Wohltäter – etwa über den Hilfsverein "Nymphenburg". Sein Lieblingsprojekt: der Neubau einer Kirche im Nordwesten Kenias. Offiziell verkauft er sein Glaubensengagement als "Entwicklungshilfe". Tatsächlich knüpft es an die Tradition kolonialer Missionspolitik an – eine Entwicklungshilfe nach Art von Kaiser Wilhelm II.
Missio, das Internationale Katholische Missionswerk, stellt auf seiner deutschen Homepage die Frage, "was macht gute Entwicklungshilfe aus?" und lobt Prinz Ludwig für seine Arbeit "in der Region Turkana, einer der abgelegensten und klimatisch härtesten Gegenden des Landes". Doch wie sieht das Kenia-Projekt des studierten Juristen aus, der sich gerne in Tracht zeigt?
Die enge Verbindung der Wittelsbacher zu Kenia entstand durch Ludwigs Onkel Prinz Franz Joseph, der als Pater Florian bis zu seinem Tod 2022 rund 40 Jahre missionarisch in Ostafrika gewirkt hat. Anlässlich der Grundsteinlegung einer Kirche im Juni 2024 im Nordwesten Kenias beschrieb Ludwig seine inzwischen weit fortgeschrittenen Absichten:
"Wir probieren hier am Turkana-See einen Musterort aufzubauen, der zeigt, wie positive Entwicklungshilfe aussehen kann. Als wir angefangen haben, war hier nur ein steiniger Hügel, jetzt ist hier ein richtiges Zentrum entstanden mit Strom- und Wasserversorgung, mit Kindergärten, Schulen. ... Das Ganze wächst und gedeiht sehr gut, aber ab einer bestimmten Größe braucht man einen Ort, an dem die Menschen auch wirklich leben wollen und sich wohlfühlen, und dazu gehört auch die Möglichkeit, seinen Glauben zu leben."
Man reibt sich verwundert die Augen. So sieht also "positive Entwicklungshilfe" aus? Wie man weiter erfährt, gehört zum Kirchenneubau ein Pfarrhaus und ein Konvent für Ordensschwestern, um einen Versammlungsort für alle Menschen in der Gegend zu schaffen. Entwicklung bedeutet hier nicht soziale Gerechtigkeit oder politische Selbstbestimmung, sondern religiöse Bindung. Das erinnert fatal an das alte Missionsprinzip: Zuerst Brot, dann Bibel – und damit Macht.
Der Wittelsbacher-Spross rechtfertigt sein Engagement mit dem Verweis, das Christentum sei im Norden Kenias stark verwurzelt. "Daher ist es unglaublich wichtig, dass es auch eine Kirche gibt, um den Glauben zu leben." Und weiter: "Die Kirche wird für Loropio eine ganz wichtige Rolle spielen, weil sie alles zusammenführt. … Man braucht doch ein bisschen mehr als das Essen auf dem Teller, das Wasser zum Trinken."
Höchstpersönlich war Ludwig bei der Grundsteinlegung im letzten Jahr dabei. Missio-Präsident Monsignore Wolfgang Huber reiste ebenfalls nach Kenia und befand: "Wir werden einen wunderschönen Ort zum Gottesdienst feiern bekommen, der zur Stärkung des Glaubens beitragen wird."
Religiöse Dominanz statt Freiheit und Selbstbestimmung
Dass Kenia zu 78 Prozent christlich geprägt ist, davon ein Drittel katholisch, dient Ludwig als Argument. Doch gerade in den christlich dominierten Regionen herrscht religiöser Konformitätsdruck. Der damalige Bildungsminister George Magoha erklärte 2022 unverblümt, Atheisten sollten "zur Hölle fahren", nachdem die Atheistische Gesellschaft Kenias ein Ende des Gebetszwangs an Schulen gefordert hatte (der hpd berichtete). Mit Spenden aus Deutschland wird nun genau diese religiöse Dominanz gestärkt – auf Kosten pluralistischer Freiheiten.
Wer in Kenia eine Kirche baut und das "Entwicklungszentrum" damit krönt, knüpft unweigerlich an koloniale Muster an. Schon im 19. Jahrhundert verbanden europäische Mächte Infrastrukturprojekte mit Mission, um kulturelle Hegemonie zu sichern. Dass ein Wittelsbacher Prinz diesen Gestus fortschreibt und im kenianischen Busch mit Trachtenhut sein Vorgehen lobt, wirkt wie ein Anachronismus – und gleichzeitig wie eine Neuauflage kolonialer Symbolpolitik.
Steuerlich absetzbarer Kolonialismus
Besonders zynisch: In Deutschland können Spender ihre Zuwendungen für Ludwigs Kirchenneubau steuerlich geltend machen. Während in Kenia eine säkulare Zivilgesellschaft um Anerkennung kämpft, wird von München aus ein Projekt finanziert, das genau das Gegenteil befördert: nämlich religiöse Abhängigkeit und soziale Kontrolle.
Der Kirchenneubau in Loropio ist damit weniger "Entwicklungshilfe" als der Versuch der katholischen Kirche, den eigenen Machtanspruch in Kenia territorial abzusichern. Das Vorgehen zeigt, dass koloniale Denkweisen längst nicht überwunden sind – sie haben nur eine neue Verpackung gefunden. Und wenn der Prinz noch zwei Wunder vollbringt, dann wird er vielleicht nach seinem Ableben heiliggesprochen.







3 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Die Afrikaner verstehen allmählich, dass das Christentum von den Kolonialherren als Kontrollinstrument nach Afrika gebracht wurde.
A.S. am Permanenter Link
Genau so, wie einst die römischen Kolonialherren das Christentum im römischen Reich durchgesetzt haben.
Genau so, wie die Konquistadoren in Mittel- und Südamerika das Christentum durchgesetzt haben.
Die muslimischen Herrscher handeln genau so, nur halt mit der islamischen Religion.
A.S. am Permanenter Link
Sind die Religionen nicht alle imperialistisch?
Die Weltreligionen haben viele kleine Religionsgemeinschaften plattgemacht. So sind sie groß geworden. Die Methoden:
1.) Indoktrination der Gläubigen
2.) Abrichtung der Frauen zu Gebärmaschinen
3.) Abrichtung der Männer zu Kampfmenschen (analog zu Kampfhunden)
4.) Mission im Namen ihres erfundenen Gottes
5.) "Heilige" Kriege im Namen ihres erfundenen Gottes
Die Antreiber dieses Prozesses nennt man religionsübergreifend "Priester".
Wir müssen dringend über den religionsimmanenten Imperialismus sprechen.