Sexuelle Belästigung auf Europas Straßen: Eine Befragung

Im Oktober dieses Jahres befragten die französischen Stiftungen Fondation Jean-Jaurès und Fondation européenne d’études progressistes (FEPS) etwas über 6.000 Frauen aus fünf europäischen Ländern und den USA zu ihren Erfahrungen mit sexueller Belästigung auf der Straße.

Abgefragt wurden dabei verschiedene Formen der Belästigung, sowie wann diese in ihrem Leben stattgefunden haben. Am traurigsten sieht die Situation dabei in Spanien für Frauen aus. Dort sind besonders Taxieren, Pfeifen und Hinterherrufen, sowie obszöne Gesten weit verbreitet. Aber auch in Deutschland berichten 44 % der befragten Frauen davon, zumindest einmal im Leben von sexuellen Übergriffen betroffen gewesen zu sein.

Zwischen dem 25. und 30. Oktober 2018 waren online jeweils etwas über 1.000 Frauen aus Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland, Großbritannien und den USA zu ihren Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen auf der Straße befragt worden. Die Frauen wurden in Europa von der European Union Labour Force Survey und in den USA von der Current Population Survey ausgewählt, um einen repräsentativen Schnitt zu erreichen. Aufgeteilt wurden die Teilnehmerinnen in verschiedene Altersgruppen, in Gruppen nach Bildung und beruflicher Position und nach ihrem Wohnort in eher ländlichen oder städtisch geprägten Regionen.

Abgefragt wurden verschiedene Formen der Belästigung wie das Hinterherrufen von Unflätigkeiten, bis hin zur Vergewaltigung durch Penetration und wann diese Belästigung(en) erfahren wurden. Ob diese im bisherigen Leben der Frau erfahren wurden oder in den vergangenen 12 Monaten er- oder überlebt wurden.

Die Formen der Belästigung, die erfragt wurden, waren Taxieren, Hinterherpfeifen, Rufe mit sexuellem Hintergrund, bzw. sexistische Beleidigungen, obszöne Gesten, beharrliches Verfolgen, Stalking, Exhibitionismus, ungewollte Berührungen (ein Fremder reibt sich an der Frau), unerwünschte Berührungen mit sexueller Betonung (z. B. Anfassen des Pos) und Penetration mittels Gewalt, Zwang oder Überrumpelung.

In Spanien sind das Taxieren und Hinterherpfeifen besonders verbreitet. Dort berichteten    76 % der Frauen dass sie bereits einmal taxiert wurden. 86 % wurde bereits einmal hinterhergepfiffen. In Deutschland sind es 61 %, bzw. 67 % der Frauen, die damit bereits Erfahrungen machen mussten. In allen abgefragten Ländern sind besonders Frauen unter 25 Jahren von dieser Form der Belästigung betroffen. Bei beleidigenden oder abwertenden Zurufen und obszönen Gesten liegen die Länderunterschiede zwischen den USA, Spanien, Großbritannien und Frankreich nicht sehr hoch. Über 30 % der Frauen in den befragten Ländern hatten Zurufe und Gesten bereits erlebt. In Deutschland und besonders Italien liegen die Werte unter 30 %.

Beim hartnäckigen Verfolgen und Nachspionieren liegen die USA, Deutschland und Frankreich traurigerweise vorn. 64 % der befragten Frauen gaben an, bereits mindestens einmal in ihrem Leben einen hartnäckigen und unerwünschten Verfolger gehabt zu haben.

Beim Exhibitionismus liegen die Zahlen darunter. Allein 15 % der jungen Frauen in Spanien gaben an, bereits einmal mit Exhibtionismus konfrontiert worden zu sein. In den restlichen befragten Ländern waren es durch alle Altersgruppen zwischen null und sieben Prozent.

In Bezug auf das Begrabschen und Reiben, mussten in Deutschland, Großbritannien und den USA etwas 40 % der Frauen diese Erfahrungen machen. Bei Penetrationen mittels Gewalt, Zwang oder Überrumpelung gaben 20 % der Frauen in den USA, 18 % in Großbritannien und noch 10 % der Befragten in Deutschland an, schon einmal eine solche überlebt zu haben.

Die Auswertung zeigt an, dass Frauen in allen sechs abgefragten Ländern sowohl im Laufe ihres Lebens, als auch in den vergangenen zwölf Monaten sexuellen Übergriffen ausgesetzt waren. Dabei traf es besonders jüngere Frauen. Betrachtet man den Zeitpunkt, lässt sich ein Rückgang der Belästigungen in den letzten 12 Monaten erkennen. Es wird davon ausgegangen, dass die #Metoo Debatte einen guten Teil dazu beigetragen hat, die Zahlen zu senken.

Das bedeutet jedoch noch immer keine Entwarnung für Frauen, ist doch Gewalt gegen sie noch immer an der Tagesordnung. In Spanien und Deutschland, beides Länder mit hohen Zahlen bei sexuellen Übergriffen, endet die Gewalt oftmals tödlich. Und dabei sind die Täter nicht einmal immer Fremde auf der Straße, sondern eigene Partner und Ex-Partner. In Spanien, einem Land mit etwa 40 Mio. Einwohnern wurden dieses Jahr bereits 43 Frauen von ihren Partnern bzw. Ex-Partnern getötet, in Deutschland stirbt statistisch jeden dritten Tag eine Frau durch eine Attacke ihres Partners oder Ex-Partners.