Auf den letzten Metern will die rot-grüne Minderheitsregierung nach dem Ampel-Aus noch den Schwangerschaftsabbruch legalisieren. Man fürchtet eine taktische Verzögerung durch den Rechtsausschuss. An ihn und die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Parteien des Deutschen Bundestages wendet sich das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung mit einem "Eil-Appell".
Vor einer Woche fand die erste Lesung des Gesetzentwurfs, der Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen straffrei machen soll, im Bundestag statt (der hpd berichtete). Anschließend wurde er in den Rechtsausschuss überwiesen. Damit er dort nicht stecken bleibt, hat das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung gestern eine Online-Petition gestartet mit dem Titel: "Eil-Appell: Bringt die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen JETZT zur Abstimmung!" Mitunterzeichnet haben 41 weitere Organisationen, darunter auch die Giordano-Bruno-Stiftung und der Zentralrat der Konfessionsfreien.
"Wir – Expert*innen, Verbände, Organisationen und Bürger*innen – fordern:
❗️ Die umgehende Beratung des Entwurfs im Rechtsausschuss
❗️ Die Rücküberweisung ins Plenum und Abstimmung noch in dieser Legislaturperiode!", heißt es darin. Wahltaktische Manöver verschleppten den demokratischen Prozess im Rechtsausschuss und blockierten damit eine finale Abstimmung im Parlament. "Wir fordern Sie – die Vorsitzenden aller demokratischen Fraktionen sowie die Mitglieder des Rechtsausschusses – auf: Setzen Sie sich für die Wahrung des demokratischen Prozesses und für eine schnelle Abstimmung des vorliegenden Gesetzesentwurfs ein!", heißt es unmissverständlich weiter im Petitionstext.
Er verweist auf die "überwältigende" gesellschaftliche Unterstützung für die Reform und führt vier Argumente dafür auf: Sie spiegele den Willen von 80 Prozent der Bevölkerung wider, die in Umfragen für die Entkriminalisierung von frühen Schwangerschaftsabbrüchen stimmten. Sie basiere auf den Empfehlungen einer unabhängigen, interdisziplinären Expert*innen-Kommission, die von der Bundesregierung eingesetzt wurde. Sie folge den Forderungen von UN-Menschenrechtsinstitutionen und der Weltgesundheitsorganisation und sie werde von 73 führenden Verbänden, Organisationen und Netzwerken aus einem breiten Spektrum an Fachbereichen getragen.
"Tausende Menschen haben sich in Petitionen, Briefen und auf Demonstrationen für diese Reform starkgemacht", erinnert der Text. Am Schluss folgt der flammende Appell: "JETZT ist keine Zeit mehr für eine Vertagung der Entscheidung: Das Parlament muss über den Entwurf abstimmen können! JETZT ist keine Zeit mehr für Partei- und Wahltaktik: Eine demokratische Entscheidung darf nicht unterlaufen werden! Machen Sie den Weg frei für eine überfällige Neuregelung, die insbesondere ungewollt Schwangeren endlich die Unterstützung gibt, die sie verdienen!"
Bei Redaktionsschluss gestern Abend um 18:28 Uhr hatten die Petition 735 Menschen unterschrieben. Wenn Sie das auch tun möchten, finden Sie den Link hier.