Kommentar

Debatte um Bibeltext an der Berliner Schlosskuppel

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Kuppel des Humboldt-Forums mit dem fraglichen Spruchband
Kuppel des Humboldt-Forums

Das als "Humboldt-Forum" wiedererrichtete Berliner Stadtschloss wird an der Kuppel von einem Spruch "verziert", der dazu aufruft, "zu Ehren des Vaters" und "im Namen Jesu" das Knie zu beugen und sich dem Christentum zu unterwerfen. Der von Beginn an vorhandene Protest gegen die Inschrift nimmt jetzt neu an Fahrt auf.

Das Humboldt-Forum versteht sich selbst als "Ort für Kultur und Wissenschaft, für Austausch und Debatten". Umso deutlicher muss die Frage erlaubt sein, weshalb dieser Bau mit einem riesigen Kreuz geschmückt wurde, das weithin sichtbar über der wohl religionsfernsten Stadt Deutschlands prangt. Einschüchterung? Missionierung? Auch als Hinweis auf die Geschichte taugt das ehemalige Stadtschloss nicht so richtig: Hat Berlin die Jahre ohne Kaiser und König doch ganz gut überstanden und das Bauland an der Spree auch zuvor ganz ordentlich zu nutzen gewusst.

Doch so wie immer in diesem Land, in dem die Trennung von Staat und Religionen nicht nur hinkt, sondern eher einbeinig daher kommt, wurden kritische Stimmen an Kreuz und Spruch geflissentlich überhört. Auch, dass die Mehrheit der Berliner gegen Kreuz und Spruch ist, war auf Grund des nichtexistenten Demokratieverständnisses der Kirche schnurzpiepegal.

Foto: © Frank Nicolai
Foto: © Frank Nicolai

Jetzt jedoch kommt wieder Schwung in die Debatte – und von ganz unerwarteter Seite. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) antwortete auf eine Anfrage der CSU/CDU-Fraktion, ob es tatsächlich Überlegungen gebe, die Bibelzitate an der Kuppel (zeitweilig) zu überdecken. In der Antwort heißt es: "Die Bundesregierung ist sich der Problematik bewusst, die von einer städtebaulich und baukulturell begründeten, gleichwohl politisch und religiös interpretierbaren Wiederherstellung der monarchischen und christlichen Symbolik am Gebäude einer Institution wie des Humboldt Forums ausgeht." Der Bundesregierung sei klar, dass die "Symbolik von Kuppel, Kreuz und Inschrift" problematisch sei und plädiert daher für ein "[Kunstprojekt] zur temporären Überblendung der rekonstruierten Inschrift mit alternativen, kommentierenden und reflektierenden Texten".

Solche Überlegungen genügen, um einigen sofort Schaum vor dem Mund zu verursachen. Man konnte darauf warten, dass sofort dagegen "argumentiert" wird. Die Boulevardzeitung BZ wetterte: "Es ist schon merkwürdig, wie die Bundesregierung unter der Führung von Claudia Roth gegen Worte zu Felde zieht, die seit 2000 Jahren in der Heiligen Schrift stehen und die sie offenbar gar nicht verstanden hat." Auch der Ländervorsitzende für Berlin und Brandenburg des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU, Günter Nooke, schlug in diese Kerbe. Er warf Roth "Intoleranz gegenüber dem christlichen Glauben sowie den eigenen geschichtlich-kulturellen Wurzeln" vor. Die kultur- und medienpolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Christiane Schenderlein (CDU), bekam es angesichts der Roth'schen Worte sogar mit der Angst zu tun: Sie befürchte – ließ sie den rbb wissen –, dass im nächsten Schritt das Kreuz auf der Kuppel infrage gestellt werde.

So also klingt es, wenn christlichen Politikern langsam schwant, dass Religion den Einfluss auf Politik und Gesellschaft verliert.

"Es ist erstaunlich und geschichtsblind zu meinen, diese von Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. selbst aus zwei Bibelzitaten zusammengestellte Inschrift für seinen Schlossbau sei einfach nur ein unpolitisches Zeichen von Religiosität", konterte Claudia Roth bei Spiegel-Online. Die Inschrift sei vielmehr eine eindeutige politische Botschaft, "die den allein von Gott abgeleiteten Herrschaftsanspruch des Preußenkönigs untermauere".

Und dies passt nun wahrlich nicht in die weltoffene Stadt Berlin.

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