Richard Dawkins ist Gegenwind gewohnt. Nun hat der renommierte Evolutionsbiologe sich gleich mit zwei öffentlichen Äußerungen in schweres Wetter begeben. Es geht um die während der Olympischen Spiele aufgeheizte Geschlechterdebatte um zwei Boxerinnen, die Dawkins seinerseits provokativ befeuerte. Und dann sein schwerer Vorwurf: Er werde wegen dieser seiner Meinungsäußerung zensiert. Facebook habe sein komplettes Profil wegen seiner auf einem anderen Kanal (X, vormals Twitter) getätigten Äußerung gelöscht.
Der Anlass: Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu-ting aus Taiwan holten in Paris in den Boxwettbewerben ihrer jeweiligen Gewichtsklassen olympisches Gold. Schon vor den Spielen wurde heftig darüber gestritten, ob sie überhaupt hätten antreten dürfen. Laut dem seinerseits umstrittenen Boxweltverband IBA hätten die Boxerinnen keinen für Frauen üblichen XX-Chromosomensatz, sondern XY-Chromosomen. Sie hätten laut IBA "im Vergleich zu anderen weiblichen Teilnehmern Wettbewerbsvorteile". Das für die Ausrichtung der Spiele zuständige Internationale Olympische Komittee (IOC) orientierte sich indes nicht an dem Boxverband, sondern ließ Imane Khelif und Lin Yu-Ting antreten. Dass der Boxverband IBA die beiden von den Weltmeisterschaften 2023 ausgeschlossen hatte, bezeichnete das IOC als eine "willkürliche Entscheidung ohne ordnungsgemäßes Verfahren". Das im Pass angegebene Geschlecht (in beiden Fällen weiblich) sei maßgeblich für die Zulassung zu den Wettbewerben.
Nun kommt Richard Dawkins ins Spiel. Auf dem Kurznachrichtendienst X teilte er ein Bild, das einen Motorradfahrer zeigt, der einer Gruppe Radsportler davonfährt. Darunter der Kommentar: "Motorradfahrer, der sich als Radfahrer identifiziert, gewinnt die Tour de France". Die Botschaft war klar: In Wahrheit seien die beiden männliche Boxer. Und als just kurz nach dem Tweet sein Account auf Facebook nicht mehr erreichbar war, bestätigte Dawkins diese Auslegung denn auch ausdrücklich. Auf X schrieb er: "Mein kompletter Facebook-Account ist gelöscht worden, offenbar (mir gegenüber wurde keine Begründung abgegeben), weil ich auf X getweetet habe, dass genetisch männliche Boxer wie Imane Khalif (unbestritten XY) nicht gegen Frauen bei den olympischen Spielen kämpfen sollten. Natürlich ist meine Meinung offen für einen zivilisierten Streit. Aber unverblümte Zensur?"
Die Sache mit dem Facebook-Account und den Zensurvorwürfen löste sich nach ein paar Tagen in Luft auf. Dass Meta (Eigentümer von Facebook) Dawkins' Account wegen eines Tweets auf einer ganz anderen Plattform gelöscht habe, bestritt Meta. Die Pressesprecherin von Meta verwies darauf, dass der Account von Dawkins offenbar gehackt worden sei. Und dass man Missbrauch verhindern wollte, ihn daher abschaltete. Das habe nichts mit irgendwelchen von Dawkins geposteten Inhalten zu tun. Für Dawkins bestätigte ein Sprecher nur knapp gegenüber hpd: "Die Facebook-Seite ist seit dem 10.8.2024 wieder erreichbar. Richard Dawkins betrachtet die Angelegenheit damit als abgeschlossen." Auf die Frage, was Dawkins zu den Vorwürfen der Boxerinnen sage, dass diese sich durch ihre Bezeichnung als männlich in ihrer Menschenwürde verletzt fühlen, ging der Sprecher jedoch nicht ein.
Imane Kelif und Lin Yu-ting ließen sich nämlich nicht nur für ihre Goldmedaillen feiern, sondern sehen sich auch als Opfer der Debatte. Nabil Boudi, der als Kelifs Anwalt arbeitet, kündigte per Pressemitteilung eine Beschwerde wegen Cybermobbings bei der Pariser Staatsanwaltschaft an. Die Ermittlungen sollen klären, wer, so Boudi, die "frauenfeindliche, rassistische und sexistische Kampagne" initiiert und wer sie angeheizt habe.
Die Auseinandersetzung um geschlechtliche Identität wird vor allem von konservativen Kreisen mittlerweile als eine Art Kulturkrieg geführt. Dawkins findet sich nun auf einmal in einer Reihe von Mitstreitern, in deren Gesellschaft er sich kaum wohl fühlen dürfte. Etwa mit der wegen ihrer Äußerungen zu Transmenschen umstrittenen "Harry Potter"-Autorin J.K. Rowling, mit Tech-Milliardär Elon Musk, der italienischen Ministerpräsidentin Georgia Meloni oder auch dem US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Sie alle argumentieren sinngemäß: Seht her, eure Wokeness mit dem Eintreten für jede nur denkbare Minderheit führt dazu, dass Männer nun sogar ganz offiziell Frauen verprügeln dürfen.
Es geht in dieser Diskussion nicht um Menschen, die trans sind und geschlechtsangleichende Maßnahmen (Hormontherapien, Operationen) haben durchführen lassen. Und es ist nachvollziehbar, dass sich Khelif und Lin Yu-ting durch eine weltweit geführte öffentliche Debatte über ihr "wahres Geschlecht" zutiefst verletzt fühlen dürften. Doch ebenso problematisch wäre es auch, über das Thema einfach hinwegzusehen. Dawkins hatte in seinem Tweet die Bemerkung "XY undisputed" in Klammern gesetzt (siehe oben): "unbestritten XY". Damit bezog er sich offenbar auf die Behauptung des Boxweltverbands IBA, die beiden hätten einen männlichen Chromosomensatz – wogegen sie rechtlich nicht vorgegangen sind.
"Wer mehr Testosteron hat, hat höhere Chancen auf einen Sieg"
Angelica Lindén Hirschberg ist Gynäkologie-Professorin aus Stockholm, die sich intensiv mit dem Spitzensport beschäftigt. In einem Interview mit der Zeit kann sie zwar nicht aus eigener Analyse bestätigen, ob die Sportlerinnen mit einem Chromosomensatz mit männlichen Eigenschaften, also XY statt zwei X-Chromosomen, geboren wurden, wie es in seltenen Fällen anzutreffen ist. Wenn es aber so wäre, so sind laut der Expertin diese Konsequenzen denkbar: Betroffene haben mehr Testosteron im Körper, was sich "massiv auf die Muskelmasse und Muskelstärke auswirkt". Auch könne ein hoher Testosteronspiegel aggressiver, risikobewusster und zäher machen. "Wer mehr Testosteron hat, hat höhere Chancen auf einen Sieg."
Nun könnte man sagen, dass es doch auch sonst im Spitzensport körperliche Unterschiede gibt, die gegenüber der Konkurrenz Vorteile bedeuten. Dazu Hirschberg: "Diese Vorteile sind nicht im Entferntesten mit jenen zu vergleichen, die ein zehn- bis zwanzigfach erhöhter Testosteronwert einem verschafft." Hirschberg sagt ausdrücklich nicht, dass Frauen mit XY-Chromosomen keine Frauen seien, es gehe hier nicht um Geschlechtsidentität. Aber gerade bei Kampfsportarten müssten nicht nur Wettbewerbsvorteile bedacht werden, die ein erhöhter Testosteronspiegel mit sich bringe. Es gehe auch um die Sicherheit der Gegnerinnen: "Wenn Frauen gegen Frauen mit einem vermännlichten Körper antreten, dann ist für sie das Verletzungsrisiko erhöht."
Um dem entgegenzuwirken, könnte in solchen Fällen der Testosteronspiegel mit medizinischen Mitteln gesenkt werden. Das mag eine Lösung für den Sport sein, die angeheizte gesellschaftliche Debatte beendet es freilich nicht. Eine Debatte, die bis hin zu der bizarren Position läuft, dass es gar keine biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe und diese nur sozial konstruiert seien.
61 Kommentare
Kommentare
Joseph Klein am Permanenter Link
kann mir irgendwer erklären, warum Richard Dawkins in "Atheisten-Kreisen" so gehypt wird? Ich kann nicht entdecken, was Dawkins Weltbewegendes leistet.
René am Permanenter Link
Warum er "gehypt" wird? Weil er sehr viel zur Aufklärung und Naturalismusthemen beigetragen hat.
Das Rechtsaußen-Framing ist völlig unangebracht und schwer erträglich.
Joseph Klein am Permanenter Link
@ René sagt: "Das Rechtsaußen-Framing" Wenn Dawkins nicht vom Otto-Normal-Rechten zu unterscheiden ist, ist er dann nicht Otto-Normal-rechts?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Der Chor mag Ähnliches (nicht faktenbasiert, wie bei Dawkins, sondern ideologiebasiert) singen, aber Dawkins ist mit Sicherheit kein Teil des Chors.
Gestern haben die Macher des Compact Magazins die vorläufige Aufhebung des Verbreitungsverbots gefeiert - als Sieg der Demokratie! Sollen wir jetzt nicht mehr die Demokratie verteidigen, um nicht in den Ruch zu geraten, im Chor der Rechtsaußen mitzusingen?
Joseph Klein am Permanenter Link
@ Bernd Kammermeier sagt: "aber Dawkins ist mit Sicherheit kein Teil des Chors." Und warum nicht? Können Sie das auch begründen?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Umgekehrt wird ein Schuh draus. Sie stellen eine gewagte These auf (Dawkins sei rechtsaußen), dann müssen Sie das belegen...
Joseph Klein am Permanenter Link
@ Bernd Kammermeier Wer "stellt eine gewagte These auf (Dawkins sei rechtsaußen)"?
Carsten Ramsel am Permanenter Link
RD obwohl Brite hat zunächst in den Vereinigten Staaten gewirkt. Zusammen mit Sam Harris, Christopher Hitchens und Daniel Dennett war er einer der Four Horsemen, s. Interview auf youtube oder gedruckt bei Penguin.
Joseph Klein am Permanenter Link
@ Carsten Ramsel "The God Delusion" habe ich gelesen: Bertrand Russell erklärt an entscheidender Stelle viel besser als Dawkins – Fazit: dieses Buch ist sicher NICHT WELTBEWEGEND.
Carsten Ramsel am Permanenter Link
@Joseph Klein
Ihre Ausgangsfrage lautete, warum Richard Dawkins in Atheisten-Kreisen so gehyped wird?
Gerade The God Delusion hatte in den USA einen riesigen Impact und führte auch in Deutschland zu öffentlichen Diskussionen unabhängig davon, ob seine Argumente darin, weltbewegend waren oder nicht. Es geht darum, welche persönlichen und gesellschaftlichen Wirkungen das Buch entfaltete. Um Ihnen einen historischen Vergleich zu geben, Ludwig Feuerbachs Wesen des Christentums reißt heute niemanden mehr aus dem Sessel, in seiner Zeit flüsterte Feuerbach Tausenden das Christentum aus der Seele, dasselbe gilt vermutlich für Bertrand Russel zu seiner Zeit und Dawkins heute. Und dies gilt auch dann, wenn Sie der Meinung sind, dass Feuerbach und Russell bessere Argumente hatten als Dawkins.
Da Sie die Geschichte des Atheismus im 20. Jahrhundert jedoch besser kennen als ich, verlasse ich hier die Diskussion.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Sehr schöne Präzisierung.
Aber in Deutschland hat er auch einiges bewirkt. Ein winziges Beispiel: Ich schaffte es, einen "Jehovas Zeugen" dank Dawkins vom Irrweg seiner Religion zu überzeugen. Er hat - den familiären Verlust in Kauf nehmend - die Gemeinde danach verlassen und lebt nun glücklich mit säkularer Frau in Freiheit. Ich habe ihn vor Jahren zufällig bei einem Vortrag von Dawkins wieder getroffen.
Er fing an, am Schrifttum der Zeugen zu zweifeln, als ich ihn - bei einer Diskussion über Evolution - fragte, ob er Dawkins rundweg abgelehnte Bücher denn kenne. Das musste er verneinen. Er kannte nur die Werke der "Zeugen" zum Thema. Ich hingegen kenne auch deren Bücher. Ich konnte also vergleichen und argumentieren auf sachlicher Ebene. Lustig war, als ich den beiden "Zeugen", die mich damals besuchten, mit freundlichen Worten ihr eigenes Weltbild vorhielt, was sie zunächst gar nicht glauben wollten und eifrig in ihren Büchlein blätterten, bis sie mich bestätigt fanden. Das löste eben bei einem vor ihnen einen Denkprozess aus, den gerade radikale Religionsgemeinschaft ihren Mitgliedern gerne verbieten.
Religiös ausgedrückt hat Dawkins auf diese Weise mit seinen tollen Büchern in Deutschland eine "Seele" gerettet...
Kai am Permanenter Link
Zum Thema Naturalismus und Religionskritik hat er viel beigetragen. Seine Argumentationen und Bücher zu Evolution und gegen Kreationismus sind nach wie vor gut, fundiert und berechtigt.
Vor einigen Jahren ist er dann beim Thema trans, Gender und Geschlecht einfach erstaunlich falsch abgebogen und verrennt sich da sehr scheuklappig, ähnlich eben wie Rowling, Musk und andere. Zwar mit mehr Fachwörtern, aber die Kontexte vermischend und akademisch mE nicht redlich.
Vereinfacht gesagt ist mein Eindruck, dass er sich durch die Diskussion über Geschlechtlichkeiten in der modernen Gesellschaft in seiner biologischen Ehre gekränkt fühlt. Er vermischt und verwirrt sein Fachgebiet - geschlechtliche Fortpflanzung auf mikrobiologischer Ebene - mit den vielen anderen Aspekten von Geschlecht ausserhalb der Biologie.
Insbesondere möchte er wohl, dass die Fortpflanzungsbiologie die Deutungshoheit über die Begriffe zu Geschlecht behält. Männlich, weiblich, etc.
Dabei ignoriert er, aus welchem Grund auch immer, dass für Menschen zu 99,99% ihrer Lebenszeit die tägliche Vergeschlechtlichung im Alltag viel bedeutsamer ist: Wie wir angesprochen und behandelt werden, was an stereotypischem Verhalten, Kleidung, Sprache, Interessen von uns erwartet, toleriert oder gemassregelt wird, usw.
Also das, was in Abgrenzung zur Biologie als Gender bezeichnet wird, und was für manche Menschen nicht funktioniert und deshalb zu Leid führt.
Warum er plötzlich so große intellektuelle - oder vielleicht eher emotionale - Probleme hat, diese unterschiedlichen Aspekte von Geschlecht und Vergeschlechtlichung als gleichzeitig existent in unterschiedlichen Kontexten zu akzeptieren, kann wohl höchstens gemutmasst werden.
Auf jeden Fall hat er reichlich trans-feindliche Dinge veröffentlicht, weil er es offenbar nicht aushält, wenn sich Menschen nicht anhand ihrer Gameten - bzw was andere dazu vermuten - vorschreiben lassen möchten, wie sie sich kleiden und gesellschaftliche teilhaben wollen, sondern vielleicht sogar medizinsche Methoden nutzen, um ihre biologischen Körper zu verändern.
Vielleicht ist ihm das einfach zu verwirrend und die nur scheinbar klare binäre Ordnung aus viktorianischer Zeit störend.
Stefan W. am Permanenter Link
Können Sie belegen, dass Dawkins sich zur Frage, wie man sich aufgrund seiner Gameten zu kleiden habe, geäußert hat? Oder ist Ihnen das mehr so in der Hitze des Gefechts durchgerutscht?
Bei der Frage des Boxens geht es eben nicht um Gender, sondern ums biologische Geschlecht, wie dieses nicht nur die oben erwähnte Körperkraft, sondern auch den Knochenbau, Herzleistung, Lungenvolumen verändert.
Wer meint, die unterschiedliche Biologie (2geschlechtliche Fortpflanzung ist älter als Bäume, nicht als heute lebende Bäume, sondern als der erste Baum) sei nicht die Basis der sozialen Rollen, der glaubt insgeheim noch, dass der Mensch kein Tier ist, sondern eine Größe die außerhalb der Evolution steht.
Das geht dann oft mit der Haltung einher, dass jedweder Bezug auf biologische Unterschiede Biologismus sei und einer misstrauischen, ignoranten bis feindseligen Haltung von Geistes- und Sozialwissenschaftlern vs. Naturwissenschaftlern.
Wenn als Argument schon vorgebracht wird, jemand befinde sich in einer Gemeinschaft mit Trump, dann weiß man, was die Glocke geschlagen hat.
Rainer am Permanenter Link
Lieber Herr Klein, Richard Dawkins ist seit den 1970-ern eine Hassfigur für die Linken, ohne dass er je rechts gewesen wäre.
Nur, damit Sie ihn noch ein bisschen hassen können, Lektüre: The selfish gene, 1976. Es geht unter anderem um "Meme" als nicht-genetische Reproduktionseinheiten.
PS:
Stammen Sie selbst denn aus "Monotheisten-Kreisen"? Nur der Neugierde halber.
Joseph Klein am Permanenter Link
@ Rainer: "Stammen Sie selbst denn aus "Monotheisten-Kreisen"?" Ich bin 100% ungläubig.
malte am Permanenter Link
Ich kann nicht erkennen, dass die Debatte "vor allem" von konservativen Kreisen geführt wird. Sie wird in der gesamten Breite der Gesellschaft geführt. Und J.K.
Es geht hier ja auch gar nicht um geschlechtliche "Identität" - es geht um das tatsächliche Geschlecht der Boxerin bzw. des Boxers.
René am Permanenter Link
Absolute Zustimmung. Die ständigen Versuche, den Diskurs über Genderidiologie durch Rechtsaußen-Framing zu stören, finde ich schwer zu ertragen.
Kai am Permanenter Link
Zum Thema "das tatsächliche Geschlecht" bitte mal https://www.spektrum.de/news/die-neudefinition-des-geschlechts/1335086 oder im Original https://www.nature.com/articles/518288a lesen.
Es gibt mindestens vier verschiedene biologische Aspekte, Geschlecht rein biologisch zu betrachten, die nicht notwendigerweise kongruent sein müssen.
Tatsächlich wissen viele Menschen gar nicht, dass sie nicht in jeder Hinsicht biologisch eindeutig männlich oder weiblich sind.
Und gerade bei Menschen, die nicht 100%ig eindeugtig sind, ist die Frage sehr komplex und nur pro Individuum zu beantworten, ob und welchen sortlichen Vorteil sie aus einem als "geschlechtlich" definierten biologischen Merkmal ziehen könn(t)en.
malte am Permanenter Link
Ich finde es befremdlich, dass Sie hier noch einmal den bekannten Artikel von Claire Ainsworth aus der Mottenkiste holen.
https://jungle.world/artikel/2022/50/die-ainsworth-boehmermann-pipeline
Hier erklärt der Biologe Colin Wright, was an "Sex redefined" und ähnlichen Beiträgen falsch ist:
https://www.realityslaststand.com/p/sex-is-not-a-spectrum
Prof. Dr. Ilse Jacobsen hat eine lobenswerte Initiative gestartet, um diese problematischen Vorstellungen richtigzustellen:
https://prorealitaet.wordpress.com/
Kai am Permanenter Link
Oh, Amelung! Und Wright! Na dann :)
Anyway, beide Artikel verfehlen neben anderen Dingen den wesentlichen Punkt: "The idea of binary sex is too simplistic", denn sie bezieht sich auf Fortpflanzungsfähigkeit, aber erhebt deren statistisches Normal vieler anderer Faktoren (aka Biologie-Lehrbich 9te Klasse) zur Norm für damit nicht notwendig zusammenhängende Bereiche, was (absichtlicher?) Unfug ist.
Anders gesagt: Es ist ziemlich unstrittig, dass an dem Punkt der Zeugung zwei definierte Zelltypen zusammenkommen, aber das tut für 99,999% der Lebenszeit der beteiligten Individueen überhaupt nichts zur Sache.
Weder für die Anrede an der Backtheke noch beim Spitzensport ist wichtig, ob ich Spermien oder Eizellen produziere.
Die Einteilung eines konkreten Individuums anhand seiner Gameten ist völlig fehlleitend, wenn es um etwas anderes als seine Fortpflanzung geht. Auch wenn es um seine anderen körperlichen Fähigkeiten geht. Die können nämlich genau _daraus_ nicht verlässlich abgeleitet werden - und Fragen des Zusammenlebens auf der Bühne geschlechtlicher Rollenstereotype schon gar nicht.
Heisst: Ob eine Person zu einem Zeitpunkt in einer bestimmten Sportart körperliche Vorteile hat, lässt sich aus ihren Chromosomen, Gonaden, Genitalien, Hormonen und so weiter nicht sinnvoll schliessen. Insbesondere wenn nicht alle Faktoren kongruent im Sinne der binären Einteilung sind. Die individuelle Kombination kann oder kann nicht Vorteile für eine spezifische Leistungsfähigkeit bedeuten.
_Deshalb_ der Hinweis auf Ainsworth.
Ein XY Chromosomensatz kann oder kann nicht zu bestimmter körperlicher Entwicklung führen. Bestimmte Gonaden können oder können nicht für bestimmte Hormone sorgen. Insbesondere wenn verschiedene gleichzeitig vorliegen. Testosteron kann oder kann nicht Einfluss auf die pubertäre Entwicklung von Muskeln und Gliedmassen gehabt haben. Es kann oder kann nicht Einfluss auf die Hämoglobinmenge bzw Sauerstoffdurchsatz haben. Das hängt von mehr als den reinen Messwerten ab.
Sportligen pauschal nach _irgendwelchen_ binären Geschlechtsmerkmalen zu trennen ist deshalb unterkomplex, weil es a) nur für statistische Häufungen funktioniert und b) die völlig falsche Kategorie ist. Gefragt ist der tatsächliche Endeffekt für spezifische Bewertung.
Jede Bewertung sportlicher Spitzenleistung sortiert systematisch gerade bestimmte Outlier an die Spitze, die aus ihrer individuellen körperlichen Ausstattung und ihrem Umfeld das Optimum heraus holen, gemessen an dem, was in der Sportart gefordert wird.
Die Sport-Kategorie "Frau" nach Geschlechtsmerkmalen ist aber eine Kategorie impliziter Mittelwerte, ausgehend von statistischer Minderleistung und nach oben gedeckelt. (Bei Männern nicht. Jede vorteilhafte Mutation und jedes förderliche Umfeld ist da okay)
Beides zusammen, Spitzenleistung und Deckelung nach Mittelwerten, kann nicht funktionieren.
Die tatsächliche Frage wäre also, welche körperlichen Features einer beliebigen Person Vorteile in einer Sportart verschaffen und wie sinnvolle Leistungsklassen je Sportart gebildet werden.
Das wäre die rationale Herangehensweise.
"Frauensport" funktioniert aber nicht so. Hier kommt die soziale, um nicht zu sagen sexistische Sichtweise ins Spiel. Frauen im Spitzensport sollen stereotypische Weiblichkeit (westlicher Prägung) verkörpern. "Hetero-Sexyness" nennt es ein*e Sportler*in in "Queer gewinnt - eine Sport-Utopie". Nicht zu groß, nicht zu breit, nicht zu stark, nicht zu butchy. Extrembeispiel: Die vorgeschriebenen Bikinis beim Beach-Volleyball.
Es wurden sogar Wettbewerbe getrennt, wenn zu viele Frauen in die Spitzenriege aufrückten (Schiessen, Radsport,
Und seltsamerweise (nicht!) werden die Outlier der definierten Mittelwert-Weiblichkeit fast ausschliesslich bei nicht-weissen Frauen gefunden. Nunja, die Referenztabellen wurden von wem erstellt? Mit welchem Sample? Wer hat die Sportarten und ihre Bewertungsysteme definiert?
Also: Sportliche Spitzen-Wettbewerbe für Frauen sind geprägt durch eine sehr einseitig gefärbte Definition, was Frauen sind und was sie können. Das ist weit ab von fair in jeder Hinsicht und hat mit Biologie nichts zu tun, ausser sie als Alibi heran zu ziehen.
malte am Permanenter Link
Sie reiten auf einem Punkt herum, den wir längst geklärt hatten. Nein, nicht die Chromosomen allein sind im Frauensport wichtig, das wesentliche Merkmal, auf das hier geschaut werden muss, ist die männliche Pubertät.
Ich weiß auch nicht, was der Hinweis auf weibliche Stereotype hier zu suchen hat. Niemand fordert, dass Frauen geschminkt und mit rosa Boxhandschuhen in den Ring steigen. Gefordert wird, dass Menschen, die im Frauensport antreten, nun ja: Frauen sind. Muss das so sein? Nein, nirgendwo ist in Stein gemeißelt, dass Sport notwendigerweise nach Geschlechtern getrennt stattfinden muss. Möglicherweise lassen sich andere Kategorien finden, die Fairness gewährleisten. Das wäre dann Aufgabe der Sportwissenschaft. Derzeit ist die Situation aber nun einmal so, dass nach Geschlechtern getrennt wird, ob Ihnen das gefällt oder nicht, und es ist nicht zu viel verlangt, dass das IOC sich konsequent danach richtet. Bei den Olympischen Spielen 2016 standen beim 800-Meter-Lauf der "Frauen" am Ende ausschließlich Männer auf dem Siegertreppchen, das ist kein Zustand.
Und dass andere Kategorien eher für Fairness sorgen als die Trennung nach Geschlecht, müsste auch erstmal belegt werden - bisher ist das lediglich eine Vermutung Ihrerseits.
Kai am Permanenter Link
Der zentrale Widerspruch ist gerade nicht aufgelöst und in deiner Antwort wiederholst du ihn hier: "Gefordert wird, dass Menschen, die im Frauensport antreten, nun ja: Frauen sind."
Der Punkt ist, dass eine sportliche Leistungskategorie "Frau" definiert werden soll, aber keine konsistente _sportbezogene_ Definition von "Frau" existiert. Körperliche Eigenschaften, die an anderen Stellen ausreichend und zielführend wären, bringen hier nichts, wie zB Fortpflanzungsfähigkeit, Chromosomen, Testosteronspiegel.
Eine "männliche Pubertät" verkennt total, dass durchaus viele endo Männer schlechtere körperliche Voraussetzungen haben als viele endo Frauen im Spitzensport. Ab wann ist also eine Pubertät so ausreichend "männlich", dass einer Frau gesagt werden kann, "Du bist zwar biologisch weiblich, fällst aber so aus dem (willkürlichen) Mittelmass, dass du sportlich keine Frau mehr bist". Das müsste schon sehr viel trennschärfer sein, gerade für inter Personen.
Es ist im übrigen eine ziemliche Frechheit, cis Frauen, die bei Geburt als Mädchen zugewiesen wurden, als Mädchen aufgewachsen sind, als Frauen leben, hier als Männer zu bezeichnen. Selbst wenn sie inter sind oder wären, sind sie definitiv keine Männer.
Zum Thema Sexismus und weibliche Stereotype, die im Spitzensport gefordert werden:
https://www.arte.tv/de/videos/117258-000-A/sportlerinnen-zu-stark-um-frau-zu-sein/
und
https://www.3sat.de/film/dokumentarfilmzeit/queer-gewinnt---eine-sport-utopie-100.html
malte am Permanenter Link
Ich habe doch selbst geschrieben: "Möglicherweise lassen sich andere Kategorien finden, die Fairness gewährleisten." Ja, es könnte sein, dass es bessere Möglichkeiten der Einteilung gibt, und vielleicht find
Und zum Thema hundertprozentige Fairness: Auch, wenn man nach anderen Kategorien trennen würde (Testosteronspiegel, Körperfettanteil oder was auch immer), würden ähnliche Probleme auftreten wie bei einer Trennung nach Geschlecht, weil es natürlich immer irgendwelche Einzelfälle gibt, die "aus dem Raster fallen". Das lässt sich überhaupt nicht verhindern, es sei denn, man ließe nur noch eineiige Zwillinge gegeneinander antreten. Es ist sehr gut möglich, dass die Einteilung nach Geschlecht bereits die beste Annäherung an die Fairness ist, die es gibt. Aber wie gesagt: Das wird in der Sportwissenschaft entschieden, nicht in den Kommentarspalten.
Du hast sehr seltsame Vorstellung davon, was "weibliche Stereotype" sind. Caster Semenya wurde nicht vom Frauensport ausgeschlossen, weil sie von irgendwelchen Stereotypen abweichen würden, sondern weil sie schlicht und einfach keine Frau ist. XY-Individuen mit 5-ARD als Männer zu bezeichnen, ist keine "Frechheit", sondern entspricht einfach den Tatsachen. Alle Stimmen aus Wissenschaft und Medizin, die ich dazu gelesen habe, sind sich in diesem Punkt einig.
Kai am Permanenter Link
tl;dr we are not in Kansas anymore; über Geschlecht kann nie rein naturwissenschaftlich gesprochen werden. Deshalb sind Begriffe mit Mehrfachbedeutungen und emotionaler Aufladung brisant.
Das Problem, von mir -sorry- die Frechheit genannt, das dir offenbar nicht bewusst ist, liegt darin, mit der Bezeichnung "Mann" gleichzeitig den sozialen Status der Person anzugreifen, die bisher ihr ganze Leben als Mädchen und Frau gelebt hat und auch so weiterleben will. Mit Familie, Umfeld und inzwischen als öffentlich bekannte Person.
Durch die Vernetztheit der Bedeutungen ist es nicht möglich, Begriffe wie "Mann" oder "Frau" unvoreingenommen oder nur auf ein naturwissenschaftliches Fachgebiet begrenzt zu benutzen, ohne gleichzeitig die Bedeutung für alle anderen Aspekte von Geschlecht mit zu involvieren. Das ist der Punkt, den auch Dawkins nicht verstehen kann oder will.
D.h. du sprichst damit Menschen wie Caster Semenya automatisch auch ihr gesellschaftliches Frau-sein ab, selbst wenn du das nicht beabsichtigst.
Genau das passiert in den öffentlichen Diskursen, lässt die Emotionen hochschiessen usw.(1)
Der ganze Aufruhr kommt überhaupt nur deshalb zustande, _weil_ die ständige Vergeschlechtlichung gesellschaftlich so brisant ist. _Weil_ Frauen überall benachteiligt, ausgeschlossen, von Männern weggedrückt werden. Die Fairness-Debatte wird von den sozialen Aspekten von Geschlecht ausgelöst und dominiert.
Hätten wir nicht diese ständige alldurchdringende Schere im Kopf, ob unser Gegenüber mutmasslich "Frau" oder "Mann" ist, in welcher Hinsicht auch immer und mit all den Folgen für alltägliches Zusammenleben, würden einfach Ligen nach realen, leistungsdeterminierenden Faktoren gebildet und (mutmassliche) Fortpflanzungsorgane und Hormonstatus etc wären relativ unerheblich - bzw lediglich statistische Häufungen ohne bestimmenden Bezug zur Einstufung oder zur gesellschaftlichen Bedeutung der Teilhabe bestimmter Merkmalsgruppen (die wir heute Frauen nennen).
Ja, in der Basketball-Liga unter 1meter75 wäre vermutlich hauptsächlich Menschen mit Uterus(3). Das würde dann genausowenig stören, wie das Verhältnis zwischen blonden und dunklen Haaren in den verschiedenen Leistungsklassen(3).
Es mag Männer geben, die sich von ihrer Genetik betrogen fühen, weil sie in der Pubertät keinen Körper wie Phelps, Griffith-Joyner, Bolt oder Semenya entwickelt haben. Aber das ist wohl sehr begrenzt und nicht vergleichbar mit der Art, wie weiblich gesehene Menschen ihr gesamtes Leben benachteiligt werden.
Aktuell wird aber versucht, die gesellschaftliche Kategorie Frau, also so wie die Leute aufwachsen, leben, gesehen werden, durch unzureichende Methoden zu definieren, die genau diese Aspekte bzw ihre Auswirkungen auf alle Beteiligten ausser acht lassen.
Gerade der Versuch "objektive naturwissenschaftliche" Methoden ohne die soziokulturellen Verknüpfungen zu verwenden, erzeugt massive Kollateralschäden(4). Ein passender Vergleich wäre die Phrenologie des frühen 20sten Jahrhunderts. Doch, die galt damals auch als objektiv und spontan einsichtig.
Eine sehr gute und anschauliche Erklärung für 'homeostatic property cluster' wie "Geschlecht" und ihre Auswirkungen liefert Abigail Thorn in https://www.youtube.com/watch?v=koud7hgGyQ8
Ich vermute, dass vielen Menschen nicht bewusst ist, warum ihnen eine strikt definierte Zweigeschlechtlichkeit so wichtig ist, quasi weltformend, und sie alles versuchen, sie irgendwie herzustellen - und dabei wichtige Zusammenhänge ausblenden.
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(1) Misgendering dieser Art wäre in D wohl sogar strafbar (s. das Urteil gegen Nius/Reichelt letztens), weil es eben die Würde der Person angreift. Das verhindert nicht die Diskussion über Biologie, Medizin oder Sport, auch wenn persönliche Genetik eigentlich Privatsphäre ist. Es geht um Pauschalierung über Biologie hinaus.
(2) allerdings nur, wenn dann auch nicht wie jetzt schon bei den Kindern nach Geschlecht unterschiedlich gefördert würde. Mädchen und junge Frauen bekommen sportlich weniger Chancen, haben weniger Vereine/Gruppen in Reichweite, weniger Trainingsmöglichkeiten, weniger Geld für Ausstattung, etc. Auch das trägt zum Aufruhr bei. Siehe die kanadische Studie zur soziokulturellen Faktoren im Spitzensport.
(3) Hint: Nach Haarfarben sortiert werden einige Sportarten von bestimmten dominiert. Guess why.
(4) immer wenn solche Diskussionen kommen, "wer ist eine Frau", höre ich in meinem Umfeld vermehrt, dass butch aussehende cis Frauen Probleme bekommen. Durch Männer und durch andere Frauen. Dieser Unfug wirkt in die Gesellschaft hinein.
malte am Permanenter Link
Da widerspreche ich ganz entschieden. Jeder halbwegs reflektierte Mensch kann die biologische und die gesellschaftliche Ebene auseinanderhalten.
Stefan W. am Permanenter Link
> Ein XY Chromosomensatz kann oder kann nicht zu bestimmter körperlicher Entwicklung führen. Bestimmte Gonaden können oder können nicht für bestimmte Hormone sorgen.
Ja, sicher. Und der erkennbar unterschiedliche Körperbau, und die erkennbar unterschiedlichen Resultate, die man in all den objektiv messbaren Wettbewerben feststellt?
Es geht nicht darum, dass es Männer gibt, die 10 Minuten für die 1000m brauchen, sondern darum, ob man Frauen ermöglichen will, überhaupt eine Medaille zu erringen. Finde mal eine Sportart, in der die Goldmedaillengewinnerin eine Bronzemedaille im Männerwettbewerb errungen hätte!
Beim Boxen gibt es natürlich keine objektiven Messwerte. Für die Person, die viele Jahre gedacht hat, sie sei eine Frau, wäre es natürlich schön, sie könnte eine Medaille gewinnen, aber ist es fair gegenüber den echten Frauen, die keine männliche Pubertät durchgemacht haben?
Würde Deine Behauptung stimmen, dass das biologische Geschlecht keine wesentliche Rolle spielt für die Möglichkeit im Spitzensport zur Weltelite zu gehören, dann könnte man doch den Frauensport abschaffen - das ist doch die Konsequenz Deines Kleinredens des Geschlechts als Faktor.
Versuch mal einen einzelnen Faktor zu finden, der besser vorhersagt, wer gewinnt!
> Die Sport-Kategorie "Frau" nach Geschlechtsmerkmalen ist aber eine Kategorie impliziter Mittelwerte, ausgehend von statistischer Minderleistung und nach oben gedeckelt.
Ach so? Wer zu schnell läuft, zu weit oder hoch springt, der wird aus der Kategorie "Frau" ausgeschlossen und muss mit den Männern konkurrieren? Gibt es dazu Quellen?
> (Bei Männern nicht. Jede vorteilhafte Mutation und jedes förderliche Umfeld ist da okay.)
Ja, weil es die schwerste Kategorie ist. Wenn ein Blinder schneller liefe als Usain Bolt, dann dürfte er auch bei den Männern antreten - bei Frauen weiß ich's nicht.
Frauen dürfen in einer eigenen Kategorie antreten, damit auch Frauen eine Chance auf Medaillen haben. Das ist eine Schutzkategorie für diejenigen, die nicht den Vorteil einer männlichen Pubertät hatten. Um Gender geht es da nicht.
> Extrembeispiel: Die vorgeschriebenen Bikinis beim Beach-Volleyball.
Den sportfernen Geistesatheisten kann man das ja erzählen oder sind die Bilder des ägyptischen Teams eine Fälschung: https://www.google.com/imgres?q=frauen%20beachvolleyball%20olympia%202024&imgurl=https%3A%2F%2Fcdn.imago-images.de%2Fbild%2Fsp%2F1048077224%2Fs.jpg&imgrefurl=https%3A%2F%2Fwww.imago-images.de%2Fsp%2F1048077286&docid=QRMO9aAPuOFWCM&tbnid=VsGLRQ-PMzbgPM&vet=12ahUKEwj6t_6t7YuIAxXL9bsIHdNrLd44FBAzegQIAhAA..i&w=629&h=419&hcb=2&ved=2ahUKEwj6t_6t7YuIAxXL9bsIHdNrLd44FBAzegQIAhAA
Für die, die Links ungerne folgen: Google Bildersuche: "Frauen beachvolleyball olympia 2024 Agypten".
Die beiden Frauen tragen schwarze Kleidung, die die Arme bis vor's Handgelenk bedeckt, die Beine bis zu den Fesseln, der Hals ist bedeckt und vom Kopf schaut nur vorne das Gesicht raus (unverschleiert), die Haare sind ebenfalls bedeckt - es erinnert an Taucherkleidung.
Bist Du mit den Fakten nicht vertraut und lässt Du immer so viel Sorgfalt walten?
Kai am Permanenter Link
Also, der "erkennbar unterschiedliche Körperbau" relativiert sich, wenn er weltweit betrachtet wird.
Wo ist also die Schutzraumklasse für Asiaten(M) vor /westlichen/ Hünen? Oder generell für Menschen, die aus irgendwelchen anderen genetischen Gründen 10% unter dem Durchschnitt liegen? All das interessiert quasi nicht. Also mir wäre jedenfalls keine Diskussion bekannt, die regional-statistische oder andere genetische Benachteiligung im Sport thematisieren würde. Kommt aber vermutlich irgendwann anders rum, wenn die afrikanischen Länder bei der Sportförderung aufschliessen. Da haben die Rassist*innen dann ihre Stunde. Und ich wette, dass dann Sportarten geschaffen werden, in denen /westliche/ Menschen weiter an der Spitze bleiben. Weil Spitzensport keine reine Frage von Zeiten und Weiten ist, sondern von Repräsentanz und Identifikation der Zuschauenden, der Vermarktenden, usw.
Deshalb betone ich ja, dass hier eigentlich die soziale Klasse Frau gemeint ist, wie du ja auch sagst, aber versucht wird, diese über biologisch-medizinische Ausschlüsse zu definieren, was erstaunlicherweise fast ausschliesslich Frauen aus dem globalen Süden betrifft.
Ich behaupte keineswegs, dass biologische Faktoren, die auch mit Geschlecht verknüpft werden, keinen sportlichen Einfluss hätten. Ich sage auch überhaupt nichts gegen soziale Schutzräume für gesellschaftlich benachteiligte Gruppen.
Ich sage, dass eine rein biologische Definition unzureichend und konfliktverschärfend sein _muss_, für eine überaus komplexe _soziale_ Gruppe, die ausgerechnet aufgrund gesellschaftlicher Benachteiligung geschaffen wurde. Mit jedem biologischen Referenz- oder Maximalwert werden Personen auch aus der sozialen Gruppe "Frau" ausgeschlossen, womit ihnen auch der Status als qua Geschlecht gesellschaftlich benachteiligt abgesprochen wird. Siehe die mehrfachen Misgenderungen in den Kommentaren. Es ist ja nicht so, als ob diese Menschen dann sozial als Männer anerkannt würden. Vor allem kollidiert diese Ausgrenzung mit ihren Alltagserfahrungen, als Mädchen und Frau aufgewachsen zu sein und weiter leben zu können und zu wollen.
Sprich: Aus einem sozialen Schutzraum der Kategorie "sieht man doch" soll angesichts immer deutlicherer Varianz mit mehr desselben ("weiss man doch") eine trennscharfe Definition geschaffen werden. Ich kann aber nicht konfliktfrei sagen "du warst sozial eine Frau und hast all die sozialen Nachteile als Mädchen und Frau erfahren, aber wegen zufälliger Parameter, die du weder unter Kontrolle hast noch die bisher keine Rolle für dein Leben und deinen Status als Frau in der Gesellschaft spielten, bist du jetzt keine mehr".
Dieser Konflikt und seine Folgen gehen bei der Diskussion über Messwerte unter. Das Label "Frau" ist nun mal komplexer als Biologie alleine und Geschlecht nicht so trennscharf binär, wie sich das manche wünschen.
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Und Beachvolleyball (und Beachhandball und Turnen und Sportgymnastik): Doch, ich bin mit den Fakten vertraut. Ich kenne nämlich etwas mehr Geschichte. Die Diskussion gab es schon vor 2004, als die Beachvolleyball-Frauen Bikinihosen mit maximal 7cm Breite an den Hosenseiten tragen mussten(1). Die Muss-Regel wurde nach Protesten von Athletinnen um 2012 aufgehoben, aber _wenn_ Bikini getragen wird, gilt die 7cm Regel immer noch, während Männer Shorts ohne Begrenzung nach oben tragen dürfen und Hosenlängen bis 3,9" über Knie. 2021 gab es übrigens umgekehrte Diskussionen bei einem Frauen-BVB Turnier in Doha(1), wo Bikinis verboten werden sollten.
Beim Beach_Handball_ galt die Regel bis 2021: "Bis 2021 mussten sie sehr knappe Bikinihosen tragen. Bei der EM 2021 boykottierte die norwegische Mannschaft jedoch diese Regel und lief in Shorts zum Spiel um den dritten Platz auf. Das Ergebnis: Jede Spielerin musste eine Strafe von 150 Euro leisten."(3)
Beim Turnen hat das deutsche Team Zeichen gesetzt, vor allem auf Initiative von Sarah Voss(4) und Elisabeth Seitz(3), aber auch erst seit 2021.
Alles zusammen gut aufbereitet in einem Artikel der Elle von 2021 in (4), inklusive Hintergründe aka /male gaze/ und damit vor allem Geld.
Und die Debatten sind nicht vorbei. Die Uniform der 2024 US-Olympia Leichtathletinnen hat wegen ihres knappen Schnitts eine Sexismusdebatte erzeugt(2). Die französischen Athletinnen durften keine Kopftücher bzw Hijab tragen(5).
Also: Hier ist nicht nur nix biologisches am Start, sondern Gender in der Form von Sexismus gegen Frauen, bzw der Vermarktung männlichen "Sehen-Wollens".
Es lohnt sich also, ein paar mehr Fakten zu betrachten als die, die aus der persönlichen Perspektive so spontan einfallen. Überhaupt krankt die ganze Diskussion an der unterkomplexen Betrachtung von Geschlecht in all seinen Aspekten. Vielleicht weil einigen der gesellschaftliche Problemkomplex nicht völlig klar oder zu unübersichtlich erscheint, weshalb sie versuchen, das ganze auf Messwerte zu reduzieren.
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(1) https://volleyball-insider.com/beachvolleyball-kleidungsregeln/
https://www.eurosport.de/beachvolleyball/sportlerinnen-wehren-sich-gegen-kleidervorschriften-wollen-selbst-entscheiden_sto8326011/story.shtml
(2) https://www.spiegel.de/sport/olympia/knappe-olympia-uniformen-fuer-us-athletinnen-sorgen-fuer-empoerung-a-88f893b9-8ba2-42f7-9774-abda4c6c6d59
(3) https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/knappe-kleidung-wie-nackt-muessen-sportlerinnen-sein
(4) https://www.elle.de/lifestyle-female-empowerment-feminismus-sexismus-olympia-kleiderordnung-bikini-ganzkoerperanzug-turnerinnen
(5) https://www.deutschlandfunk.de/frankreich-kopftuch-100.html
Gar Elump am Permanenter Link
Framing bzw. Wertung wie „umstrittenen“ sollte in einer sachlichen Berichtserstattung nichts suchen haben.
Der Motorradfahrer-Tweet wurde über eine Woche nach der Löschung der Facebook-Seite gepostet. Das ist im Artikel falsch dargestellt (siehe unten).
Die IBA hat schon 2022 getestet (Istanbul). Dann noch einmal 2023 (New Delhi). Ergebnis: XY Chromosomen. Disqualifikation, weil die IBA-Zulassungskriterien nicht erfüllt wurden.
Das IOC geht nur nach dem Personenstandseintrag im Ausweis. Daher wurden sie für die Teilnahme am Wettbewerb zugelassen.
Der zeitliche Ablauf:
29. Juli – Dawkins Tweet zur Boxer Thematik „Zwei Frauen, die sich als Männer ausgeben…“. Er kommentierte einen Artikel über Olympia und die IBA-Disqualifikation.
2. August – Dawkins Tweet zur Löschung seiner Facebook-Seite ohne direkten Bezug zur Boxer Thematik (Was it something I said?)
8. August – Dawkins Motorradfahrer-Tweet
10- August – Dawkins Tweet, Zusammenhang von Löschung und Boxer Tweet
10- August – Musk kommentiert „Wow“
10- August – Statement von Dani Lever (Meta), die Facebook-Seite sei gehackt worden, die Löschung stehe nicht im Zusammenhang mit dem Boxer-Tweet (Anmerkung: der am 29. Juli auch auf Facebook veröffentlicht wurde)
10- August – Die Seite ist wieder verfügbar
9 Tage passiert also nichts, keine Infos oder Kontaktaufnahme seitens Facebook und durch den medialen Druck, der u.a. von Musk ausgelöst wurde, ist die Seite auf einmal wieder verfügbar.
Meine Schlussfolgerung: Facebook lügt.
lanzu am Permanenter Link
Ihr Schluss ist voreilig:
Unabhängig davon, was der Grund für die Sperrung bei Facebook war, sorgt die mediale Aufmerksamkeit dafür, dass es eine schnelle Prüfung und Behebung gibt. Das sagt nichts darüber aus, was der ursprüngliche Grund war.
Gar Elump am Permanenter Link
Auch diese Möglichkeit besteht. Ich bleibe jedoch bei meiner ursprünglichen Einschätzung.
Kai am Permanenter Link
Bisher hat meines Wissens kein Medium handfeste Nachweise, _was_ die IBA getestet hat, _wie_ und mit welchem Ergebnis. Ob Testosteron, ob Chromosomen oder was auch immer.
Es hiess seitens IBA auch immer, dass dies "wegen der Persönlichkeitsrechte der Athletinnen nicht veröffentlicht" würde.
Falls es da eine seriöse Quelle gibt, wüssten ich und viele andere das gerne.
Auf der anderen Seite sind weder Chromosomen noch Testosteron alleine aussagekräftig, was Vorteile im Sport angeht. Biologie ist da viel zu komplex, siehe meinen Post gestern https://hpd.de/comment/90224#comment-90224
Was auch immer da medizinisch ausgeklügelt wird, ist mit einfachen Bluttests nicht erreichbar.
Gar Elump am Permanenter Link
Infos finden sich im Artikel, den Dawkins am 29. Juli kommentiert hat:
https://reduxx.info/breaking-two-female-boxers-set-to-compete-at-paris-2024-were-previously-disqualified-from-womens-world-championship-for-having-xy-chromosomes/
Eine umfangreichere Übersicht bietet dieser Artikel von 3 Wire Sports:
>> 3 Wire Sports has seen the test results and a June 5, 2023 IBA letter to the IOC that says tests of Khelif, one in New Delhi, a prior test in Istanbul at the 2022 world championships, “concluded the boxer’s DNA was that of a male consisting of XY chromosomes.” <<
https://www.3wiresports.com/articles/2024/8/5/fa9lt6ypbwx5su3z20xxnfzgtao0gy
Dawkins hat nun eine Erklärung veröffentlicht, die im Wesentlichen das wiedergibt, was Dani Lever bereits auf X geschrieben hat.
https://richarddawkins.substack.com/p/i-got-it-wrong
So wie ich es sehe, bezieht sich das "I got it wrong" auf seine Einschätzung, die Facebook-Seite sei aufgrund des Posts "Two men, masquerading as women..." (29. Juli) abgeschaltet wurde. Seine eigentliche Feststellung (Kommentar zum Reduxx-Artikel), scheint er aufrecht zu erhalten. Zumindest revidiert er es in der Erklärung nicht.
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Es ist doch völlig üblich im Boxen Schlagstärkeunterschiede sowohl zum Schutz der Sportler als auch aus Gründen der Fairness zu berücksichtigen. Deshalb gibt es die Gewichtsklassen.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Das ist ein guter, machbarer, fairer und längst überfälliger Vorschlag...
Kai am Permanenter Link
Dann wäre aber wohl das Gewicht unfair verteilt.
Es müsste also wohl darauf hinaus laufen, die spezifischen körperlichen Einflüsse auf die sportlichen Leistungen einer bestimmten Sportart genau zu erfassen und gegeneinander aufzuwiegen. Bei mehr als einem Wert werden dann Diskussionen über die Wertigkeiten aufkommen und was an den Grenzen zwischen den Klassen fair ist. Ist Person A mit Wert X an der oberen Grenze der Kategorie K noch fair gegenüber den anderen in K oder müsste sie schon nach L, wo sie wegen X zu den schlechtesten gehören würde?
Und machen dann Geschlechterkategorien noch Sinn?
Was ist in der quasi unbeschränkten Kategorie "Männer", wo fröhlich pauschaliert wird? Ist ein Michael Phelps oder ein Usain Bolt mit deren genetischen Vorteilen fair gegenüber dem Mittelfeld?
Spitzensport entzieht sich quasi automatisch einer echten Fairness, weil er ja gerade Menschen mit aussergewöhnlichen Körpern und damit aussergewöhnlichen Fähigkeiten sucht.
Das war kein Problem, solange ohne Ansehen anderer Merkmale auf Zeiten, Weiten oder Präzision geguckt wurde. Erst als auch die vielen Menschen unterhalb der absoluten Rekorde teilnehmen und Medaillien wollten, also Leistungsklassen gebildet wurden. Da musste dann notwendigerweise mit einer gewissen, irgendwie noch als fair empfundenen Willkür gedeckelt werden.
Es gibt zwei grundsätzliche Probleme mit zweigeschlechtlicher Klassifizierung: 1. geht sie von einem irgendwie bestimmten statistischen Normal aus, das angesichts der weltweiten Bandbreite gleichzeitig zu inklusiv und_oder zu exklusiv sein kann. Hint: Beim weltweiten Vergleich nach Körpergrößen, Gewicht, absoluter Muskelmasse sind zB Japaner*innen u.ä. systematisch benachteiligt (auch die Männer). Durch ihre statistische Normalverteilung. 2. Definiert sie "Frau" implizit über beschränkte Leistungsfähigekeit, so dass gerade Spitzenleute ausgeschlossen werden. Motto: "Du bist zu gut, um eine Frau sein zu können".
Dabei werden die gleichen statistischen Vorteile, die Männern nutzen (Hint: Mal auf die Herkunft der weltbesten Läufer schauen) den Frauen zum Verhängnis. Nur bei den Frauen wird auf "Anomalien" geschaut und es trifft seltsamerweise hauptsächlich nicht weisse Frauen, die vom für weisse definierten medizinischen Normal abweichen. Ob Männer in der Pubertät abnorm viel Testosteron hatten oder ihre Muskeln aussergewöhnlich wenig Laktat produzieren, ist dagegen egal.
Und solche Stilblüten zeigen eine weitere Problematik auf: "Seit den Olympischen Spielen in Mexiko 1968 können Frauen an den Schießwettbewerben teilnehmen. Zunächst wurden sie in die Männerteams integriert. Seit Los Angeles 1984 werden die meisten Schießbewerbe für Frauen getrennt durchgeführt. Der olympische Skeet-Wettbewerb wurde jedoch weiterhin gemeinsam durchgeführt, bis 1992 die Chinesin Zhang Shan als erste Frau überraschend gewann. Vier Jahre später, bei den Olympischen Spielen in Atlanta, waren die Frauen vom Skeet-Bewerb ausgeschlossen und Zhang Shan konnte ihren Sieg nicht verteidigen. Erst 2000 in Sydney wurde das Wurfscheibenschießen für Frauen zum eigenständigen olympischen Wettbewerb erhoben." (https://de.wikipedia.org/wiki/Geschlechterunterschiede_im_Sport#Geschlechtertrennung_beim_Sport)
Der tiefverwurzelten Sexismus, dass Männer sportlich immer überlegen sein müssen, was sich auch in der Konstruktion der Disziplinen, der Methoden, usw bemerkbar macht.
Rüdiger Weida am Permanenter Link
Vollendete Fairness gibt es genau so wenig wie vollendete Gerechtigkeit, ist gibt immer nur Annäherungen. Bei meinem Vorschlag ist die Annäherung deutlich größer als beim Istzustand.
Dein Vorschlag, die Geschlechterkatergorien wegfallen zu lassen, würde in dem Fall dazu führen, das keine Frau mehr boxen würde. Eben diese Einteilung, genau wie die in Gewichtsklassen, hat die Entwicklung des Frauensports in der Breite überhaupt erst ermöglicht. Ähnlich ist es in anderen Sportarten.
Es ist also, auch wenn es einzelne Gegenbeispiele gibt, falsch zu behaupten, die Einteilung nach Geschlechtern im Sport wäre dem tiefverwurzelten Sexismus der Männer zu verdanken. Sie ist im Gegenteil ein Versuch, Chancengleichheit herzustellen.
In dem von dir verlinkten Artikel ist zu lesen:
"Im Leistungssport erreichen Männer im Schnitt 10 bis 20 % mehr körperliche Leistungsfähigkeit in den verschiedenen Disziplinen. Es ist nicht möglich, ein einheitliches Maß für die Leistungsfähigkeit des Menschen aufzustellen."
Danke für diesen wichtigen Hinweis.
Kai am Permanenter Link
Dawkins behauptet einfach mal Unfug, ohne jeden Beleg. Leider folgt der hpd Artikel dem ziemlich kritiklos.
Ob und wenn ja welche Form von Intergeschlechtlichkeit bei Khelif und Lin vorliegen, ist nämlich zur Zeit völlig unbekannt. Die Aussagen des IBA variieren und sind ungeprüft. Das IOC hat nach den Streitigkeiten um Caster Semenya und andere jegliche physischen Tests aufgegeben.
Bekannt ist aber, dass beide Frauen bei Geburt als Mädchen einsortiert wurden und so aufgewachsen sind.
Zur IBA, geführt vom russischen Ex-Boxer Ivan Kremlev, die wegen Korruption und Willkür vom IOC ausgeschlossen wurde, ist zu sagen, dass Khelif 2023 nach ihrem Sieg gegen die bis dahin ungeschlagene Russin(!) Azalia Amineva vom Wettkampf ausgeschlossen und rückwirkend disqualifiziert wurde. Ebenso Lin Yin-Tzu.
Dann ist gerade bei inter die Testosteronfrage nicht so einfach, wie Hirschberg das darstellt. Bei CAIS, kompletter Androgenresistenz, einer ziemlich häufigen Form, wird das Testosteron vom Körper nicht verwertet. Bei PAIS, partizeller Resistenz, nur von einigen Organen. XY Frauen mit CAIS sehen "aussen und innen" wie Frauen aus und bringen auch Kinder zur Welt, was mit aktivem Testosteron gar nicht möglich wäre. Teilweise wissen diese Frauen nicht mal von ihren Chromosomen.
XX Frauen mit PCOS, das ca 10% aller Frauen betrifft, können einen mindestens doppelt so hohen Testosteronspiegel wie der Durchschnitt haben.
Ein tatsächlich physiologisch wirksamer "zehn- bis zwanzigfacher Testosteronspiegel" hätte völlig andere Ausiwrkungen gehabt: Stimmbruch, Bartwuchs, etc., wie jede trans Person nach Umstellung auf Testosteron bestätigen kann, und innerhalb der Pubertät erhebliches Gliedmassenwachstum. Khelif boxt in der Klasse bis 66kg. Lin bis 57kg. Die beiden sind weder ungewöhnlich groß, noch sonst ungewöhnlich in ihrer Klasse.
Pauschale Aussagen zu Chromosomen oder Hormonen sind deshalb medizinisch reiner Unfug. Ob überhaupt Testosteron, ob überhaupt wirksam, ist reine Spekulation.
Genauso "ein hoher Testosteronspiegel [könne] aggressiver, risikobewusster und zäher machen". Diese Klischees sind inzwischen von der Forschung überholt. Ein Blick in die Biografien der beiden Boxerinnen zeigt, aus welchen Lebensverhältnissen sie sich im Wortsinne heraus gekämpft haben.
Etwas mehr Ahnung hätte dem Artikel gut getan. Oder aber, sich auf Dawkins seltsame, reichlich irrationalen Äusserungen zu trans und inter zu beschränken, die für einen Wissenschaftler seiner Reputation erstaunlich unterkomplex und ignorant sind.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Das mag ja alles richtig sein, was Sie schreiben. Ich kann das nicht beurteilen und muss es auch nicht. Fakt ist, dass man Regeln der Fairness gerade im Sport braucht.
Norbert Schönecker am Permanenter Link
S.g. Kai!
Danke für Ihre wohltuend sachliche Darstellung.
Mein laienhafter Gedankengang zu den Thema war:
1) Frauen- und Männersport sind hauptsächlich deshalb getrennt, weil Männer aus genetischen Gründen mehr Muskelmasse haben.
2) Wenn das Geschlecht nicht eindeutig bestimmt ist, dann soll sich deshalb im Sport die Zuordnung danach richten, ob der Teil des Körpers, der die Muskelmasse bestimmt, männlich oder weiblich ist.
Ihr Beitrag hilft hier weiter.
Allerdings dürfte ein Fehler drin sein. Beim Nachrecherchieren (leider muss man alles nachrecherchieren) habe ich im Internet einhellig die Aussage gefunden, dass eine CAIS-Frau typischerweise weder Gebärmutter noch Eileiter hat. Das nur zur Vollständigkeit - mit dem gegenständlichen Thema hat das nichts zu tun.
Jedenfalls dürfte der erhöhte Testosteronwert bei CAIS-Frauen (ich hoffe, das sagt man so, ansonsten: Sorry) nicht zu typisch männlicher Muskelbildung führen, womit nichts gegen ein Antreten im Frauensport spräche.
Aber: falls wirklich gleich zwei CAIS-Frauen Olympiasiegerinnen im Boxen sein sollten (was ja keineswegs erwiesen ist), dann wäre das schon auffällig.
Kai am Permanenter Link
Ja, danke für den Hinweis. CAIS war etwas missweisend.
Ich dachte an diesen Fall https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2190741/ den ich einfach faszinierend finde.
Ohne genaue genetische Analyse bei Mutter und Tochter wäre nie aufgefallen, dass die beide männliche Chromosomensätze haben, aber phänotypisch weiblich bis hin zu Schwangerschaft und Geburt sind.
Stefan W. am Permanenter Link
Nicht bloß Muskelmasse, auch Herz- und Lungenvolumen sowie Knochenbau (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
malte am Permanenter Link
Ich finde es faszinierend, wie man nach allem, was mittlerweile bekannt ist, immer noch behaupten kann, es sei unklar, ob bei Khelif eine DSD vorliegt.
https://www.3wiresports.com/articles/2024/8/3/0d4ucn50bmvbndhhqjohaneccoqueq
https://quillette.com/2024/08/03/xy-athletes-in-womens-olympic-boxing-paris-2024-controversy-explained-khelif-yu-ting/
Der erste Text stammt von einem renommierten Sportjournalisten, ihm liegen die Testergebnisse vor. Der zweite Text stammt von einer Jura-Professorin. Noch nicht einmal Khelifs Trainer stellt die Ergebnisse der Tests in Frage. Was wollen Sie noch?
Und warum wissen Sie das alles besser als Hirschberg und Dawkins? Arbeiten Sie wissenschaftlich zu dem Thema? Das glaube ich nicht, denn Ihre Aussage, XY-Individuen mit CAIS könnten Kinder zur Welt bringen, ist falsch. Menschen mit CAIS sehen eben nicht "innen wie außen" aus wie Frauen, sondern nur außen. Daher begegne ich auch ihren sonstigen Aussagen erstmal mit Skepsis.
Kai am Permanenter Link
In Sachen IBA, der bisher einzigen Quelle angeblicher Testergebnisse: Der Verband wurde 2023 vom IOC wegen Korruption, Mauscheleien und Wettbewerbsverzerrungen u.a.
Die IBA war bereits seit 2019 suspendiert, unter anderem, weil die Wiederwahl des Vorsitzenden Kremlev wohl hingetrickst war.
Ich gehe also davon aus, dass die IBA wirklich nicht seriös ist.
(Das heisst nicht, dass das IOC und insbesondere T.Bach vollkommen integer wären. Gerade Bach hat in der Vergangenheit offenbar viel mit Putin gemauschelt; Sotschi et.al., wo wohl auch Geld geflossen ist. Bach, Kremlev, IBA, IOC oder auch der FIFA traue ich nicht weiter, als ich die Leute werfen könnte.)
Bei der Meisterschaft 2023 hat die IAB (also Kremlev persönlich) Khelif und Lin _nach_ den Siegen gegen die von Kremlev favorisierten Russinnen disqualifiziert, obwohl beide bis dahin jahrelang ohne Probleme und nicht mal besonders auffällig bei den Frauen teilgenommen hatten. Kleiner Hinweis: Eine männliche körperliche Pubertät ist mit ca 25 Jahren abgeschlossen. Khelif war 2023 bereits 24. Lin war 26.
Wir erinnern uns: Bei Geburt als Mädchen einsortiert, als Mädchen aufgewachsen, keine besondere geschlechtliche Biografie und auf keinen Fall trans. Deshalb verlegt sich das IOC auf das amtliche Geschlecht. Es war schon immer so.
Es könnte also sein, dass sie wie M.Phelps oder U.Bolt einfach besonders gut sind in ihrem Sport, aber leider in die Mühlen internationaler Sport-Verbands-Oligarchien gelangt sind.
Das Kremlev den spektakulären 46-Sekunden Kampf als willkommenen Anlass nimmt, seinen Beef mit dem IOC auszutragen und auch noch kräftig in die "westliche" Geschlechter-Panik zu hauen - sein Sexismus und seine reaktionäre, "anti-westliche" Haltung sind medial dokumentiert -, ist für mich eine sehr plausible Sache.
Die angeblichen Tests, die das IOC als unglaubwürdig zurückweist, sind a) immer noch nicht öffentlich und b) von keiner unabhängigen Seite verifiziert worden.
Wenn wir hier auf wissenschaftliche Fakten wert legen, dann bitte zum einen echte Zahlen und echte, unabhängige Tests von Institutionen, die keine eigenen Interessen in diesem Spiel haben. Plus eine fachliche Interpretation, die der Komplexität des Einzelfalls gerecht wird. Aktuelle Testosteronlevel oder Chromosomen alleine sagen für eine konkrete Person eben nicht aus, ob sie für eine klassifizierte Sportart besondere Vorteile haben.
Insbesondere, wenn diese Klassifikation derart pauschal anhand von Statistiken der Mehrheitsbevölkerung konstruiert ist und die Kategorie "Frau" damit in ihrem Leistungsspektrum nach oben deckelt: "So gut kann keine Fru sein". Solch eine Pauschalierung muss logischerweise gerade bei Spitzenleistungen versagen, wenn einzelne Personen aussergewöhnlich gut sind, auch wenn das absolut nichts mit "Geschlechtsmerkmalen" zu tun hat.
Zu Quillette: Q ist Teil der anti-trans, anti-gender Medien und sowohl politisch wie journalistisch kritisch zu betrachten: https://en.wikipedia.org/wiki/Quillette
Weiter Faktenchecks zB in https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2024/08/13/desinformation-und-hetze-gegen-algerische-boxerin-imane-khelif/
malte am Permanenter Link
Die IBA wurde aufgrund von Problemen mit Korruption suspendiert, und ich bezweifle auch überhaupt nicht, dass das gerechtfertigt ist. Aber wieso bedeutet das, dass die Tests nicht glaubwürdig sind?
Die Geschichte, der Test sei fingiert worden, um den russischen Boxerinnen zum Sieg zu verhelfen, hört man häufiger. Der erste Test wurde aber (mit dem selben Ergebnis) bereits 2022 durchgeführt, und es ist wohl kaum anzunehmen, dass die IBA prophetische Fähigkeiten hat. Wenn das ganze tatsächlich ein finsteres Komplott von russischer Seite wäre, hätte es eine wirklich kinderleichte Möglichkeit gegeben, das aufzudecken: Khelifs Management hätte einfach einen unabhängigen Test durchführen lassen können, um die Befunde der IBA zu widerlegen. Die Tatsache, dass das nicht geschehen ist, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die Befunde der IBA richtig sind. Wie ich bereits geschrieben habe, stellt Khelifs Trainer die Testergebnisse ja auch nicht in Frage.
Es handelt sich hier um eine typische Verschwörungserzählung, und es hat mich erschrocken, wie viele auch kritische Menschen dem aufsitzen. Offenbar klammern sich viele wirklich noch an den letzten Strohhalm, um ihre "progressive" Identität zu schützen. Man WILL einfach glauben, dass Khelif eine Frau ist, weil man sich nicht mit Trump, Meloni und Musk im vermeintlich gleichen "Team" wiederfinden will. Und ja, das fühlt sich nicht gut an. Aber dieses Negative Partisanship führt in diesem Fall dazu, das man sich schlicht dumm stellt. Das ist beängstigend.
Ich stimme Ihnen sogar zu, dass ein männlicher Karyotyp alleine noch nicht zur Disqualifikation im Frauensport führen muss. Soweit ich das einschätzen kann, ist z.B. CAIS hier unproblematisch. In Khelifs Fall wird aber 5-ARD vermutet, und es wäre eigentlich die Aufgabe des IOC, zu überprüfen, ob das zutrifft. Das wird aber nicht getan, sondern stattdessen die Biologie einfach für irrelevant erklärt. Und das darf so nicht sein.
Ich habe bei Quillette noch keinen Text gelesen, den ich als "anti-trans" einschätzen würde. Dort erscheinen auch Beiträge, die sich kritisch mit den Irrationalismen im Trans- und Gender-Diskurs auseinandersetzen - das ist aber etwas anderes als "anti-trans".
Madoc am Permanenter Link
Vielen Dank dafür! Ich wollte eigentlich genau das gleiche schreiben. :-)
Es ist vielleicht unbefriedigend für viele, dass man in dieser Debatte einfach keinen finalen Schluss ziehen kann. Die (angeblichen) Testergebnisse liegen uns nicht vor. Wir wissen nicht, ob jenseits IBA noch andere Tests gemacht wurden, und wie die ausgegangen sind.
Und das ist richtig so! Die exakten medizinischen Daten fallen unter den Datenschutz, und das sollten sie auch. Insofern ist es folgerichtig, dass die Öffentlichkeit sich von diesen Daten kein abschließendes Bild machen kann.
Doch das fühlt sich eben unbefriedigend an. Ich vermute, dass deswegen viele dazu neigen, einfach so auf einen der zwei möglichen Schlüsse zu springen und sich dem entsprechenden Lager anzuschließen. Dabei wird die persönliche Einstellung zum Gender-Thema einfach als Projektionsbasis verwendet.
Aufrichtiger wäre es zu sagen: "Wir wissen es nicht." -- Und es dabei zu belassen. Ist nicht so dramatisch, nicht so reisserisch, kann man keine ausufernden Mediendebatten drüber führen. Aber das einzige, was wir zur Zeit vernünftigerweise sagen können.
malte am Permanenter Link
Doch, die Testergebnisse liegen mittlerweile vor. Siehe die Quelle, die ich verlinkt habe:
"Result Summary: “Abnormal”
Interpretation: “Chromosomal analysis reveals Male karyotype.”
A karyotype means an individual’s complete set of chromosomes. Females have XX chromosomes, males XY.
The lab results for each athlete depict the XY chromosomes photographically."
https://www.3wiresports.com/articles/2024/8/3/0d4ucn50bmvbndhhqjohaneccoqueq
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Schöne, deutliche und unaufgeregte Klarstellung der bekannten Fakten.
Ich appelliere an alle, bei derartigen Themen nicht alles durcheinanderzuwirbeln. Wer - wie Dawkins - Menschen sexuell binär sieht (also XX und XY-Menschen) hat zweifelsfrei Recht, von extrem wenigen Ausnahmen abgesehen, aber zur Evolution braucht es auch unabdingbar die Mutation.
Trotzdem sollte niemand Menschen eine andere Geschlechtsidentität als die organische absprechen. Wer als Mann geboren wurde, sich aber als Frau empfindet, soll dies auch bürokratisch einfach dokumentieren können.
Doch dies muss da seine Grenzen haben, wo andere (!) Personen benachteiligt werden. Ich finde es bereits grenzwertig, wenn ein Mann, der behauptet, sich als Frau zu fühlen, auf die Damentoilette geht. Umgekehrt fände ich es auch befremdlich, wenn eine Frau im Pissoir der Herrentoilette erschiene.
Das sind Bereiche, wo man unter Umständen seine "private parts" offen zeigt/zeigen muss. Zumindest als Mann.
Im Sport - wie im Artikel oben ausgeführt - geht es aber nicht um Schamgefühle. Es geht um knallharte Action (im Boxsport im wahrsten Sinne des Wortes). Und es geht - gerade im Boxgeschäft - um Geld. Bei Männern sogar um unverschämt viel Geld.
Man stelle sich also vor, ein mittelmäßiger, männlicher Boxer steht vor der Wahl: Karriere an den Nagel hängen oder etwas ändern. Nun kann er einfach per Erklärung sein Geschlecht im Pass ändern lassen - was ich grundsätzlich befürworte (ich schreibe das dazu, um nicht in den rechten Sumpf abgeschoben zu werden) - und gilt nun juristisch als Frau. Gäbe es keine weiteren Methoden der Feststellung des biologischen Geschlechts, könnte er also in einen Boxstall mit Frauen eintreten und dort seine ins Stocken geratene Karriere befeuern. Er wäre vermutlich jeder Frau überlegen.
Das alles kann doch nicht ernsthaft bestritten werden. Also MUSS es ein weiteres Kriterium geben - außer dem Blick in den Pass -, um die Zulassung (!!!) zu einem sportlichen Wettkampf mit Frauen zu erteilen. Beim Doping - auch wenn Hajo Seppelt andere Klagelieder singen muss - sind wir uns doch wohl prinzipiell einig, dass das unsportlich, unfair ist. Warum nicht auch bei der sonstigen körperlichen Konstitution der Sport treibenden Person? Beim Körpergewicht macht man im Boxsport ja auch Unterschiede.
Es wäre im hohen Maße unfair, unsportlich und frauenverachtend, wenn man hier keine geeigneten Maßnahmen ergreift. Schließlich melden sich die Sportler freiwillig zu Wettkämpfen an. Wer keine Untersuchung will (mit dem Erdulden möglicher Folgen), muss nicht an Sportveranstaltungen teilnehmen...
Carola Gabriela... am Permanenter Link
Dem Autoren gerät einiges durcheinander. Da ist zunächst die übliche Begriffsverwirrung zwischen "Geschlecht", "Gender" (= Geschlechterstereotyp, Geschlechterrolle) und sexueller Orientierung.
Auch hier irrt der Autor:
Die "Debatte, die bis hin zu der bizarren Position läuft, dass es gar keine biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen gebe und diese nur sozial konstruiert seien."
Die Debatte läuft darauf nicht HINAUS, sondern mit dieser Ideologie gab Judith Butler quasi den Startschuss für die ganze Ideologie der "Geschlechter-Identität".
Der Autor schreibt "Die Auseinandersetzung um geschlechtliche Identität wird vor allem von konservativen Kreisen mittlerweile als eine Art Kulturkrieg geführt." Das ist nun wirklich der Gipfel: Kritiker werden in die Nähe von reaktionären Politikern gesetzt. Diese Art der Diffamierung von Menschen, die diesen ideologischen Unfug kritisieren, wie Dawkins und J.K. Rowling und zahlreiche Frauenrechtsorganisationen, wie zum Beispiel die "Women's Declaration International" (WDI), ehemals Women's Human Rights Campaign (WHRC), die der Autor entweder nicht kennt oder bewusst ausblendet.
Diese Art der Diffamierung ist eines Artikels auf hpd unwürdig und erinnert an die Diffamierungen, die Menschen erleiden müssen, die sich kritisch mit Islamismus auseinandersetzen. Wir kennen das "islamfeindlich" und heute tönt es "transfeindlich", wenn Frauen ihre Rechte einfordern. Die Debatte darüber läuft in feministischen Kreisen seit mehr als 10 Jahren. (Buch: "Beißreflexe"). Wieso fand sie so wenig Widerhall in den Medien?
Tatsächlich ist es so, dass heutzutage die geschlechterbasierten Rechte von Frauen immer mehr zurückgedrängt werden durch einen aggressiven - männlich geprägten -Transaktivismus, dessen Akteure sich unter großem Publikumsbeifall gerne als Opfer inszenieren. Wenn J.K. Rowling darauf hinweist, dass es für "Menstruierende" doch ein Wort gibt "Frauen", beginnt eine Hexenjagd einschließlich der Forderung, ihre Bücher zu verbrennen, weil "Transfrauen" "ausgeschlossen" werden. Orwell lässt grüßen.
gita Neumann am Permanenter Link
DANKE für diesen Kommentar, dessen Ausgewogenheit sowohl bzgl. feministisch-frauenrechtlicher, evolutionsbiologischer wie auch transgender Sichtweise für die einschlägigen Debatten m. E. beispielhaft ist.
Sabine Häcker am Permanenter Link
Danke, Herr Dawkin, für die klare Stellungnahme.
Wenn xy gegen xx antritt, ist das Frauendiskriminierung!
Madoc am Permanenter Link
Erstens wissen wir nicht, ob Khelif einen XY- oder XX-Chromosomensatz hat.
Zweitens gibt es durchaus Frauen mit XY-Chromosomensatz. Unter diesen gibt es selten auch Frauen mit Gebärmutter, und von denen hat mindestens eine Frau eine natürliche Schwangerschaft und Geburt durchlebt.
Wenn man nun behaupten würde, dass XY immer "männlich" bedeute, oder zumindest "nicht weiblich", dann würde das sicherlich auf 99% der Fälle zutreffen. Insofern eine Aussage, die für die meisten Alltagsbelange des Sprachgebrauchs durchaus geeignet wäre.
Doch würde man dies als eine harte Dichotomie verstehen, ohne Ausnahmen, die auch pauschal auf sämtliche nicht-alltäglichen Belange wie professionelle Athletik angewendet werden soll, dann begäbe man sich damit in eine absurde Haltung: Man würde nämlich behaupten, dass einige reale Menschen, die innerlich und äußerlich wie eine Frau aussehen und "funktionieren", ja sogar zum Teil Kinder bekommen haben, keine Frauen sind.
Und das fände ich persönlich grotesk und absurd. Sollen die Kinder diese Frauen dann zu dem Menschen, der sie empfangen und geboren hat, "Papa" sagen?
Tut mir leid, da ziehe ich nicht mit. Das wäre eine Aufweichung des Frauenbegriffs, mit dem ich nichts mehr anfangen könnte. In Bereichen wie dem Profi-Sport sollten wissenschaftliche Kriterien gelten und nicht so Stammtisch-Verallgemeinerungen.
Tobias Seyb am Permanenter Link
"Und es ist nachvollziehbar, dass sich Khelif und Lin Yu-ting durch eine weltweit geführte öffentliche Debatte über ihr "wahres Geschlecht" zutiefst verletzt fühlen dürften."
Ich kann mir schon vorstellen, dass Betroffene betroffen sind, aber dieses Geschlechterproblem mit allen seinen Facetten ist nicht mehr privat, wenn man in die Öffentlichkeit geht. (Teilnahme an der Olympiade ist dabei so ziemlich das maximal Mögliche).
Aber eine kontroverse Diskussion muss erlaubt sein. Denn auch andere, direkt beteiligt oder nicht, können in ihren Gefühlen verletzt oder anderweitig betroffen sein, ob zu Recht, muss Gegenstand einer Diskussion sein und kann nicht von vornherein einseitig ausgeschlossen werden. Zweifellos ist die Ansicht, jeder könne sein geschlecht einfach selber definieren, nicht tragbar, was Dawkins mit seinem Motorradbeispiel nett illustriert hat.
Die Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit schwierigen Themen umgeht, z.B. auch wenn rechte Gruppen das Thema missbrauchen.
Andreas Dietz am Permanenter Link
Dawkins wurde bereits 2021 eine Auszeichnung aberkannt, und zwar der 1996 von der American Humanist Association (AHA) verliehene Humanist-of-the-Year-award. Grund war ein transphober Tweet. Nachzulesen hier:
Und dann noch dieser Kommentar von 2023: „Richard Dawkins has abandoned science to justify his transphobia. It’s jarring to see the world’s most famous atheist use his massive platform to downplay or deny trans identities“:
https://religionnews.com/2023/08/01/richard-dawkins-has-abandoned-science-to-justify-his-transphobia/
malte am Permanenter Link
Was finden Sie an dem besagten Tweet von Dawkins "transphob"?
Andreas Dietz am Permanenter Link
Das darf man jetzt gerne hier nachlesen: https://feuerbringer.wordpress.com/2024/08/24/provokateur-ohne-moralischen-kompass-gastbeitrag-von-andreas-dietz/
malte am Permanenter Link
Da steht, dass die AHA meint, Dawkins würde Transpersonen vorwerfen, „fraudulent“ zu sein. Das ist aber die Interpretation der AHA und nicht das, was in dem Tweet steht.
Dawkins ist generell nicht besonders clever im Umgang mit Twitter, und ich finde es auch falsch eine solche Aussage dort in dieser Form rauszuhauen. „Transphobie“ kann ich darin aber weiterhin nicht erkennen.
Andreas Dietz am Permanenter Link
Ich finde, er hat das sogar sehr clever gemacht. Man muss schon ein wenig nachdenken.
Kai am Permanenter Link
(Danke für die Erwähnung, aber als "diverses" Sternchen bin ich eher Komentator*in als Kommentator.
Andreas Dietz am Permanenter Link
Danke für den Hinweis. Ich lerne noch dazu.
G.B. am Permanenter Link
40 Kommentare um des Kaisers Bart, gibt es keine wichtigeren Themen mehr im hpd?
Die beiden Boxer/innen müssen sich derartig benutzt fühlen für diesen überflüssigen
Kommentarregen.
René am Permanenter Link
>> gibt es keine wichtigeren Themen
Bester Beitrag ever! Sowas darf in keiner Kontroverse fehlen. ;o)