Zu Beginn des noch frischen Jahres 2020 wollen wir unseren Blick auch noch einmal zurück auf das vergangene und die meistgelesenen Artikel des Humanistischen Pressedienstes (hpd) richten. Insgesamt war das Jahr 2019 ein äußerst erfreuliches: Der hpd verzeichnete mit insgesamt mehr als 3,7 Millionen Seitenaufrufen über 1,1 Millionen mehr Klicks als im Vorjahreszeitraum – eine Steigerung um 42 Prozent.
Januar
Den ersten "hpd-Highscore" des noch jungen Jahres 2019 erreichte mit knapp 30.000 Aufrufen ein Interview mit dem Soziologen und Extremismus-Experten Armin Pfahl-Traughber über konfessionsfreie Menschen, die rechtspopulistische Parteien wählen und den Unterschied zwischen Atheisten und Humanisten.
Es folgte ein kritischer Kommentar über "Alan Poseners Waldorf-Propaganda im Deutschlandfunk Kultur" anlässlich des Jubiläums 100 Jahre Waldorfschule.
Hohe Klickzahlen verbuchte auch ein Beitrag über die nicht mehr für notwendig erachtete monatliche Einnahmepause der Anti-Baby-Pille, die auf den Versuch zurückgehen soll, den Papst vor rund 60 Jahren durch Nachahmung eines natürlichen Menstrualzyklus für das Verhütungsmittel zu begeistern.
Februar
Die Leidensgeschichte eines Bonobo-Affen, der zu Zuchtzwecken den Zoo wechseln musste und von seinen neuen Artgenossen mangels Übergangsphase nicht gerade freundlich empfangen wurde, lasen im zweiten Monat des Jahres viele Menschen.
Die Rezension über ein Buch, das die Anthroposophie kritisch beleuchtet, stieß ebenfalls auf reges Interesse; ebenso der Aufruf zu einem selbstkritischen Faktencheck, was die Konsequenzen des eigenen Fleischkonsums angeht.
März
Gleich zu Beginn trieb eine islamische Schule mit strikter Geschlechtertrennung im englischen Birmingham die Klickzahlen auf das Monatshoch von fast 48.000: Dort dürfen Mädchen erst dann zu Mittag essen, wenn die Jungen damit fertig sind. Der Schulaufsicht sind die Hände gebunden, weil die Unterstützung der Politik fehlt.
Außerdem wurde über die erstmalige Wagensegnung beim Düsseldorfer Karneval berichtet, die den bekannten Wagenbauer Jacques Tilly empörten. Der Künstler, der sich häufig kritisch mit Religion auseinandersetzt, veröffentlicht auch Karikaturen beim hpd.
Nach dem Karneval beginnt die christliche Fastenzeit, für die die evangelische Kirche 2019 das Motto des Lügenverzichts ausgab. Der Widerspruch von Wahrheit und Glaube bot hier eine gern genutzte Steilvorlage für einen Kommentar.
April
Der hpd erlaubte sich einen Aprilscherz und berichtete, dass die beiden christlichen Großkirchen in Deutschland künftig keine Staatsleistungen mehr erhalten wollen. Diese Meldung blieb im 100. Jahr des Verfassungsbruchs jedoch reines Wunschdenken.
"Wie viel Mensch (er)trägt die Erde?", fragte Jürgen Roth in seinem Artikel über die wachsende Erdbevölkerung, deren Ursachen und daraus erwachsende ökologische Konsequenzen und stieß damit auf reges Leseinteresse.
Über 33.000 mal und somit in diesem Monat meistgelesen wurde die Meldung über die diesjährige Vergabe des Kunstpreises "Der Freche Mario" an den Cartoonisten Martin Perscheid, der auch regelmäßig für den hpd zeichnet.
Mai
Im Wonnemonat war es ein Artikel über das neue Album der deutschen Rockband "Rammstein" – das auch einen dezidiert kirchenkritischen Song enthält –, der die höchsten Aufrufszahlen verzeichnete.
Darüber hinaus verärgerte der "Club Voltaire" in Frankfurt die Skeptikerszene, indem er einen Vortrag mit der Kriminalpsychologin Lydia Benecke absagte, weil Esoteriker im Vorfeld dagegen protestiert hatten – auch darüber wurde beim hpd gerne gelesen.
Schließlich erfreute sich auch die Analyse der aktuellen Protestbewegungen der so gar nicht politikverdrossenen Jugend von hpd-Chefredakteur Frank Nicolai einiger Beliebtheit.
Daneben war der Humanistische Pressedienst auch Medienpartner der im Mai stattfindenden Säkularen Buskampagne "Schlussmachen.jetzt". Gisa Bodenstein begleitete die gesamte Tour und berichtete über die Vorkommnisse der knapp vierwöchigen Aktion.
Juni
Ein Kommentar über Rudolf Steiners rassistische Ansichten und wie diese heute noch in den Unterricht an Waldorfschulen einfließen führt die Leserzahlen im Juni an.
Es folgt ein weiterer Kommentar: "Antivegane Religioten" von Colin Goldner. Darin setzt er sich mit den immer kontrovers, mitunter auch hitzig geführten (Leser-)Diskussionen rund um das Thema Veganismus auseinander.
Auf die Jahresliste schaffte es außerdem ein Artikel über den "Shitstorm wegen islamkritischer Karikaturen", der sich gegen die Karikaturistin Franziska Becker richtete, die sich mit unberechtigten Rassismus-Vorwürfen angesichts islamkritischer Zeichnungen konfrontiert sah.
Juli
Als Spitzenreiter des Sommermonats wurde erneut ein kritischer Text über die von Rudolf Steiner begründete Waldorfpädagogik fast 44.000 Mal angeklickt, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum hatte. Dabei ging es um die Frage, inwieweit die esoterische Weltanschauung des Gründers heute noch die pädagogische Praxis der Waldorfschulen beeinflusst und welche zweifelhaften Folgen sie für die Schüler haben kann.
Platz zwei ging an einen Artikel des stellvertretenden Chefredakteurs Florian Chefai über die skandalöse Predigt eines emeritierten Pfarrers in Münster, der dafür plädierte, Missbrauchstätern zu vergeben. Dies mündete in einem Eklat an dessen Ende seine endgültige Entfernung aus dem Dienst stand.
Ein Kommentar von Constantin Huber, der zwei mögliche Zukunftsszenarien unter dem Aspekt des fortschreitenden Klimawandels durchspielt, lockte seinerseits die Leser an.
August
Passend zur Reisezeit und einem neuen Hitzerekord erfreute sich der Bericht über eine Studie zweier Wissenschaftler der größten monatlichen Beliebtheit, die als effektivste Klimaschutzmaßnahmen den Verzicht auf Tierprodukte, Flugreisen, Auto und Kinder ausweisen.
Viele Leseinteressierte konnte auch eine Rezension über eine Essay-Sammlung für sich gewinnen, die sich mit einer Grundsatzfrage der Religionskritik auseinandersetzt: "Warum Linke nicht so gut über den Islam reden können".
Inge Hüsgens Studienauswertung, die zu dem Ergebnis kam, dass eine geschlechtsneutrale Sprache die Sicht auf Frauen und Menschen außerhalb des heteronormativen Spektrums positiv beeinflusst, komplettiert das Trio der meistgelesenen Artikel im Monat acht.
September
Diesmal sogar über 44.000 und damit die meisten Klicks des Monats sammelte gleich zu Beginn ein weiteres Mal ein Waldorf-Thema: ein Kommentar von Andreas Lichte, der den Beitrag der Tagesthemen zu "100 Jahren Waldorfschule" kritisch reflektierte.
Einen Vorgeschmack auf den "Klimawandel-Herbst" beim hpd gab der mit zahlreichen Quellen versehene Fakten-Check über einen Gerichtsprozess in Kanada zwischen einem führenden Klimawissenschaftler und einem Klimawandel-Leugner, dessen Ausgang Anlass für verschiedenste Fake-Meldungen war.
Ebenfalls gern gelesen wurde ein Beitrag über die "Jenaer Erklärung", in der deutsche Wissenschaftler klarstellen, dass die Existenz von Menschenrassen genetisch nicht begründbar ist.
Oktober
Im Herbst wurde der hpd durch zahlreiche Artikel zum Thema zu einem lebhaften Diskussionsforum der Klimawandeldebatte: Den Startschuss gab die vielbeachtete kritische Rezension von Philipp Möllers aktuellem Buch "Isch geh Bundestag", verfasst von der stellvertretenden Chefredakteurin des hpd, Daniela Wakonigg, auf die der Autor wenige Tage später antwortete und seine Position verteidigte. Gut 21.500 Mal wurde ein weiterer Beitrag zum Klimawandel angeklickt: Amardeo Sarma analysierte den Unterschied zwischen wissenschaftlicher Skepsis und Wissenschaftsleugnung.
Auch der meistgelesene Artikel des Jahres (über 72.000 Aufrufe) erschien in diesem Monat: "Der Glaube an ein Leben nach dem Tod sinkt" von Hugo Stamm erregte die Gemüter von Gläubigen und Nicht-Gläubigen und sorgte für viel Diskussionsstoff, was sich an der herausragenden Zahl von fast 300 Kommentaren zeigte.
November
Am meisten begeisterte die hpd-Leser im November die Kritik über den Dokumentarfilm "Verteidiger des Glaubens", der sich mit Charakter und Gedankenwelt des Joseph Ratzinger beschäftigt, seiner Rolle im Missbrauchsskandal und den Beweggründen seines Rücktritts als Papst.
Auch der Artikel "Warum die Identitätspolitik der Linken die Kritik am Islam behindert" zog viel Aufmerksamkeit auf sich.
Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung legte in einem vielgelesenen Grundsatzartikel seine Sicht auf die politische Situation rund um den Klimawandel aus der Perspektive des evolutionären Humanismus dar.
Dezember
Im letzten Monat des Jahres lasen viele Menschen, dass es in Dortmund-Brechten jetzt nur noch kirchliche Kindergärten gibt.
Die Ankündigug der Urteilsverkündung am Verwaltungsgericht Berlin über die von der evangelischen Kirche geforderte Nachzahlung von Kirchenstuern einer früheren DDR-Bürgerin, die von ihrer Kirchenmitgliedschaft nichts wusste, zog mit über 37.000 Aufrufen im Dezember die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Das Gericht gab der Kirche Recht, der hpd griff die Entscheidung anschließend in einem Bericht, einem Kommentar und einer Stellungnahme der Klägerin auf.
Zum Jahresende hin ging es um ein Thema, das jeden betreffen kann: Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Todeszeitpunkt, sollte man das Leben nicht mehr als lebenswert empfinden. Die deutsche Gesetzeslage steht dem aktuell noch im Weg, der Artikel von Gita Neumann gibt jedoch Ausblicke darauf, wie eine künftige Gesetzgebung und Suizidberatung aussehen könnte, sollte das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung im Februar den Paragraphen 217 kippen.
7 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Was mich betrifft, so hoffe ich noch immer auf ein wirklich erfolgreiches Jahr des hpd das würde für mich bedeuten, dass der reichste Konzern, nämlich der Vatikan, sein ergaunertes
Dies wäre der einzig richtige Weg einen neuen, gerechten Anfang zu beginnen.
Wenn das der hpd schaffen würde wäre das ein Erfolg der Geschichte machen würde.
Naja wie gesagt, die Hoffnung stirbt zuletzt.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ja ich weiss, der Konjunktiv, hätte hätte, Fahrradkette.
Andreas Lichte am Permanenter Link
... "der reichste Konzern" ist "Saudi Aramco".
"Saudi Aramco" ist das wertvollste Unternehmen der Welt – Börsengang 2019. Und "Saudi Aramco" ist im Bereich "Fossile Energie" tätig ... da wird unser aller Wille zum ökologischen Wandel mal so richtig deutlich ... siehe den sehr guten Artikel von Hans Trutnau, "Homo oeconomicus vs. ökonologische Revolution", https://hpd.de/artikel/homo-oeconomicus-vs-oekonologische-revolution-17590?nopaging=1
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo Herr Lichte, glauben Sie wirklich das Saudi-Arabien reicher ist als ein Weltweit agierender
Ich Zweifel daran, da die Kirche ihr Vermögen NIE offenlegt.
Andreas Lichte am Permanenter Link
@ Gerhard Baierlein "Arabian-AMERICAN Oil Company" – "Aramco" – https://de.wikipedia.org/wiki/Saudi_Aramco
Auch wenn "Aramco" verstaatlicht wurde, die USA sind in Saudi Arabien immer dabei, ohne USA gäbe es Saudi Arabien gar nicht. Aber vermutlich bleibt für Sie die "RKK" "der reichste Konzern" der Inbegriff des Bösen.
Wolfgang am Permanenter Link
Das erfolgreichste: kein Bischof, kein Kardinal geht vor Gericht und kein Staatsanwalt erhebt irgend eine Anklage. Wenn das kein Erfolg ist!!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ich verstehe dieses Verhalten der Politik und der Judikative nicht, was sind diese den Kirchen schuldig? dass sie es zulassen mit zweierlei Mass zu messen und klerikale Täter schützen.
Wie lange müssen wir uns dieses Unrecht noch bieten lassen? bevor die Politik der Realität Rechnung trägt.