Dunkle Wolken über dem Erzbistum Köln

Dass der Kirche ihre Schäfchen davonlaufen, ist nicht neu. Doch inzwischen rebellieren auch jene, die noch in der Kirche geblieben sind. Vor allem im Erzbistum Köln. Dort wenden sich Mitarbeiter des Bistums mit einem Offenen Brief gegen ihren Kardinal, während das Generalvikariat wegen moralischen Bankrotts eine symbolische Absperrung durch die Kirchenreformbewegung Maria 2.0 erfährt. Auch dass die NRW-Finanzverwaltung ein Bußgeldverfahren gegen das Erzbistum eingeleitet hat, dürfte bei Kardinal Woelki und den Seinen die Stimmung nicht gerade heben.    

Anfang August wurde bekannt, dass sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki in der Debatte um das zurückgehaltene Missbrauchsgutachten von PR-Profis beraten ließ. Sie empfahlen Strategien, um den Betroffenenbeirat gezielt auf Woelkis Linie zu bringen. Eine Nachricht, die nicht nur bei der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, sondern auch bei Kölner Katholikinnen und Katholiken für massive Kritik sorgte.  Auch, dass der Kölner Generalvikar Guido Assmann erklärte, es habe nie das Ziel gegeben, die Betroffenen zu einem bestimmten Verhalten zu animieren, führte nicht zu einer Verbesserung der Stimmung. Es scheint, als hätten Kardinal Woelki und die Seinen mit dieser Aktion bei ihren Schäfchen den ohnehin schon strapazierten Bogen endgültig überspannt.

Letztes Vertrauen verbraucht

In einem Offenen Brief distanzierten sich am Sonntag kirchliche Mitarbeiter sowie Mitglieder des Diözesanpastoralrats und einiger Verbände im Erzbistum Köln von ihrer Bistumsleitung.

"Wir als Unterzeichner*innen sind betroffen und entsetzt. Die neuerlichen Enthüllungen über die Kommunikationsstrategie des Kardinals und seiner Mitarbeitenden in der Leitung empören uns. Trotz größter Skepsis haben einige von uns seit der Wiederkehr des Erzbischofs versucht, den Dialog mit ihm aufzunehmen. Mit dem Bekanntwerden der PR-Strategien aber hat Kardinal Woelki sein letztes Vertrauen verbraucht. Die Krise hat nun einen nicht vorstellbaren Tiefpunkt erreicht, die auch die Stellungnahme von Generalvikar Guido Assmann in keiner Weise bewältigen kann."

So beginnt der Brief, deren 21 Erstunterzeichner dem Bistum eigentlich eng verbunden sind – Pfarrer, Pastoral- und Gemeindereferenten und -referentinnen, Diözesanvorsitzende und Religionslehrer, denen ihre Erschütterung über die Vorgänge im Bistum deutlich anzumerken ist.

"Wir schließen uns den Aussagen Betroffener an: Der Betroffenenbeirat ist in dem Streit um die Gutachten instrumentalisiert worden. Es war und ist nicht zu erkennen, dass die Betroffenenperspektive handlungsleitend war und ist", heißt es in dem Offenen Brief. Und weiter: "Wir erfahren uns in den verschiedenen Gesprächskontexten und in den verschiedenen Räten ebenso benutzt und bisweilen auch instrumentalisiert, um den Kardinal und ein offensichtlich nicht mehr funktionierendes System zu schützen."

Die Voraussetzungen für einen Dialog, den die Bistumsleitung immer wieder angeboten hat, um Kritiker und Kritikerinnen zu besänftigen, sehen die Unterzeichner des Briefes derzeit nicht gegeben. Sie fordern einen Neuanfang, zu dem auch personelle und systemische Veränderungen gehörten. Ein "Weiter so" dürfe es nicht geben.

Generalvikariat Köln geschlossen wegen moralischen Bankrotts

Die katholische Kirchenreformbewegung Maria 2.0 legte nach. Wie der Kölner Stadtanzeiger berichtet, brachten Mitglieder der Bewegung am Montagmorgen mit Flatterband eine symbolische Absperrung am Erzbischöflichen Generalvikariat in der Kölner Marzellenstraße an. Außerdem ein Plakat mit der Aufschrift: "Generalvikariat Köln GESCHLOSSEN – Moralischer Bankrott". Auch Maria 2.0 kritisiert den Umgang des Erzbistums mit dem Missbrauchsskandal.

"Die Führungsspitze des Erzbistums versagt moralisch auf der ganzen Linie", erklärte Maria Mesrian, Sprecherin von Maria 2.0, gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger. Viele Katholikinnen und Katholiken in den Diensten des Bistums litten unter dieser Führung. Woelki sei "ein Bischof ohne Volk".    

NRW-Finanzverwaltung leitet Bußgeldverfahren gegen Erzbistum ein

Zu den Problemen von innen gesellen sich für das Erzbistum Köln Probleme von außen. Im Frühjahr war bekannt geworden, dass die Diözese Spielschulden eines Priesters in Höhe von rund 1,1 Milllionen Euro beglichen hatte. Pikanterweise stammte das Geld mindestens zum Teil aus einem bischöflichen Sondervermögen, aus dem auch Missbrauchsbetroffene entschädigt werden – und deren Entschädigungszahlungen regelmäßig äußerst mager ausfallen.

In der vergangen Woche nun wurde öffentlich, dass die NRW-Finanzverwaltung ein Bußgeldverfahren gegen das Erzbistum eingeleitet hat, da der Verdacht besteht, dass in diesem Fall schuldhaft Aufsichtsmaßnahmen unterlassen wurden, was zu einer Verletzung steuerlicher Pflichten führte. Der Hintergrund: Da die Übernahme der Schulden einer zusätzlichen Zahlung an den Priester gleichkommt, wären dafür Lohnsteuern fällig gewesen. Was im Bistum jedoch anscheinend niemandem aufgefallen war oder auffallen wollte. Das Finanzamt hat – nach einer reichlich verspäteten Selbstanzeige des Bistums – eine Nachzahlung von 650.000 Euro angesetzt. 

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