Das Schächten und die Religionsfreiheit

Religion oder Tierwohl

scheiterhaufen_feuer.jpg

Auch das Verbrennen von Hexen und Ketzern hat eine lange Tradition.
Auch das Verbrennen von Hexen und Ketzern hat eine lange Tradition.

Deutschland ist ein säkularer Staat. Also: Er sollte es eigentlich sein. Denn immer wieder versuchen religiöse Partikularinteressen, diesen Grundsatz auszuhebeln und religiöse Vorschriften über das Gemeinwohl zu stellen.

Gestern meldete sich die SPD-Politikerin Sawsan Chebli via Twitter zu Wort und gab bekannt, dass, wer für Tierwohl einstehe, die jüdische und islamische Religion angreife und die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit verletze.

Sie schreibt: "Schächten gehört zum Judentum und zum Islam. Wer das verbieten will, greift die jüdische und islamische Religion an und verletzt die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit. […]"

Für diesen Tweet hat sie bereits viel berechtigten Widerspruch erhalten. So schreibt beispielsweise Bernhard Janßen: "Religionsfreiheit muss Grenzen haben. Auch Menschenopfer gehörten früher zu einigen Religionen. Seit 2002 steht der Tierschutz im Grundgesetz! Religionsfreiheit des Einzelnen hat mit Töten nichts zu tun und hat in Deutschland keinen Vorrang vor dem Tierschutz!" Ein Nutzer namens Cryptocoinfox(Unrasiert) antwortet: "[…] wenn zu einer Religion etwas gehört, dass [sic] zutiefst unseren Werten und Gesetzen widerspricht, wie das Schächten, kann man das nicht mit Tradition oder sonst was relativieren […]."

Mehrfach wird zu Recht darauf hingewiesen, dass das Tierwohl in Deutschland grundgesetzlich geschützt ist.

Soweit, so gut. Allerdings hat Frau Chebli diese – für eine Staatssekretärin und ehemalige Sprecherin der Bundesregierung erstaunliche – Aussage nicht aus dem Bauch oder einer Laune heraus getätigt. Nein, sie bezieht sich auf einen Artikel in der Jüdischen Allgemeinen. Dort wird darüber berichtet, dass sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, in einem Schreiben an die Mitglieder der niedersächsischen CDU‐Landtagsfraktion gewandt hat. Denn diese haben es gewagt, sich für ein Verbot des betäubungslosen Schächtens auszusprechen.

Schuster möchte, dass die Abgeordneten von ihrem Tun ablassen und "sich für die weitere Möglichkeit der Durchführung des betäubungslosen religiösen Schlachtens im Sinne einer grundgesetzlich gewährleisteten ungestörten Religionsausübung" einsetzen. Eine grundgesetzlich gewährleistete ungestörte Religionsausübung? Es ist ja möglich, dass Herr Schuster ein anderes Grundgesetz meint als das, welches ich vorliegen habe.

Denn danach gibt es zwar Religionsfreiheit, was bedeutet, dass man seine Religion ausüben darf; aber eben in den Grenzen des Rechts. Denn schließlich gehören Steinigung, Blutopfer, Verstümmelungen und ähnliche Grausamkeiten ebenfalls zu diversen Religionen. Und aus gutem Grunde sind diese hierzulande verboten.1 Weshalb also sollen im Namen einer Religion Tiere zu Tode gequält werden dürfen? Weil das "Tradition" sei? Also bitte …


  1. Mit Ausnahme der Genitalbeschneidung von Jungen im Namen von Allah und JAHWE. ↩︎