Der Glaube an ein Leben nach dem Tod sinkt

Eine aktuelle Umfrage besagt, dass nur noch die Hälfte der Katholiken an ein Leben nach dem Tod glaubt. Was ist von dieser Aussage zu halten?

Gemessen an den langsamen Prozessen der Erdgeschichte und der Evolution ist unser Leben kurz. Ein Fingerschnippen und weg. Der Tod beschließt das kleine Intermezzo auf unserem Planeten.

Das Bewusstsein der Endlichkeit macht das Leben zum Schicksal. Sterbe ich bei der Geburt? Bekomme ich als Zehnjährige Krebs? Verunfalle ich mit zwanzig tödlich? Oder habe ich das Glück, aus Altersgründen zu verschwinden?

Die Angst vor dem unberechenbaren Ende des Lebens war bisher das Kapital der meisten Religionen und Glaubensgemeinschaften. Gott als Rückversicherer und Garant für ein Leben nach dem Tod. Da werden Ängste und Sehnsüchte bedient.

Und heute? Heute konzentrieren sich die Wünsche und Hoffnungen vieler Menschen mehr auf das Hier und Jetzt. Auf das Wohlergehen im Diesseits. Das Konzept von Himmel und Hölle verfängt nicht mehr wie früher, Fragen nach der Transzendenz rücken in den Hintergrund, wie Umfragen zeigen.

Da wäre die Untersuchung des deutschen Magazins Der Spiegel, die kürzlich ergeben hat, dass "sich ein großer Teil der Kirchenmitglieder vom heißen Kern des Christentums entfernt hat", wie das Blatt schreibt.

Zwar glaubt noch mehr als die Hälfte der Katholiken an ein Leben nach dem Tod. Doch es sind nur noch 53 Prozent. 2006 waren es noch 65 Prozent. Überraschend ist auch, dass die älteren Befragten, die auf die Zielgerade des Lebens eingebogen sind und den Tod vor Augen haben, besonders skeptisch reagieren.

Nur 29 Prozent aller Befragten, die älter als 65 Jahre sind, erwarten ein Leben nach dem Tod. Bei den Jüngeren liegt der Anteil hingegen über 40 Prozent, was als Überraschung zu werten ist.

Jesus hat größere Chancen auf ein Leben nach dem Tod

Mehr Kredit erhielt bei den Befragten Jesus, der Sohn Gottes. Eine deutliche Mehrheit glaubt, dieser sei nach der Kreuzigung tatsächlich auferstanden. Bei den Katholiken sind es 61 Prozent, bei den Protestanten 58.

Wie soll das gehen?

Die Mehrheit der Befragten glaubt also an den Gott und den Himmel, wie sie in der Bibel dargestellt werden, sonst hätte Jesus nicht auferstehen können. Weshalb um Himmels Willen sind dann fast die Hälfte der Befragten überzeugt, dass sie selbst nach dem Tod nicht erlöst werden, obwohl dies die von Gott inspirierte Bibel verspricht?

Eine mögliche Antwort lautet: Die christliche Heilslehre und viele Dogmen sind aus heutiger Sicht so schwer nachvollziehbar, dass viele Gläubige verunsichert sind. Vielleicht sogar verwirrt. Was ist aus unserer Perspektive plausibel, was schwer nachvollziehbar? Was macht Sinn und was ist unglaubwürdig?

Der Münchner Jesuit und Hochschullehrer Eckhard Frick interpretierte die Zahlen so: "Mit der Auferstehung der Toten, wie sie im christlichen Glaubensbekenntnis steht, können viele Menschen nichts mehr anfangen." Spreche man aber über Wiedergeburt und Seelenwanderung, "bekommen auch viele Christen leuchtende Augen".

Esoteriker und Buddhisten glauben an die Wiedergeburt

Das heißt dann wohl: Die Esoteriker, die an die Reinkarnation glauben, haben die oben angeführten Zahlen nach oben gedrückt. Und dies sind vor allem die jüngeren Befragten.

Weiter bedeutet es: Sehnsucht und Glaube an ein Leben nach dem Tod sind nach wie vor groß. Doch nicht mehr primär nach dem Himmel im christlichen Sinn, nein, es darf auch die Wiedergeburt nach esoterischem oder buddhistischem Muster sein.

Welche Form glaubwürdiger oder sinnvoller ist, muss jeder selbst entscheiden. Angesichts der Erkenntnisse über das Leben, die Erde und den unfassbar großen Kosmos könnte es aber durchaus sein, dass sowohl Esoteriker als auch Christen auf dem Holzweg sind.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.